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Dirlewang: Nach Brand in Kaufbeuren: Glück im Unglück für Dirlewanger Künstlerin

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Nach Brand in Kaufbeuren: Glück im Unglück für Dirlewanger Künstlerin

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    „Rückkehr“ hat Sue Kracht das preisgekrönte Bild dieses Wolfs genannt. Und dieser Titel erwies sich nach einem verheerenden Brand als absolut passend.
    „Rückkehr“ hat Sue Kracht das preisgekrönte Bild dieses Wolfs genannt. Und dieser Titel erwies sich nach einem verheerenden Brand als absolut passend. Foto: Tina Schlegel

    Im Dezember fragte ihr Bekannter Benjamin Akel Sue Kracht, ob sie ihre Bilder nicht vorübergehend in seinem neuen Büro im Färberwinkel in Kaufbeuren aufhängen möchte, so würden sie wenigstens eine kleine Öffentlichkeit genießen, jetzt, da richtige Ausstellungen noch immer nicht möglich sind. Die in Dirlewang lebende Künstlerin freute sich und brachte rund zehn Bilder sowie zahlreiche kleinformatige Aquarelle in das historische Gebäude aus dem 18. Jahrhundert, darunter einige ihrer großen Formate. „Ich fand das toll, die Räumlichkeiten passten und die Bilder hatten einen schönen Ort, wo sie hängen konnten“, sagt sie. Doch dann kam dieser eine schwarze Tag.

    Am 24. Januar bricht in dem Gebäude kurz nach 21 Uhr Feuer aus und es kommt zu einem Dachstuhlbrand. Das Haus in der Ganghoferstraße brennt bis auf die Mauern ab und hinterlässt eine Lücke im Stadtbild. Am 25. Januar, es ist ein Montag, kommt Benjamin Akel zu Sue Kracht und überbringt die Hiobsbotschaft. Vermutlich sind alle Bilder zerstört.

    Sue Kracht: Am schlimmsten sei die Ungewissheit nach dem Brand gewesen

    „Ich weiß gar nicht, was da im ersten Moment mit mir passiert ist“, erzählt sie, „aber seltsamerweise habe ich sofort an ein bestimmtes Bild gedacht.“ Es ist ihr großes Wolf-Porträt, das sofort zum Zentrum ihrer Sorge wurde, weshalb auch immer. 2019 hatte sie dafür den Publikumspreis bei der Mitgliederausstellung des Kunstvereins Mindelheim gewonnen. Der Wolf, der so kraftvoll und gleichzeitig wehmütig aus dem Bild auf seinen Betrachter blickt – sieh her, ich komme wieder!

    Das Bild trägt den Titel „Rückkehr“, vielleicht hat es sich deshalb direkt einen Weg in Krachts Gedanken gebahnt, ihr Hoffnung gegeben. „An diesem Tag gingen mir alle möglichen Gedanken durch den Kopf. Am schlimmsten war die Ungewissheit, auch jene über meine eigenen Gefühle. Was würde es mit mir machen, wenn alles zerstört ist?“

    Der Raum, in dem ihre Bilder hingen, war nahezu unversehrt

    Die Ungewissheit dauerte einen ganzen Tag, erst am Abend, als sich der mögliche Verlust einen Weg ins Bewusstsein erarbeitet und der Trauer Platz gemacht hatte, kam ein erster Hoffnungsschimmer: Der Raum, in dem ihre Bilder hingen, war nahezu unversehrt. Am nächsten Tag konnte sie gemeinsam mit der Kripo zum Brandort. „Man hat sofort gesehen, dass die Bilder tatsächlich noch intakt sind! Und merkwürdigerweise war ich unglaublich erleichtert, den Wolf zu sehen. Man lernt in solchen Momenten eben, was einem wirklich wichtig ist.“

    Neben dem Wolf-Bild war auch der „Eisbär“ im Färberwinkel, Publikumssieger 2020, ebenfalls unversehrt, lediglich einige kleinere Illustrationen, die auf der Fensterbank lagen, haben Schaden durch das Löschwasser genommen. Inzwischen befinden sich alle Bilder in Sicherheit – auf einem Dachboden zum Trocknen.

    Für Kracht indessen dreht sich das Gefühlskarussell noch immer. Die Erfahrung des Brandes und des möglichen Verlustes eines großen Teils ihrer Arbeit hat sie zum Nachdenken gebracht: Was ist mir wirklich wichtig, was würde ich retten? Wovon könnte ich mich notfalls trennen? Eine Grundsatzdebatte über das Wesentliche in unserem Leben und unseren Blick auf das, was bleibt. Auf die Frage, ob diese glückliche Rettung der Bilder sie beflügle, antwortet sie mit einem strahlenden „Ja“. Die Rettung der Bilder, die symbolhafte „Rückkehr“ des Wolfes, habe sie motiviert. „Ich werde jetzt erst einmal eine Reihe kleinere Bilder malen, dann wieder ein Großformatiges.“ Eine Katze wird es werden. Wer weiß, vielleicht schleicht sie sich ja an die Seite des Wolfes in das Herz der Künstlerin.

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