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Bad Wörishofen: Retterin eines Stücks Bad Wörishofer Bädergeschichte

Bad Wörishofen

Retterin eines Stücks Bad Wörishofer Bädergeschichte

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    Gabriele Stumpe kann jetzt die Früchte ihrer Arbeit genießen. Im Garten des frisch sanierten Städele-Hauses hält sie sich besonders gerne auf.
    Gabriele Stumpe kann jetzt die Früchte ihrer Arbeit genießen. Im Garten des frisch sanierten Städele-Hauses hält sie sich besonders gerne auf. Foto: Helmut Bader

    Es gibt nur noch ganz wenige Häuser in der Kneippstadt, die an die schöne Architektur um die Jahrhundertwende vor oder nach 1900 erinnern. Eines davon ist die Nummer 20 in der südlichen Kneippstraße mit der darin befindlichen Sonnenapotheke. Fast alle anderen fielen dem Bauboom des ehemaligen Bauerndorfes zum Opfer, als möglichst schnell Quartiere für den Ansturm der Gäste geschaffen werden mussten. Nicht so allerdings dieses Haus, das 1913 erbaut wurde und das nun einer umfangreichen Restaurierung samt Gartengestaltung unterzogen wurde. Jetzt ist es ein besonderer Blickfang an der oberen Kurpromenade, der täglich bewundert und fotografiert wird.

    Das schöne Haus samt Garten hat Gabriele Stumpe im Oktober 2019 gekauft. Stumpe stammt ursprünglich aus Mindelheim, lebt aber schon lange in Neugablonz. Verheiratet war sie mit dem Architekten Reinhold Stumpe, der vor einigen Jahren verstarb. Nach dem Erwerb von Gabriele Duss, der Tochter des früheren Sparkassendirektors Sebastian Vogt, hat Stumpe es sich zur Aufgabe gemacht, das Schmuckstück und damit auch die lange Geschichte des Hauses zu retten. Denn allzu häufig fallen oder fielen solche Erinnerungen an frühere Zeiten gerade beim Verkauf eines Objektes dem Abrissbagger zum Opfer.

    Das Städele-Haus an der südlichen Kurpromenade erstrahlt in neuem Glanz. Das Gebäude hat eine lange Geschichte in Bad Wörishofen.
    Das Städele-Haus an der südlichen Kurpromenade erstrahlt in neuem Glanz. Das Gebäude hat eine lange Geschichte in Bad Wörishofen. Foto: Helmut Bader

    Gabriele Stumpe jedoch hatte Gefallen an dem Gebäude gefunden und den großen Aufwand, auch in finanzieller Hinsicht, nicht gescheut, um das Erinnerungsstück zu erhalten. Denn dahinter steckt auch eine lange Historie. Ursprünglich stand an der Stelle der Bauernhof der Familie Eberle, die später an die Hauptstraße umzog, dorthin wo heute die Genobank steht.

    Die Maikäfer aus Schokolade beim Städele waren in Bad Wörishofen legendär

    Bekannt war das Gebäude danach vor allem, als es zwei Städele-Schwestern, vermutlich Töchter der Erbauerin, als Süßwarengeschäft zwischen den beiden Weltkriegen betrieben. Seitdem lief es im Kurort unter dem Namen „Pralinen-Städele“, worauf auch Walter Kostenbader, der als Kind gegenüber wohnte, hinweist. Vor allem die Mai- und Marienkäfer aus Schokolade seien legendär gewesen, berichtet Kostenbader.

    Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen die Eheleute Jahnel als Heimatvertriebene nach Bad Wörishofen und betrieben in dem Haus die „Neue Apotheke“. Seit rund 30 Jahren heißt diese nun schon „Sonnenapotheke“, gepachtet von Herbert und Inge Götze.

    Der Pavillon im Ziergarten liegt Gabriele Stumpe besonders am Herzen.
    Der Pavillon im Ziergarten liegt Gabriele Stumpe besonders am Herzen. Foto: Helmut Bader

    Nach den Städeles gehörte das Gebäude einst der Familie Weth vom früheren Milchgeschäft und schließlich Sparkassendirektor Sebastian Vogt. Unter allen blieb die Außenfassade zum Glück stets weitgehend in ihrem Ursprung erhalten. Im Obergeschoß befanden sich nacheinander die Arztpraxen von Dr. Hoff, Zahnarzt Dr. Martin Gerum und zuletzt von Dr. Schweiger.

    In den Wänden des Hauses in Bad Wörishofen fanden sich sogar noch Schilfrohre für Leitungen

    Jetzt schlägt Gabriele Stumpe ein neues Kapitel auf. Die Eigentümerin hat sogar noch die alten Pläne der Baufirma von August Seemüller, damals noch in Schlingen beheimatet, zur Verfügung. Wie sie selbst erzählt, musste außen nur sehr sorgsam saniert werden, vor allem der Balkon und die Eingangstüre, alles stilgerecht.

    Umso mehr galt es, im Inneren das Haus in einen fast schon edlen Zustand zu bringen. Es war Gabriele Stumpes Anliegen, trotzdem das Flair früherer Zeiten zu erhalten. Dazu wurden alle Leitungen – zum Vorschein kamen dabei sogar noch alte Schilfrohre – neu verlegt. Die Böden versah Stumpe mit Eichenparkett, ließ das Gebäude dämmen und installierte elegante Bäder. Erhalten konnte Stumpe die Türen von 1913. Die im Gebäude befindliche Apotheke wurde bereits bei der Übernahme der neuen Pächter den damals erforderlichen Bedingungen angepasst. Entstanden sind somit im ersten Stock eine Mietwohnung, darüber eine kleinere Gästewohnung, die Gabriele Stumpe für sich behalten möchte.

    So sah das Städele-Pralinen-Haus in der Zeit seiner Erbauung aus. Die Fassade blieb mehr als ein Jahrhundert lang so gut wie unverändert.
    So sah das Städele-Pralinen-Haus in der Zeit seiner Erbauung aus. Die Fassade blieb mehr als ein Jahrhundert lang so gut wie unverändert. Foto: Archiv Michael Scharpf

    Besonderes Augenmerk legte die neue Besitzerin auf die Gartenanlage. Dazu holte sie sich Gartengestalterin Susan Armbruster von der Firma Berchtold mit ins Boot. „Das Dach ist der Hut eines Hauses, der Garten der Schuh“, zitiert sie den Spruch eines Architektur-Professors. Stumpe ließ die Teerbeläge entfernen und mit wiederverwendeten Granitsteinen aus der ehemaligen Schule in Germaringen belegen. Es handelt sich um dasselbe Material, das auch in Schloss Linderhof eingebaut wurde. Ein schönes Mosaik ziert nun den Hof. Ein weiterer Blickfang ist der italienische Terrazzo-Boden aus dem Jahre 1913 im Eingang.

    Die Namen der beteiligten Firmen wurden in Bronze verewigt

    Durch die Architekten-Tätigkeit ihres Mannes und ihre Mitarbeit dabei hat Stumpe gute Kontakte zu Firmen, welche solche Arbeiten ausführen können. Aus Bad Wörishofen waren die Firmen Barth bei der Innengestaltung und die Schreinerei Leuterer mit eingebunden. „Ohne diese Verbindungen hätte ich das Ganze nicht stemmen können“, unterstreicht die Besitzerin. Die Namen der Firmen ließ sie auf Bronzewürfeln im Gestein verewigen, wie bei einem „Walk of Fame“.

    Der italienische Terrazzo-Boden ist über 100 Jahre alt.
    Der italienische Terrazzo-Boden ist über 100 Jahre alt. Foto: Helmut Bader

    Viel verloren hatte die Atmosphäre des Hauses zuvor dadurch, dass es von einer Hecke und einem Zaun umgeben war. Stumpe hat dies geändert. Ein schmuckvoller Ziergarten mit viel Grün, insektenfreundlichen Blumen und einem klassischen Pavillon ist entstanden, der Gisela Stumpes besonderes Anliegen war. „Ihr Garten ist ein Knaller“, bekam sie zuletzt von einem Passanten zu hören. Dabei wurde sogar auf kleine Details wie ein Insekten- und Igelhotel unter den erhaltenen Bäumen geachtet.

    Zwar befinden sich an der Ostseite der Kurpromenade die viel bewunderten Blumenrabatten der städtischen Gartenabteilung, doch gerade auf der gegenüberliegenden Westseite mit ihren bis an die Straße reichenden Gebäuden besitzt die Anlage nun ein echtes Alleinstellungsmerkmal.

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