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Bad Wörishofen: Mit Pilgerpass und Mundschutz: Wörishofer auf dem Jakobsweg

Bad Wörishofen

Mit Pilgerpass und Mundschutz: Wörishofer auf dem Jakobsweg

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    Unterwegs auf dem Jokobsweg: Das heißt in Corona-Zeiten auch, dass zahlreiche Regeln eingehalten werden müssen.
    Unterwegs auf dem Jokobsweg: Das heißt in Corona-Zeiten auch, dass zahlreiche Regeln eingehalten werden müssen. Foto: Tobias Hartmann

    Es ist eine Premiere. Noch nie waren Alois Egger und seine Lebensgefährtin Gottlinde Singer auf dem Jakobsweg unterwegs. Nun pilgert das Paar aus Bad Wörishofen dort zum ersten Mal – und das ausgerechnet unter Corona-Bedingungen. Geht das denn überhaupt? Für Alois Egger ist die Sache nach der ersten Woche klar: „Pilgern geht auch mit Corona. Aber Corona – das geht nur mit Pilgern.“

    Wie Eggers sehen das offenbar auch andere. Wenn Sigrid Mosé morgens ihren Rucksack aufsetzt – mit allem darin, was sie die nächsten Tage braucht – und losläuft, ist das für sie „das beste Gefühl überhaupt“. Dass zu ihrem Gepäck in diesem Jahr auch ein Mundschutz gehört, daran denkt die Pilgerin kaum. Gemeinsam mit sechs anderen Pilgerinnen und Pilgern hat sie im Pilgerzentrum in Scheidegg Station gemacht – und die Gruppe hat über das religiöse Wandern in Corona-Zeiten erzählt.

    Seit Ende Mai hat die Herberge in Scheidegg wieder geöffnet. Doch wie überall gelten Maskenpflicht, Abstands- und Hygieneregeln sowie eine beschränkte Anzahl an Übernachtungsgästen. „Zunächst nur fünf Personen, inzwischen zehn“, sagt Werner Schroth. Seit fünf Jahren empfängt er als Herbergsvater die Pilger. Vergangenes Jahr haben im Juni 110 Frauen und Männer übernachtet, dieses Jahr waren es 60.

    Der Herbergsvater nimmt nur Lage in der Corona-Krise kein Blatt vor den Mund

    Wie es läuft? Schroth nimmt da kein Blatt vor den Mund: „Wir haben die gleiche Arbeit, eher mehr. Es ist eine Katastrophe für uns.“ Dank der großen Räume seien die Vorgaben jedoch gut umzusetzen. „Wir haben mehrere Toiletten und Waschgelegenheiten und eine große Terrasse. Ich weiß von privaten Unterkünften, für die dies schwieriger war.“ Die seit 13 Jahren bestehende Einrichtung hat 18 Betten, doch mit zusätzlichen Matratzen können hier zwischen 25 und 30 Menschen übernachten. „Wir haben sonst viele Gruppen und auch Schulkassen, das alles geht jetzt natürlich nicht.“ Aber auffällig ist, dass sich offenbar mehr Menschen fürs Pilgern interessieren. Er habe bislang deutlich mehr Neu-Pilger als sonst im Haus, berichtet Schroth.

    Herbergsvater Schroth greift zur Unterhaltung der Gäste selbst zur Gitarre.
    Herbergsvater Schroth greift zur Unterhaltung der Gäste selbst zur Gitarre. Foto: Anna Feßler

    Neu-Pilger wie Alois Egger und Gottlinde Singer aus Bad Wörishofen eben. Nach einer Woche unterwegs haben sie aber schon einige Erfahrungen gesammelt. „Die ersten drei Übernachtungen habe ich von zuhause gebucht, die anderen dann unterwegs“, erzählt Egger. Schwierigkeiten, eine Übernachtungsmöglichkeit zu bekommen, hatten die beiden nicht. „Wir haben ganz schöne private Unterkünfte gefunden. Alle waren sehr gut auf die neue Situation eingestellt“, sagt Egger. Einen rücksichtsvollen Umgang miteinander haben die beiden erlebt, sowohl zwischen den Pilgern als auch mit den Gastgebern.

    Was erfahrenen Pilgern diesmal besonders auffällt

    Sigrid Mosé ist dagegen schon seit einigen Jahren immer wieder auf dem Jakobsweg unterwegs. Sie genießt die Natur – auch in diesem Jahr. Das Coronavirus und die Einschränkungen sind beim Laufen ganz weit weg. „Wenn ich in ein Geschäft reingehe, muss ich aufpassen, dass ich den Mundschutz nicht vergesse“, sagt sie.

    Meistens kocht der Herbergsvater für die Gäste, an diesem Abend hatte er Hilfe von Pilger Alois Egger (rechts).
    Meistens kocht der Herbergsvater für die Gäste, an diesem Abend hatte er Hilfe von Pilger Alois Egger (rechts). Foto: Anna Feßler

    In einer großzügigen U-Form sind die Tische für Abendessen im Pilgerzentrum aufgebaut, zwischen den einzelnen Personen ist viel Platz. Und trotz der Blumen, Kerzen und hübsch gedeckten Plätze wirkt es zunächst mehr wie eine Abiturprüfung als ein gemütliches Abendessen. Doch auch mit viel Abstand ist das Eis schnell gebrochen. Der Weg verbindet. Es werden Anekdoten ausgetauscht, Tipps gegeben und gelacht. Die Gruppe rückt zusammen – wenn auch nicht physisch. Trotz Mundschutz und Abstandsregeln sorgt Werner Schroth dafür, dass sich seine Gäste wohlfühlen. Er kocht, spielt auf der Gitarre und gibt Tipps für den weiteren Weg.

    Mit dem Rad pilgert in diesem Jahr die 21-jährige Franziska Brandl aus Regensburg (Oberpfalz). Die Nacht in Scheidegg verbringt sie in einem großen Raum unter der Kirche. Acht Betten stehen dort, doch sie ist die einzige, die heute hier schläft. „Das ist schon ungewohnt“, findet die junge Frau, die schon mehrmals auf dem Jakobsweg unterwegs war. Am nächsten Morgen packen Franziska Brandl und die anderen Pilger wieder ihre Rucksäcke und ziehen weiter, nach Lindau oder Bregenz. Den Mundschutz im Gepäck haben sie vermutlich nach wenigen Schritten vergessen.

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