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"Die Kirche steht vor großen Zusammenbrüchen"

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"Die Kirche steht vor großen Zusammenbrüchen"

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    Kirche, das war unausgesprochen allein die katholische Kirche. Von Ökumene und einer christlichen Wertegemeinschaft war an dem Abend nicht die Rede. Die Diskussion leitete Bernhard Ledermann. Der Student für Gymnasiallehramt aus Bad Wörishofen sprach zu Beginn von der "Heiligen Kirche, die in unheiliges Licht gerückt" worden sei. Sind es also die Medien, die die Kirche in die Krise geführt haben?

    Dem widersprach Dr. Günther ruhigen Tones. Es sei richtig, dass es hierzulande ein antikirchliches Meinungsklima gebe. Die Medien verstärkten aber allenfalls den Wind, der ohnehin da sei. Sie stünden nicht in krassem Widerspruch zur allgemeinen Meinung im Land.

    Die Kirche befinde sich in einer schweren Krise. Günther belegte das mit Zahlen. Der Gottesdienstbesuch sei "katastrophal". Nur noch rund fünf Prozent der Katholiken gingen in größeren Städten wie Augsburg zur Messe. "Die Oma geht noch", sagte er.

    Im Vorjahr hätten sich weniger als 100 junge Männer in Deutschland für die Berufung zum Priester entschieden. Da seien die Probleme absehbar. Die Kirche befindet sich laut Günther aber auch in einer ideellen Krise. Es fehle an Ausstrahlung. Dem pflichtete Micha Bues bei. Er ist Sprecher der Initiative "Generation Benedikt". Bues sagt, viele Kirchenangehörige verkündeten die christliche Botschaft in einer Weise, "dass man es nicht mehr ernst nimmt".

    Chefredakteur Dr. Günther: Feuer des Glaubens fehlt

    Zu den Missbrauchsfällen merkte er an, die Kirche sei gut beraten, auch das einzuhalten, für was sie steht. Dr. Günther meint, "wir als Katholiken sind oft nicht sehr überzeugend." Das gelte für Priester wie Gläubige, die ihr Bekenntnis oftmals einschränkten. "Da ist kein Feuer des Glaubens".

    Weniger eine grundsätzliche Ablehnung der Kirche gegenüber will Bues bei jungen Leuten festgestellt haben. Vielmehr fehle es an elementarem Wissen. Deshalb plädierte er dafür, den Menschen das Wesen des Glaubens in einfachen Worten zu erklären. Ähnlich Dr. Günther. Die Kirche müsse erklären, warum sie relevant sei. Es sei zu wenig, nur darauf hinzuweisen, dass sie doch so viel Gutes im Sozialen tue. "Wir müssen zurück zur ursprünglichen Gotteserfahrung: Wer bin ich? Wo komme ich her? Wo gehe ich hin?" Das seien die Fragen. Günther bekam dafür spontanen Beifall.

    Eine der Konsequenzen ist aber auch eine radikale Forderung. Bues: "Ich bin gegen ein Kirchensteuersystem". Kirche sollte sich nicht ausruhen. Dem pflichtete Günther bei. Als Privatmann sei er der Meinung, es wäre besser für die Kirche, die Steuer abzuschaffen. "Wir werden die Abschaffung der Kirchensteuer noch erleben", so Günther. Die Kirche stehe vor großen Zusammenbrüchen. Danach ist nach Überzeugung des Chefredakteurs ein Neuanfang möglich. Wörtlich: "Ich bin bei allen Schmerzen für den Zusammenbruch dieses Systems".

    Der frühere Leiter von Radio Vatikan in Rom, Pater Eberhard von Gemmingen, sieht die aktuellen Probleme der Kirche in der Säkularisation. Eltern, Großeltern gelinge es nicht, den Glauben weiterzugeben. Gefordert seien alle Getauften, nicht nur die Priester. Diese seien nichts außer Vermittler. Europa wäre ein "verlassener Laden", wenn es das Christentum nicht gegeben hätte, so von Gemmingen.

    Eine prophetische Stimme fehle. Die deutsche Kirchensituation sei "dramatisch" schlecht, auch weil "der Apparat Vatikan extrem schlecht funktioniert". Nach der Regensburger Rede von Papst Benedikt XVI. hätte sofort kommen müssen, dass der Papst alle Muslime respektiere, kritisierte von Gemmingen. Er nahm sich aber auch die deutsche Intelligenz vor. Ein böses Wort gegen Juden sei absolut verboten. "Ein böses Wort gegen Christen gewünscht". Dafür erhielt er Beifall. Er frage sich schon lange, warum die eigenen Wurzeln nicht anerkannt würden.

    Dass das Exotische gefragt ist, bestätigte Dr. Günther. Vor wenigen Wochen habe er den Dalai Lama in Passau erlebt. Ständig sei von "Eurer Heiligkeit" die Rede gewesen. Viel mehr als die Botschaft, ich wünsche Frieden für alle, sei aber nicht gewesen. Es falle vielen Deutschen offenbar leichter, dem

    Bedrohung durch den Islam und Rückbesinnung aufs Christentum

    Womöglich dreht sich der Wind aber wieder. Der Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen sieht in der Auseinandersetzung mit dem Islam die Chance auf Rückbesinnung auf die christlichen Wurzeln. Dass viele im Islam eine Bedrohung sehen, klang in einem Diskussionsbeitrag eines Besuchers an. Durch Moscheebauten fühle er sich in die Ecke gerückt.

    Pater von Gemmingen plädierte für mehr Gelassenheit. "Die Zukunft der Kirche liegt vor allem in der Hand Gottes".

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