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Geschichte: Der Kohlenkönig von Bad Wörishofen

Geschichte

Der Kohlenkönig von Bad Wörishofen

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    Italien war das Reiseland Nummer eins in den 50er Jahren. Das Busunternehmen Köpfer machte Reklame für das Kneippheilbad Bad Wörishofen.
    Italien war das Reiseland Nummer eins in den 50er Jahren. Das Busunternehmen Köpfer machte Reklame für das Kneippheilbad Bad Wörishofen.

    Bad Wörishofen Mit dem Plan der Bundesregierung, den 5. August zu einem „Gedenktag für die Vertriebenen“ zu machen, rückt die Erinnerung an das Schicksal der Menschen, die nach dem Krieg ihre Heimat verloren, wieder einmal in den Blickpunkt. Auch der Baden-Württembergische Ministerpräsident Stefan Mappus unterstützte jüngst diesen Vorschlag beim Jahresempfang seiner Landesregierung. Einen ganz besonderen Bezug zu den Heimatvertriebenen hat auch die Kneippstadt. Hängt die Entstehung der Gartenstadt doch unmittelbar mit den Heimatvertriebenen zusammen, die nach dem Krieg hier in großer Zahl untergebracht werden mussten.

    Dass es die „Flüchtlinge“, wie sie in der ersten Nachkriegszeit genannt wurden, alles andere als leicht hatten, daran erinnerte kürzlich auch die Facharbeit der Abiturientin Jennifer Müller, über die die MZ berichtete. Bittere Armut, kaum zumutbare Zustände in den ersten Unterkünften, den Baracken des aufgelassenen Flugplatzes, dazu Hunger und Kälte in den damals bitterkalten Wintern zeichneten den Anfang eines Weges, der in den meisten Fällen schließlich doch zu einer Erfolgsgeschichte führte. Dass die Akzeptanz der einheimischen Bevölkerung zu Beginn nicht groß war, war sicher auch darin begründet, dass man in diesen Jahren nach dem Krieg selbst genug zu kämpfen hatte, um Broterwerb und Kurwesen wieder in Gang zu bringen. Da war Konkurrenz um den Arbeitsplatz nicht unbedingt förderlich.

    Kohle – das schwarze Gold der Nachkriegszeit

    Einer, der sich von der allgemeinen Depression nicht abhalten ließ, war der vielen älteren Kneippstädtern sicher noch gut bekannte Kohlenhändler und Busunternehmer Hans Köpfer. Neben dem Hunger war es in erster Linie die Kälte, die den Menschen auch in der „Flugplatzsiedlung“ am meisten zu schaffen machte. Damals entstand auch der Name „Klein-Sibirien“, der die Gartenstädter noch lange Zeit begleiten sollte. So wurde die Kohle als Heizmaterial zum „schwarzen Gold“ und die Nachkriegszeit in der Kneippstadt zuweilen „Kohlezeit“ genannt. Hans Köpfer war es, der es mit seinen Verbindungen in das Ruhrgebiet schaffte, dass Koks und Kohle mit der Bahn schon im Herbst 1945 wieder nach Bad Wörishofen geliefert werden konnten. Seine Kohlehandlung befand sich unweit des Bahnhofes an der Hochstraße, in etwa auf dem heutigen Feneberg-Gelände. Damit war der Grundstock gelegt, dass die Kurheime wieder ihren Betrieb aufnehmen konnten. Besonders kam sein Engagement aber auch den Heimatvertriebenen in der “Siedlung“ zugute. Denn mit seinem Material konnte der strenge Winter 1945/46 auch dort wenigstens etwas abgemildert werden. Karge 98 Pfennige in der Stunde erhielt ein Kohlearbeiter zwar nur für die schwere Arbeit, aber es war eine Verdienstmöglichkeit. Kein Wunder, dass Hans Köpfer in der Kneippstadt „Kohlenkönig von Wörishofen“ genannt wurde.

    Neben dem Kohlenhandel war Köpfer aber auch der erste in der Stadt, der mit Omnibussen aufwarten konnte. Zwar kutschierte er zunächst unter anderem die Fußballer mit Bänken auf seinen Lastwagen zu den Auswärtsspielen, doch bald stieg man auf Omnibusse um. Davon profitierten auch wieder die Bewohner der Gartenstadt. Denn für die Schulkinder richtete er zusammen mit dem anderen Busunternehmer „Papiernik“ einen kostenlosen Pendelverkehr ein, was den Kindern den weiten Schulweg in die Stadt sichtlich erleichterte.

    Er machte auf seinen Bussen Werbung für das Kneippheilbad

    Mit markanten Aufschriften auf seinen Ausflugsbussen machte er später kräftig Reklame für die wieder aufstrebende Kneippstadt. „Besuchen Sie das Kneippheilbad Wörishofen“ oder „Besuchen Sie Bad Wörishofen im Allgäu“ stand da zum Beispiel in großen Lettern auf dem Omnibus.

    Als in den 60er Jahren die Kohle als Brennstoff vom Heizöl mehr und mehr abgelöst wurde, verlor auch Kohlehandlung Köpfer seine bis dahin große Bedeutung.

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