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Bad Wörishofen: Kriminalität: Mehr Arbeit für Wörishofens Polizei

Bad Wörishofen

Kriminalität: Mehr Arbeit für Wörishofens Polizei

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    Bad Wörishofens Polizei verzeichnete im vergangenen Jahr einen Anstieg der Straftaten. Bad Wörishofens Polizeichef hat dafür eine Erklärung.
    Bad Wörishofens Polizei verzeichnete im vergangenen Jahr einen Anstieg der Straftaten. Bad Wörishofens Polizeichef hat dafür eine Erklärung. Foto: Ralf Lienert

    Führen die Folgen der Corona-Pandemie zu einem Anstieg an Gewalt? Diese Frage beschäftigt die Polizei Bad Wörishofen. Dort verzeichnete man für das vergangene Jahr einen auffälligen Anstieg der Gewaltkriminalität. Bad Wörishofens Polizeichef Thomas Maier hat für diese Entwicklung aber eine ganz andere Erklärung.

    Die Menschen in Bad Wörishofen leben in einer der sichersten Regionen Deutschlands. Das zeigt die Polizeistatistik Jahr für Jahr. Gewalt gibt es aber auch hier, wenngleich deutlich weniger als in anderen Landesteilen. Aufhorchen ließ der Anstieg um 22 Prozent bei der Gewaltkriminalität im Bereich der Polizeiinspektion Bad Wörishofen. Neben der Kurstadt zählen dazu auch etwa Türkheim, Ettringen, Tussenhausen oder Markt Wald. 44 statt 36 Fälle wurden aktenkundig. Die blutigste Tat wird derzeit vor Gericht aufgearbeitet.

    Thomas Maier ist der Leiter der Polizeiinspektion Bad Wörishofen.
    Thomas Maier ist der Leiter der Polizeiinspektion Bad Wörishofen. Foto: Andreas Zündt/Archiv

    Auch die Fälle von gefährlicher Körperverletzung mehrten sich von 32 auf 38. Eine Vergewaltigung wurde aktenkundig, dazu zwei Raubdelikte. Eine Folge der Corona-Situation mit ihren Lockdowns und daraus resultierenden Spannungen im privaten Bereich? „Eher nicht“, sagt dazu Bad Wörishofens Polizeichef Thomas Maier. Vielmehr habe es 2019 einen bemerkenswerten Rückgang bei Straftaten gegeben. Deshalb falle der Anstieg diesmal so deutlich aus – allerdings auf ein Niveau der Vorjahre. „Alles wie gehabt – trotz Corona“, bilanziert Maier. Im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 hätten sich Menschen in einer Art Schockzustand meist an die Vorgaben gehalten und sich zurückgezogen. „Im zweiten Lockdown war es anders, das hat man alleine am Verkehr auf der A96 gemerkt“, berichtet Maier.

    Drogenhändler und Exhibitionisten machten im Corona-Lockdown in Bad Wörishofen und Umgebung keine Pause

    Er hat auch dezidiert den Bereich häusliche Gewalt untersuchen lassen. Auch hier habe man keinen Anstieg in der Corona-Pandemie festgestellt. Drogenhändler oder Exhibitionisten blieben im Lockdown aktiv. In Sachen Drogen habe man keine Hotspots, so Maier. Cannabis sei das Hauptthema, härtere Drogen immer noch eher die Ausnahme. Große Drogenfunde blieben aus, was gefunden wurde, bewege sich jeweils im Gramm-Bereich.

    Was Maier aber durchaus den Pandemie-Folgen zuschreibt, ist der merkliche Rückgang der Einbrüche. Die Menschen seien eben vermehrt zuhause. Ebenfalls auf die Corona-Karte könnte man laut Maier den Anstieg bei Internetbetrügereien buchen. Wo Läden geschlossen bleiben, weichen die Menschen auf Online-Bestellungen aus – und gehen damit manchmal baden.

    Wer ungefragt kinderpornografische Bilder erhält und nicht Anzeige erstattet, macht sich unter Umständen selbst strafbar

    Solche Cyberkriminalität sollte immer gleich angezeigt werden, betont Maier. Das gelte auch etwa für kinderpornografische Bilder, die immer wieder über Messengerdienste verbreitet werden und so ungewollt auch auf Handys unbescholtener Bürger landen können. Der Anstieg an sexuellen Belästigungen sei vor allem im Cyberbereich zu sehen. „Wir versuchen da jetzt, Prävention an die Schulen zu bringen“, kündigt Maier an. Denn: Immer öfter würden auch Jugendliche ins Visier der Ermittler geraten. Das Problem dabei: Selbst wenn man die Fotos einfach löscht, sei man in der Sendedatei des Täters gelistet – und damit im Ernstfall der Strafverfolgung ausgesetzt, wenn man nicht Anzeige erstattet hat.

    Die schlimmste Tat des vergangenen Jahres hatte womöglich aber doch einen Zusammenhang mit der Corona-Krise. Dies wurde vor wenigen Tagen deutlich. Drei Frauen wurden im Mai in Bad Wörishofen mit einem Messer teils lebensgefährlich verletzt. Entsprechend stehen auch drei Fälle in der Statistik. Zeugen sprachen von einem „Schlachtfeld“ in der Wohnung, sogar an der Decke klebte Blut. Vor Gericht steht derzeit ein 48 Jahre alter Mann. Ohne schnelle ärztliche Hilfe hätte es wohl zwei Tote gegeben, machte unlängst der Chef der Rechtsmedizin in München deutlich.

    Der schlimmste Fall des vergangenen Jahres in Bad Wörishofen wird derzeit vor Gericht aufgearbeitet

    Einem Polizisten habe der Angeklagte gesagt, ständig hätten sich seine Lebensgefährtin und deren Mutter gegen ihn verbündet. Die Mutter der Frau lebte offenbar seit Weihnachten bei dem Paar in Bad Wörishofen, weil sie durch die Corona-Pandemie nach einem Besuch nicht mehr nach Bulgarien zurückkehren konnte. Ob diese Angaben vor Gericht verwendet werden dürfen, muss aber noch geklärt werden. Der Anwalt des 48-Jährigen bezweifelt das.

    Der Einsatz im Mai war auch für die Polizei Bad Wörishofen der herausforderndste des Jahres. „Der Druck beim Zugriff war enorm“, berichtet Polizeichef Maier. Auf ein Sondereinsatzkommando zu warten, sei zeitlich nicht möglich gewesen. Zunächst habe man auch nicht gewusst, mit wie vielen Tätern man es zu tun habe. Polizisten aus dem ganzen Allgäu wurden zum Tatort nach Bad Wörishofen beordert. „Ein großes Kompliment an die Kollgen“, sagt Maier. Man habe den 48-jährigen Verdächtigen verhaftet, alle drei Opfer haben überlebt. Dass die Kriminalstatistik für 2020 keine Toten ausweist, ist für Maier ein gutes Signal.

    Mit den 36.846 Bürgern in seinem Dienstbereich ist er zufrieden: „300 bis 400 von ihnen haben Straftaten begangen, alle anderen sind brav und solide.“

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