Es ist die größte und längste Bahnbaustelle in der Region: Mit dem Ausbau und der Elektrifizierung der Strecke von Geltendorf nach Lindau wird Ende dieses Jahres ein neues Bahn-Zeitalter beginnen. Denn dann fahren erstmals strombetriebene Züge durchs Allgäu. Seit 2018 wird an der Elektrifizierung der 155 Kilometer langen Strecke gearbeitet. „In diesem Jahr werden wir ans Ziel kommen“, sagte Bahnsprecher Franz Lindemair jetzt in Memmingen.
Mit dem Fahrplanwechsel am 13. Dezember fahren im Fernverkehr zwischen Zürich und München über Lindau und Memmingen nur noch strombetriebene Züge. Den Zuschlag für den Nahverkehr hatte Go-Ahead ab Ende 2021 erhalten. Das Verkehrsunternehmen wird auf der Strecke im Nahverkehr spurtstarke Elektrotriebwagen einsetzen.
Von München nach Zürich reist man bald viel schneller
Die Fahrzeit-Verkürzungen durch den Streckenausbau und die Elektrifizierung im Fernverkehr sind beträchtlich: So reduziert sich beispielsweise die Reisezeit zwischen München und Zürich von jetzt fast viereinhalb auf weniger als dreieinhalb Stunden. Gleichzeitig soll das Fernverkehrsangebot auf der Strecke auf mindestens sechs Züge pro Tag verdoppelt werden. Auch im Regionalverkehr werde es mehr und schnellere Verbindungen geben, verspricht die Deutsche Bahn (DB).
Alles in allem kosten Modernisierung und Elektrifizierung der Strecke zwischen Geltendorf nahe München und Lindau 500 Millionen Euro. Gebaut werden und wurden unter anderem neue Stellwerke und eine moderne Signaltechnik. Gleise wurden erneuert, Weichen und Brücken abgerissen, saniert oder erneuert. Die Planung des Projekts hatte 2013 begonnen. Insgesamt 100 Millionen Euro investiert die DB Netz AG in den Lärmschutz.
Es soll nicht mehr so viele Streckensperrungen geben wie in den Vorjahren
Heuer werde es nicht mehr so viele Streckensperrungen wie in den Jahren davor geben, sagte DB-Projektleiter Matthias Neumaier. Hauptsächlich betroffen sein wird der Westallgäuer Streckenabschnitt zwischen Hergatz und Lindau (24. bis 29. Februar, 8. bis 31. August). Bei sämtlichen Streckensperrungen werden ersatzweise Busse eingesetzt. 25 Kilometer Oberleitung müssen noch zwischen Hergatz und Lindau errichtet werden. 400 Masten stehen dort noch auf dem Programm. In Lindau ist derzeit der neue Bahnhof im Stadtteil Reutin im Bau. Die Fernverkehrszüge werden nach dessen Fertigstellung nicht mehr auf der Insel halten. Auch das bringt eine Zeitersparnis.
Weitere Sperrungen:
- Wangen - Hergatz seit 25. Januar bis 30. März
- Aichstetten - Memmingen von 7. bis 11. Mai
- Mindelheim Buchloe von 21. bis 27. August
Laut Matthias Neumaier wird voraussichtlich ab Juli der Strom auf der Strecke fließen. Allein die Kosten für die Stromversorgungstechnik liegen bei 23 Millionen Euro. Die ersten Testfahrten auf der Strecke mit strombetriebenen Fahrzeugen sind für August/September dieses Jahres geplant.
Die neue Brücke über die Obere Argen in Wangen bezeichnet Bahn-Sprecher Lindemair als „Highlight des diesjährigen Baugeschehens“. Seit Ende Januar wurde die alte Brücke abgebaut, da sie einem Neubau weichen soll. Vergangenes Jahr wurde neben dem alten Bauwerk die neue Brücke errichtet. Der 116 Meter lange und neun Meter breite Neubau soll nun am 3. März in Millimeterarbeit an seinen endgültigen Standort geschoben werden – genau dorthin, wo die alte Brücke stand. Anschließend werden neue Gleise auf der Brücke verlegt und die Oberleitung angebracht.
Bahnhöfe - etwa in Türkheim - wurden modernisiert
Zum Ausbauprogramm gehört auch die Modernisierung verschiedener Bahnhöfe. Beispielsweise ist der barrierefreie Ausbau der Bahnhöfe Türkheim, Stetten, Sontheim und Leutkirch bereits abgeschlossen. In Wangen wurden die Bahnsteige erneuert und ein barrierefreier Zugang geschaffen. Für den Regionalverkehr gibt es auf Initiative des Freistaats bis zum Jahr 2023 zwischen Hergatz und Lindau insgesamt fünf neue Haltepunkte: Hergensweiler, Schlachters, Weißensberg, Lindau-Oberreitnau und Lindau-Aeschach.
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