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Gemeinderat: Die „Strabs“ macht auch in Irsingen Stress

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Die „Strabs“ macht auch in Irsingen Stress

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    Allerorten sorgt die umstrittene Straßenausbaubeitragssatzung – kurz „Strabs“ – für Verwirrung und Ärger. Und auch bei der jüngsten Anliegerversammlung der Straße „Im Brandlfeld“ in Irsingen gingen die Emotionen hoch. Wie so oft angesichts der verwirrenden Gesetzeslage und dem Hin und Her bei der Abschaffung der Strabs durch den Landtag herrschte große Verwirrung im Saal des Gasthofs Kreuz. Wer zahlt wie viel? Und warum müssen die Anlieger überhaupt bezahlen, wo die Strabs doch vor kurzem abgeschafft wurde?

    Sauer sind die Betroffenen jetzt auf die Verantwortlichen im Türkheimer Rathaus, die aus ihrer Sicht „wenig bürgerfreundlich“ vorgehen würden. Einer meinte sogar, dass die Marktgemeinde „offenbar noch schnell Tatsachen schaffen und uns abkassieren will“.

    Das sieht Bauamtsleiter Lothar Rogg völlig anders und verweist auf die Tatsachen: Das Brandlfeld sei bisher nur eine Kiesstraße, es fehle die Straßenentwässerung und die Asphaltierung“. Damit gehöre das Brandlfeld zu den elf Straßen in Türkheim, die als „noch nicht erstmalig hergestellt“ klassifiziert wurden. Die Entscheidung darüber traf der Gemeinderat nach intensiver Vorbereitung und detaillierter und zeitraubender Klärung der Einzelheiten, vor allem auch durch

    Es geht um viel Geld: In einer ersten Schätzung wurden die Gesamtkosten für den Ausbau „Brandlfeld“ mit rund 400 000 Euro beziffert. Von diesen Kosten werden dann die Anteile der Anlieger kassiert. Wie viel genau auf jeden Anlieger zukommen wird, könne aber erst beziffert werden, wenn die tatsächlichen Kosten fest stehen. Platz 2 auf der wenig begehrten Prioritätenliste hat die Straße „Beim Höllweberweg“ inne, hier geht das Bauamt von rund 250 000 Euro aus.

    Leicht hatte sich der Gemeinderat seine Entscheidung damals nicht gemacht: Statt mit 90 Prozent der Kosten sollen die Anlieger der betroffenen Straßen „nur“ noch mit 80 Prozent zur Kasse gebeten werden – der Rest wird dann aus der Gemeindekasse bezahlt, so der Beschluss in der Juli-Sitzung.

    Dabei geht es um stattliche Beträge: rund 40 000 Euro macht die Differenz zwischen 90 und 80 Prozent Kostenbeteiligung in der Straße Brandlfeld aus, rund 25 000 Euro im Höllweberweg. Diese beiden Straßen stehen auf der Prioritätenliste ganz oben – und mehr werde die Verwaltung des Marktes Türkheim in den nächsten Jahren bis 2021 sowieso nicht mehr schaffen, beruhigte Marktbaumeister Christian Schinnagel damals.

    Weil der Gemeinderat diese elf Straßen bestimmt und die Prioritäten so gesetzt habe, ist nun die Straße am Brandlfeld eben gerade nicht nach der Straßenausbaubeitragssatzung (Strabs) zu behandeln, sondern nach der Erschließungsbeitragssatzung, klärt Rogg auf MZ-Anfrage auf.

    Warum der Markt Türkheim gar nicht nach einer Straßenausbaubeitragssatzung abrechnen kann, sei ganz einfach zu erklären: „Weil Türkheim noch gar keine Straßenausbaubeitragssatzung hat“, so Rogg.

    Für Gemeinden, die bereits eine Straßenausbaubeitragssatzung haben (also etwa Amberg, Rammingen und Wiedergeltingen) hat der Bayerische Landtag am 25. Januar 2018 beschlossen, dass bis auf Weiteres keine Straßenausbaubeiträge mehr an Bürger versendet werden sollen, bis die neue Rechtslage geklärt ist.

    Dass diese Begrifflichkeiten verwirrend sind, weiß der Bauamtsleiter zur Genüge – für ihn ist die Definition jedoch unmissverständlich klar und sei auch mehrfach in MZ-Artikeln erklärt worden. Dass dies von den Betroffenen immer noch durcheinander gebracht wird, versteht Rogg zwar – ändern könne dies an der geltenden Rechtslage freilich nichts: „Die Anlieger vermischen hier Abrechnungsarten, die miteinander nichts zu tun haben. Wir haben in der Anliegerversammlung mehrfach versucht, die Unterschiede zwischen Straßenausbaubeitrag und Erschließungsbeitrag deutlich zu machen“, so Rogg.

    Und wie geht es jetzt weiter? Die Betroffenen Anlieger am Brandlfeld müssen wohl oder übel zahlen. Laut Rogg können die elf genannten Straßen nach derzeitigem Recht noch bis zum 1. April 2021 nach Erschließungsbeitragsrecht abgerechnet werden. Ob sich an dieser Regelung danach aufgrund der geplanten Gesetzesänderung etwas ändert, sei derzeit noch ungewiss.

    In der Zwickmühle zwischen Bürgerinteressen und Gesetzeslage stecken die Kommunen, die den Ausbau von Gemeindestraßen anteilsmäßig auch aus dem Geldbeutel der Anlieger finanzieren müssen und sich daher von der Politik im Stich gelassen fühlen. Auch Bauamtsleiter Lothar Rogg hat dazu eine eindeutige Meinung: „Wir als Gemeinden hoffen, dass hier vom Gesetzgeber bald Klarheit geschaffen wird, wie es in Zukunft weitergeht“.

    Sollte die gesetzliche Regelung wegfallen, dass Straßen bis zum 1. April 2021 nach Erschließungsbeitragsrecht abgerechnet werden können, werde sich auch der Gemeinderat erneut mit dem Thema Prioritätenliste befassen. „Dies wurde den Anliegern von uns klar kommuniziert“, betont Rogg.

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