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Corona-Krise: Situation im Kreisaltenheim in Türkheim ist gelassen

Corona-Krise

Situation im Kreisaltenheim in Türkheim ist gelassen

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    „Wer vorher viel Besuch bekommen hat, der telefoniert nun viel.“Ortstermin unter besonderen Bedingungen: Aufgrund des strikten Betretungsverbotes findet der MZ-Besuch im Garten des Kreisaltenheims St. Martin statt - unter Berücksichtigung des Sicherheitsabstandes stellten sich zum Gespräch (von links): Küchenleiter Manfred Kaiser, Einrichtungsleiter Stefan Drexel und die stellvertretende Wohnbereichsleiterin Ursula Sembritzki.
    „Wer vorher viel Besuch bekommen hat, der telefoniert nun viel.“Ortstermin unter besonderen Bedingungen: Aufgrund des strikten Betretungsverbotes findet der MZ-Besuch im Garten des Kreisaltenheims St. Martin statt - unter Berücksichtigung des Sicherheitsabstandes stellten sich zum Gespräch (von links): Küchenleiter Manfred Kaiser, Einrichtungsleiter Stefan Drexel und die stellvertretende Wohnbereichsleiterin Ursula Sembritzki. Foto: Regine Pätz

    „Bitte klingeln“ steht auf dem Schild, das gut sichtbar an der Eingangstüre zum Kreisaltenheim St. Martin angebracht ist. Tatsächlich braucht, wer zu diesen Zeiten ins Innere des großen Gebäudes in Türkheim möchte, einen triftigen Grund. Ansonsten bleiben die Türen geschlossen; es herrscht striktes Besuchsverbot.

    „Der Schutz unserer Bewohner ist das Wichtigste“, klärt Stefan Drexel auf. Auf Anfrage der Mindelheimer Zeitung gibt der Einrichtungsleiter einen Einblick in den Betreuungsalltag des Kreisaltenheimes zu Corona-Zeiten. Das Gespräch findet im weitläufigen Garten statt, das strikte Betretungsverbot gilt auch jetzt.

    Es ist später Vormittag. Die Sonne ist herausgekommen und taucht die parkähnliche Anlage, die sich hinter dem Gebäudetrakt entlangzieht, in ein warmes Licht. Vereinzelt sorgen Bäume für ein sich immer wieder änderndes Schattenspiel. Ein Specht verrichtet - gut hörbar - sein Werk an einem von ihnen. Sehr froh sei man zu diesen Zeiten, diesen Garten zu haben, sagt Stefan Drexel. Für die Bewohner stelle er nun mehr denn je etwas Kostbares dar und biete Abwechslung und Erholung an der frischen Luft.

    Für die mobilen Bewohner sei es schlimm

    „Schlimm ist es für unsere mobilen Bewohner natürlich dennoch, nicht in den Ort zu kommen“, sagt Ursula Sembritzki, stellvertretende Wohnbereichsleiterin in St. Martin. „Jetzt wären die Ostermärkte, würde das Frühlingswetter dazu einladen, in den Supermarkt oder durchs Zentrum Türkheims zu gehen.“ Dank der ortszentralen Lage der Einrichtung gehörte das bis dato zum Alltag einiger Bewohner fest dazu. Spezielle Wünsche konnten sie sich so selbst erfüllen. „Nun machen wir nach Dienstende auf dem Heimweg diese Besorgungen“, sagt Sembritzki.

    Neu ist auch eine Kiste, die sich am Eingangsbereich zum Seniorenheim befindet. Im Rahmen der Öffnungszeiten können Angehörige hier Geschenke oder Benötigtes ablegen; es persönlich zu überbringen fällt derzeit weg. „Da ist schon ein großes Bedürfnis zu erkennen, jetzt mehr zu geben“, kann Ursula Sembritzki bestätigen. Denn auch für die Angehörigen sei es ja nicht leicht, keinen direkten Kontakt zu haben. Das drückt sich nun bisweilen in besonderen Mitbringseln aus, „etwa einer schmackhaften Portion Ochsenmaulsalat für die Oma“, lacht sie.

    Neue Freundschaften entstehen

    Zu erkennen sei zudem eine Zunahme der Kontakte innerhalb der Einrichtung; „da entstehen gerade neue Freundschaften, weil ja die Zerstreuung durch das Außen fehlt“, sagt Sembritzki. Aufgefangen wird das auch jetzt durch angepasste Unterhaltungsangebote, etwa Osterbasteln. Dann natürlich unter Einhaltung aller Sicherheitsvorkehrungen und Abstandsgeboten. Selbst auf den göttlichen Segen, etwa für die in diesem Rahmen angefertigten Palmbuschen, müssen die Bewohner nicht verzichten. „Der Pfarrer kam an die Grotte im Garten, um sie dort zu segnen“, erzählt Ursula Sembritzki.

    Ein Bewohner werde zur Zeit jedoch besonders gefordert. „Er ist frisch verliebt und kann seine Angebetete nun nicht sehen.“ Kontakt gehe derzeit nur über ein Fenster im ersten Stock - oder eben über das Telefon. Um sich abzulenken, hat der Bewohner nun Gartenarbeit für sich entdeckt. „Zweimal täglich fegt er die Wege unseres Parks, das ist toll!“, lacht Ursula Sembritzki.

    Nicht nur der Liebe geschuldet, sondern der besonderen Situation, gehört das Telefon für den Großteil der Bewohner zur festen Alltagsstruktur dazu. „Kommuniziert wird fast ausschließlich darüber“, fasst Einrichtungsleiter Stefan Drexel nach. Das habe deutlich zugenommen. „Wer vorher viel Besuch bekommen hat, der telefoniert nun viel“, sagt er.

    Mitarbeiter federn in Türkheim viel ab

    Viel habe sein Mitarbeiterstab derzeit abzufedern, da das Kontakt- und Ausgangsverbot den Bewohnern viel abverlange. „Unser Fachpersonal leistet deutlich mehr in dieser Situation“, sagt Drexel. Gerade den Mitarbeitern sei es zu verdanken, dass die Stimmung innerhalb des Hauses als ausgeglichen zu bezeichnen sei. Die Situation selbst sieht Drexel „nicht entspannt, aber gelassen“.

    So kommt der Einrichtung zu Gute, auch außerhalb von Corona-Zeiten auf eine konsequente Betreuungsstruktur vertrauen zu können. „An der Versorgung der Bewohner hat sich auch jetzt nichts geändert“, sagt Stefan Drexel. Die inneren Abläufe inklusive der Hygienevorschriften seien gleich geblieben, von den zusätzlichen Schutzmaßnahmen bekämen die Bewohner kaum etwas mit. Tatsächlich wäre das Eindringen des Virus’ ins Haus selbst die größte Herausforderung. Doch auch dafür sei man im Ernstfall gerüstet. „Wir haben einen Pandemieplan“, sagt Drexel, „und können in extrem kurzer Zeit reagieren, um etwa einen Isolationsbereich zu schaffen“.

    Der „Fall der Fälle“ treffe hoffentlich nicht zu, darüber sind sich sowohl Einrichtungsleiter Stefan Drexel als auch die stellvertretende Wohnbereichsleiterin Ursula Sembritzki einig. Das hofft auch Küchenleiter Manfred Kaiser, der sich ebenfalls zum Gartengespräch hinzugesellt. Das Besuchsverbot umfasst natürlich auch die Küche; in seiner blitzsauberen, weißen Arbeitskleidung fällt Kaiser hier im Grünen deutlich auf.

    In der Küche kommen die Lieferungen nun kontaktlos

    Auch für Manfred Kaiser ist der Arbeitsablauf weitestgehend gleich geblieben, schon vor Corona galt es, alle Hygienevorschriften dringlich einzuhalten. Geändert hat sich derzeit die Warenanlieferung. „Sie findet nun kontaktlos statt“, erklärt er. „Früher traf der Lieferant durch die Tiefgarage auf uns, jetzt stellt er das Bestellte ab und fährt wieder“. Allerdings könne Manfred Kaiser auch hier Zusammenhalt in schwierigen Zeiten erkennen. „Auf falsche Lieferungen wird derzeit sehr kulant reagiert“, freut er sich. Sehr unbürokratisch, ja menschlich gehe es zwischen der Einrichtung und Lieferanten zu. Jeder ziehe am gleichen Strang.

    Viel regionale Produkte werden in der Einrichtungsküche von St. Martin verarbeitet, um den Speiseplan der Bewohner abwechslungsreich gestalten zu können. Jetzt, zu Corona-Zeiten, versucht Manfred Kaiser noch verstärkter auf Wünsche einzugehen. Dann stehen beispielsweise regionale Schmankerl auf der Karte, vielleicht Kaiserschmarren oder Blut- und Leberwürste. „Nach wie vor stellt unsere Küche für viele Bewohner den Höhepunkt des Tages dar“, weiß der Küchenchef.

    Sollte es zu Lieferengpässen kommen, würde Manfred Kaiser auch darauf reagieren können. Nur im schlimmsten Fall müsste auf Convenience - also Fertigprodukte - zugegriffen werden. „Mein Alptraum!“, lacht Manfred Kaiser. Auch Stefan Drexel pflichtet ihm bei. „Wir sind sehr froh, eine eigene Küche im Haus zu haben“, sagt er. Auch hier kann der Einrichtungsleiter darauf bauen, dass der Ablauf, wie ihn die Bewohner des Hauses kennen und schätzen, beibehalten wird. „Alle Zahnräder funktionieren“, sagt Drexel.

    Wie es weitergehen, ab wann das Besucherverbot als aufgehoben anzusehen sein wird, bleibt abzuwarten. Die Zusammenarbeit mit dem Landratsamt ist sehr gut, von dort wird die Richtung vorgegeben, „immer up to date“, bestätigt Stefan Drexel abschließend.

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