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Bad Wörishofen: Richter: „Diese bescheuerten Einbrüche“

Bad Wörishofen

Richter: „Diese bescheuerten Einbrüche“

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    Eine Serie von Einbrüchen in Vereinsheime in Bad Wörishofen und Umgebung verunsicherte im Herbst 2017 unsere Region. Nun sind die Fälle juristisch aufgearbeitet.
    Eine Serie von Einbrüchen in Vereinsheime in Bad Wörishofen und Umgebung verunsicherte im Herbst 2017 unsere Region. Nun sind die Fälle juristisch aufgearbeitet. Foto: Alexander Kaya

    Der Schaden: enorm. Weit über 12 000 Euro richtete die Einbrecherbande in insgesamt 18 Sport- und Vereinsheimen im Herbst 2017 im Raum Bad Wörishofen/Kaufbeuren an, ehe Anfang November dann die Handschellen klickten und die Polizei den Serieneinbrechern das Handwerk legte.

    Die Beute: kleinere Geldbeträge, meist aus Bedienungsgeldbeuteln oder Sportler-Sparkassen. Dazu Zigaretten, Lebensmittel wie Tiefkühlschnitzel, Leberkäse, Chips, ein paar Flaschen Schnaps, Süßigkeiten, Cola oder Schokoriegel.

    Aber auch ein gebrauchter Laptop und einen Fernseher ließen die Einbrecher mitgehen. Auf insgesamt knapp 3000 Euro summierte sich am Ende der Wert der Beute. Alleine die Zahl ihrer Taten brachte nun den Vorsitzenden Richter des Schöffengerichts Memmingen, Nicolai Braun, zu der Überzeugung, dass die beiden mutmaßlichen „Rädelsführer“, die da vor ihm standen, von einer „hohen kriminellen Energie“ geleitet worden seien.

    Ansonsten machten die beiden Angeklagten, ein 25-Jähriger und ein 23-Jähriger, beide aus Bad Wörishofen, so gar nicht den Eindruck von Verbrechern – eher im Gegenteil, wie es Richter Braun in seiner Urteilsbegründung zusammenfasste. „Die hart gesottenen Kriminellen sehen wir hier nicht“, sagte er und blickte zu den beiden schmächtigen Burschen, die da auf der Anklagebank saßen: Der eine schüchtern und manchmal fast abwesend wirkend, der andere offensiver, aber deutlich bemüht, seiner tätigen Reue immer wieder Ausdruck zu verleihen. Angesichts der im Vergleich zum angerichteten Schaden doch eher geringen Beute verstand Richter Braun sowieso nicht so recht, warum sich die Bande überhaupt zu diesen laut Braun „bescheuerten Einbrüchen“ hatten hinreißen lassen.

    Da war sogar der erfahrene Ermittler aus Bad Wörishofen überrascht

    Dass es die beiden wirklich ernst meinen mit der Einsicht in das Unrecht, das sie mit ihrem Beutezug angerichtet haben – daran ließen sie schon keinen Zweifel aufkommen, als sie von einem erfahrenen Ermittler der Bad Wörishofer Polizei Anfang November ins Verhör genommen wurden. Die umfassenden Geständnisse sprudelten geradezu heraus, erinnerte sich der Polizeibeamte. Die beiden galten wegen ihres Alters als mutmaßliche Haupttäter und Rädelsführer. Sechs ihrer jugendlichen oder heranwachsenden Komplizen wurden auch aufgrund ihrer Aussagen dingfest gemacht und bereits vor dem Jugendgericht abgeurteilt. Darüber haben wir hier berichtet: Haftstrafen nach Einbrüchen in Vereinsheime

    Und auch alle weiteren Taten aus der Einbruchsserie gaben die beiden Angeklagten bei der ersten Polizeivernehmung unumwunden zu. Diese laut Amtsrichter „werthaltigen und überschießenden“ Geständnisse sollten nun beim Prozess auch dafür sorgen, dass beiden Angeklagten das Gefängnis erspart blieb.

    Denn auch der Ermittler hatte deutlich gemacht, dass es der Polizei ohne diese umfassenden Geständnisse wohl kaum hätte gelingen können, alle Einbrüche vollständig aufzuklären. Was denn passiert wäre, wenn die beiden nicht alles so frank und frei zugegeben hätten, wollte Richter Braun von dem Polizeibeamten wissen. „Tja, dann hätten wir wohl alt ausgeschaut“, meinte der Ermittler mit Blick auf die unterm Strich doch eher dürftige Beweislage, zumindest bei der überwiegenden Zahl der Einbrüche.

    Fußspuren, ein paar Blutstropfen - die Polizei Bad Wörishofen entdeckte Spuren

    Fußspuren, ein paar Blutstropfen und die immer gleiche Vorgehensweise hätten zwar keinen Zweifel aufkommen lassen, dass es sich bei allen 18 Einbrüchen in Vereinsheime in Kirchdorf, Wiedergeltingen, Dorschhausen, Bad Wörishofen, Stockheim, Mattsies, Pforzen, Mauerstetten, Obergünzburg und Oberostendorf um die selben Täter handelt. Ob sie es den Tätern jedoch in allen Fällen hätten nachweisen können – wohl eher nicht, räumte auch ein Fahnder der Kaufbeurer Polizei ein, in deren Zuständigkeitsbereich insgesamt sieben Einbrüche gezählt worden waren.

    Auf die Spur der Einbrecherbande kam die Polizei dann durch eine Videoaufnahme in einem Vereinsheim, auf der einer der beiden jetzt Angeklagten, ein 25-Jähriger aus Bad Wörishofen, zweifelsfrei zu erkennen war. Und da der Mann bei der Bad Wörishofer Polizei kein Unbekannter war, war es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Einbruchsserie beendet war, die im Herbst 2017 die Region und Unruhe versetzt hatte.

    Am Ende half auch noch „Kommissar Zufall“ mit, als bei einem groß angelegten Polizeieinsatz mit Polizeihubschrauber im Bad Wörishofer Eichwald mehrere Personen mit Schusswaffen gesucht wurden – keine scharfen Waffen, wie sich dann später herausstellte. Mehrere Jugendliche hatten damals wohl „etwas Krieg gespielt“, wie Richter Braun das jetzt nannte.

    Als die Polizei dann die Wohnung des 23-jährigen Bad Wörishofers durchsuchte, fanden sie nicht nur die hier vermuteten Soft-Air-Waffen – sondern gleich auch noch Gegenstände, die offensichtlich aus der Einbruchsserie stammten: leere Bedienungsgeldbeutel, geknackte Sportler-Sparkassen, ein Fernseher.

    Ja, und dann machten die beiden Freunde ihrem Gewissen Luft und gaben alles zu, was ihnen die Polizei im Zusammenhang mit der Einbruchsserie zur Last legte. Der 25-Jährige erklärte auch, warum er so auskunftsfreudig gewesen sei: „Ich war froh, dass die Sache damit zu Ende ist. Ich habe den Weg aus diesem Loch heraus einfach nicht mehr gefunden“, sagte der Angeklagte und schüttelte dabei selber ungläubig mit dem Kopf.

    Auch sein 23-jähriger Komplize wunderte sich fast ein wenig über sich selbst: „Ich wurde da irgendwie mit reingezogen, es tut mir voll leid“. Arbeitslosigkeit, Schulden, kein Geld, Hunger – da hatte dann einer die Idee, sich auf diese Art Geld zu beschaffen. Dass sie ausgerechnet Sportheime ins Visier nahmen, lag wohl auch daran, dass sich der 25-Jährige als ehemaliger Fußballer dort ganz gut auskannte.

    Ob die beiden nun wirklich die „Rädelsführer“ der Clique waren, die in wechselnder Besetzung insgesamt 18 Mal zugeschlagen hatten? In fast allen Fällen waren die beiden Angeklagten mit dabei, aber sie bezichtigten eher einen 20-Jährigen aus dem Raum Buchloe, sie unter Druck gesetzt und in die „Sache mit reingezogen zu haben.“

    Erst Anfang des Jahres hatte das Kaufbeurer Jugendschöffengericht dem 20-Jährigen noch eine Chance gegeben und ihm trotz diverser früherer Gesetzeskonflikte eine achtmonatige Jugendstrafe wegen Beleidigung und Körperverletzung zur Bewährung ausgesetzt. Allerdings wanderte der junge Buchloer dann doch noch in den Knast, weil er schon wenig später wiederholt gegen eine Null-Promille-Grenze verstieß, die als Bewährungsauflage verhängt worden war.

    Den beiden Bad Wörishofer Kumpels bleibt das Gefängnis erspart – zumindest dann, wenn sie sich an ihre Bewährungsauflagen halten. Zu einem Jahr und sechs Monaten Gefängnis auf Bewährung wurde der 23-Jährige verdonnert, und er muss eine Geldstrafe von 2200 Euro abstottern.

    Der 25-Jährige schrammte dagegen nur haarscharf an einer Gefängnisstrafe vorbei, da er – sehr zum Erstaunen des Gerichts – nur wenige Wochen nach seinem umfassenden Geständnis in der Einbruchsserie schon wieder einen Einbruch beging: Er war in den Innenhof eines Supermarktes in Kaufbeuren eingedrungen. Seine Beute in diesem Fall: Fertiggerichte im Wert von 60 Euro.

    Weitere Hintergründe zu der Einbruchsserie in Bad Wörishofen lesen Sie hier:

    Einbruchsserie: Rädelsführer stehen vor Gericht Polizei legt Einbrecher-Bande das Handwerk

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