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Ettringen: Mordversuch: Angeklagter fühlt sich in Haft sicher

Ettringen

Mordversuch: Angeklagter fühlt sich in Haft sicher

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    In einem Siebnacher Flüchtlingsheim kam im vergangenen August zu einem Messerangriff.
    In einem Siebnacher Flüchtlingsheim kam im vergangenen August zu einem Messerangriff. Foto: MZ-Archiv

    Zäh arbeitet die erste Strafkammer des Landgerichts Memmingen unter Vorsitz von Richter Christian Liebhart die Zeugenliste ab. Dabei soll geklärt werden, ob der angeklagte 22-jährige Gambier schuldfähig ist. Denn am Tatablauf gibt es keine großen Unbekannten mehr, Täter und Zeugen haben den Sachverhalt weitgehend eingeräumt. Wie berichtet hatte der Angeklagte den Geschädigten letzten August früh um fünf Uhr geweckt und ihm an der Zimmertür ein Messer in den Bauch gestoßen. Vorher sei er in einem traumatischen Gespräch zu dem Schluss gekommen, dass das Opfer „das Böse“ sei, von dem er sich trennen müsse.

    Das Gericht versucht, sich ein Bild von dem Angeklagten zu machen, der auf einen Mitbewohner eingestochen haben soll

    Erste Schlüsse über den Gemütszustand des Angeklagten brachte die Aussage der Psychologin der Justizvollzugsanstalt. Der Angeklagte sei in der U-Haft ruhiger geworden, nach dem ihm versichert worden sei, dass der Geschädigte ihn im Gefängnis nichts anhaben könne.

    Richter Liebhart und seine beiden Berufsrichter sowie zwei Schöffen versuchten am zweiten Verhandlungstag, sich ein Bild vom Angeklagten zu machen. Der Hausmeister der Asylbewerbereinrichtung in Siebnach schilderte den Angeklagten als „hilfsbereiten Zeitgenossen“, der Rasen gemäht und Unkraut gezupft habe. Er sei sehr an der deutschen Kultur interessiert gewesen und habe auch diesbezügliche Fragen gestellt. Die Stimmung unter den Asylbewerbern habe sich nach dem Einzug des späteren Opfers deutlich geändert.

    Die Gambier seien danach nicht mehr so freundlich gewesen, meinte der Hausmeister. Er selbst bezeichnete das Opfer als „Einflüsterer“ und manipulativ“. Er habe seine Frau vermutlich auch geschlagen und sein Kind durfte das Zimmer kaum verlassen. Zu dem sei der Geschädigte extrem religiös gewesen.

    Von der Tat habe er nichts mitbekommen, da er außer Haus war. Ihm wurde von dem Vorfall natürlich am nächsten Tag berichtet, so der Hausmeister abschließend.

    Mitbewohner beschreiben den Angeklagten als "freundlich"

    Es gab Mitbewohner, die durch den Lärm des Streites in der Nacht zum 31. August vergangenen Jahres geweckt wurden, aber echte Tatzeugen gab es bisher eigentlich nicht. Eine Zeugin sagte, sie habe zwei Männer kämpfen hören, dabei sei auch das Wort „Messer“ gefallen. Außerdem habe sie gehört, wie jemand die Polizei angerufen habe. Auch sie bezeichnete den Angeklagten als sehr freundlich.

    Die beiden Polizeibeamten, die als erste am Tatort eintrafen, waren natürlich auf die ersten Aussagen der Heimbewohner angewiesen. Den Angeklagten hätten sie in seinem Zimmer angetroffen. Er habe sich sehr freundlich verhalten und die Türe sofort geöffnet und sich später dann ohne Widerstand festnehmen lassen. Er habe ihnen gegenüber gesagt, „dass er sich hätte wehren müssen, weil vom Opfer eine Bedrohung ausgegangen sei.“ Und er hätte angreifen müssen, weil ihn sonst der Geschädigte umgebracht hätte.

    Das Opfer wiederholte die bekannten Aussagen, der Angeklagte habe urplötzlich an der Tür auf ihn eingestochen, er habe sich mit einer Hantel gewehrt.

    Eine Beamtin der Kripo schilderte noch den außergewöhnlichen Verlauf der Befragung. Der Beschuldigte habe auf einen Rechtsanwalt verzichtet. Und dann gesagt, dass sich das Opfer „in sein Leben eingemischt habe“. „Der will mich umbringen“, behauptete der Angeklagte weiter. Später habe man die Vernehmung abbrechen müssen, weil der Angeklagte sich in einer Ausnahmesituation befunden habe.

    Dass es zwischen den beiden Männern eine „unheimliche“ Spannung gegeben habe, bestätigte auch die Anstaltspsychologin. Auch ihr gegenüber sagte der Angeklagte, dass er sich nicht anders gegen das Opfer hätte schützen können. In der JVA sei er immer ruhiger geworden, vor allem nach dem man ihm immer wieder versichert habe, dass das Opfer nicht in die JVA könne und ihm nichts mehr tun könne. In den Stunden vor der Tat, habe er mit eine Art Geistern gesprochen.

    Ein Sachverständiger erläuterte die Spurenlage, am Messer sei DNA von beiden Männern gefunden worden.

    In den nächsten Verhandlungstagen werden dann weitere Sachverständige gehört. Dabei erhofft sich das Gericht Auskunft darüber, ob eine verminderte Schuldfähigkeit vorliegt. Weiter bemüht sich Richter Liebhart das Opfer als Zeugen vorzuladen. Der Nigerianer ist aber nicht mehr in Deutschland. Er soll sich nach Telefonauskunft in Frankreich aufhalten. Ob eine Vorladung gelingt, steht noch in den Sternen.

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