Hohe Corona-Zahlen im Landkreis: Wo bleibt der Ruck im Unterallgäu?

11.05.2021

Der Landkreis Unterallgäu nimmt bei den Corona- Infektionszahlen im bayernweiten Vergleich eine unrühmliche Sonderrolle ein. Die Gründe sind auch hausgemacht. Ein Debattenbeitrag.

Das Unterallgäu tanzt gerade mächtig aus der Reihe. Und diesmal sind wir nicht top wie sonst bei der Wirtschaftskraft, der Zahl der Jobs, der Milchmenge, der Lebensqualität. Bei Corona sind wir schlecht. Man muss das so deutlich sagen.

Während es offenbar fast allen Landkreisen um uns herum gelingt, die Infektionszahlen bei Covid-19 zu senken, steigen sie bei uns tendenziell eher an. Sogar eine Millionenstadt wie München, wo die Menschen viel dichter zusammenleben, kann mit einem Wert unter 100 aufwarten. Und das Unterallgäu? Rund 220 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner auf die Woche gerechnet.

Wie kann das sein? Was sind die Ursachen? Die Frage stellen immer mehr Menschen im Unterallgäu. Die eine Ursache gibt es leider nicht. Dann könnten die Gesundheitsexperten das Geschehen rasch unter Kontrolle bringen. Das Geschehen ist diffus, heißt es immer wieder. Aber es gibt sehr wohl Gründe, warum das Unterallgäu massiv hinterherhinkt.

Das sind die Gründe, warum der Landkreis Unterallgäu
in Sachen Corona hinterherhinkt

  • Mangelnde Disziplin: Die Ungeduld scheint bei manchen derzeit besonders groß. Ein Teil der Bevölkerung ist offenbar nicht mehr bereit, die Einschränkungen weiter hinzunehmen oder nimmt sie nicht mehr so ernst.
  • Ländliche Struktur: So seltsam sich das anhören mag, auch das könnte eine Ursache für die Weiterverbreitung sein. Manche scheinen zu denken: Ach, den kenne ich gut, mit dem halte ich ein Schwätzchen. Abstandsregeln und Maskentragen werden da weniger ernst genommen. Die Gefahr, sich anzustecken, wird ausgeblendet.
  • Stigmatisierung: Das ist das große Tabu. Wer erlebt hat, wie irrational manche Menschen auf eine Covid-Infektion reagieren, behält das besser für sich. Leider führt das auch dazu, dass sich im Verwandten-, Bekannten- und Freundeskreis nicht herumspricht, wie die Krankheit verläuft. Würden möglichst viele Erkrankte ihrem direkten Umfeld berichten, wie schwer und wie lange sie unter den Folgen der Virusansteckung leiden, käme wohl so mancher ins Grübeln. Mir sind Fälle bekannt, in denen vor Monaten Erkrankte immer noch keinen Geschmackssinn haben oder unter ständiger Müdigkeit leiden und kaum die Treppen hochkommen. Unter solchen Langzeitfolgen leiden nicht alle Infizierten. Aber doch ein Teil von ihnen.

Der Landrat sagt, dass die Inzidenzzahl nicht überbewertet werden
sollte, doch sie ist in vielen Bereichen entscheidend

  • Falsche Signale aus der Politik: Wer die Inzidenzzahl als wenig aussagekräftig beschreibt und mit Hinweis auf freie Intensivbetten die Meinung verbreitet, jetzt sei es Zeit für mehr Lockerungen, verkennt eines: Die Zahl der Infizierten lässt sich so nicht senken. Und er verharmlost damit möglicherweise unbewusst die Folgen einer solchen Erkrankung.
  • Fehlender Zusammenhalt: Die Kommunalpolitik macht in der Pandemie leider gerade keine gute Figur. Während es im Oberallgäu eine Kampagne für Zusammenhalt gibt, um so den Tourismus zu retten, es in Augsburg eine Plakataktion gibt, um die Leute zu Vorsicht und Einhaltung der Abstandsregeln zu erinnern, tut sich bei uns nichts in der Richtung. Da schalten sich die Bürgermeister dieser Tage in einer Videokonferenz zusammen, und was erläutert der Landrat?

Dass die Inzidenzzahl nicht überbewertet werden solle. Sie ist aber nun mal entscheidend, ob etwa in Bad Wörishofen Gäste anreisen dürfen oder ob der Einzelhandel wieder normal öffnen kann. Wo bleibt das Signal, die Menschen zum Zusammenstehen in dieser schweren Zeit zu motivieren, um so den Betrieben zu helfen? Bekenntnisse, man wolle sich für die notleidenden Betriebe einsetzen, bleiben so nichts als leere Worte.

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