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Bad Wörishofen: Krähen erobern Bad Wörishofens Innenstadt

Bad Wörishofen

Krähen erobern Bad Wörishofens Innenstadt

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    Saatkrähen sind in hoher Zahl mittlerweile auch mitten in Bad Wörishofen heimisch. Die charakteristischen Nester sind gut zu erkennen, hier etwa auf einem Baum, der am Dietrich-Bonhoeffer-Weg zwischen Stadtgarten und Wörthbach steht.
    Saatkrähen sind in hoher Zahl mittlerweile auch mitten in Bad Wörishofen heimisch. Die charakteristischen Nester sind gut zu erkennen, hier etwa auf einem Baum, der am Dietrich-Bonhoeffer-Weg zwischen Stadtgarten und Wörthbach steht. Foto: Maria Schmid

    Ärger mit Krähen – das kannte man lange Zeit nur aus Mindelheim. Doch die Krähen haben auch Bad Wörishofens Innenstadt für sich entdeckt. Eine Expertin des Landesamtes für Umwelt spricht gar von einer „explosionsartigen Ausbreitung“ in der Kneippstadt. Anwohner klagen über Lärm und Dreck durch die streng geschützten Vögel.

    Zuletzt wandten sich immer mehr Bewohner aus dem Bereich Gärtnerweg, Hahnenfeldstraße und Stadtgarten an die Redaktion der Mindelheimer Zeitung. Sie alle sind genervt vom Geschrei der Saatkrähen und dem Dreck, den die Vögel da verursachen, wo sie Kolonien bilden. „Wer schützt uns Bürger?“, fragen zwei Anwohner. Täglich sei man „einem unerträglichen Lärm ausgesetzt“. Ein anderer Bewohner spricht von „einer Plage“. Saatkrähen gehörten nicht in Wohngebiete. Manche der Tiere würden bereits in überfüllten gelben Tonnen nach Brauchbarem suchen und dabei deren Inhalt auf der Straße verteilen, wurde unserer Redaktion berichtet. Dass Krähen gerne auch die frisch geschlüpften Jungtiere anderer Vögel fressen, stört manche Wörishofer ebenfalls.

    Wie sich Zahl der vom Aussterben bedrohten Saatkrähen entwickelt, wird in Bayern beim Landesamt für Umwelt (LfU) dokumentiert. Die Tiere stehen auf der Roten Liste der bedrohten Arten. Eine Expertin, die dazu die Zählergebnisse sammelt und in die Datenbank einpflegt, ist von der Entwicklung in Bad Wörishofen selbst erstaunt.

    So sieht es in Sachen Krähenpopulation im Vergleich zwischen Bad Wörishofen und Mindelheim aus

    „Wir können dieses Jahr von zirka 300 Brutpaaren insgesamt in Bad Wörishofen ausgehen“, teilt sie mit. Davon seien mindestens 135 Brutpaare außerhalb der Stadt angesiedelt, nämlich nördlich des Gewerbegebietes, in einem Kiefernwäldchen. Rund 30 weitere Brutpaare sind am südöstlichen Stadtrand heimisch, nahe des Ostparks. Im Stadtkern seien es derzeit „rund 130 Brutpaare mit Schwerpunkt im Bereich Hahnenfeldstraße, Gärtnerweg und Wörthbach“, berichtet die Expertin. Zum Vergleich: In Mindelheim wurden im vergangenen Jahr 828 Brutpaare im Tiergartenwald unterhalb der Mindelburg und zwei Brutpaare in der Imhofgasse gezählt, also 830 Brutpaare.

    Allerdings: Seit Beginn der systematischen Aufzeichnungen 2008 bis 2017 war in Bad Wörishofen nur das Kiefernwäldchen im Norden besetzt und als Kolonie bekannt. Zwischendurch gab es einige wenige Nester am südöstlichen Stadtrand, die allerdings schnell wieder weg waren. „Im Jahr 2019 wurde uns zum ersten Mal der Brutstandort Hahnenfeldstraße gemeldet“, berichtet die LfU-Expertin. „Die explosionsartige Ausbreitung seit 2020 macht mich auch stutzig, normal verläuft das etwas langsamer“, verdeutlicht sie. Eine eindeutige Erklärung für die Entwicklung hat sie nicht. Es könne sein, dass zuvor einfach nicht alle Brutstandorte bekannt wurden.

    Expertin hält eine illegale Vergrämung als Erklärung für die schnelle Ausbreitung in Bad Wörishofen für denkbar

    „Die andere, wahrscheinlichere, Erklärung“ ist, dass eventuell eine Vergrämung stattfand, vermutlich illegal.

    Das führe „erfahrungsgemäß zu starker Zersplitterung und Vermehrung der Population“, erläutert die LfU-Expertin. Bei einer Vergrämung wird versucht, die Saatkrähen von ihren Standorten zu vertreiben. Auch Mindelheim hat das schon mehrfach probiert, auf legalem Weg – allerdings bislang mit geringem Erfolg. 2012 setzte Mindelheim sogar drei Falken und einen Bussard ein, um die Krähen zu vertreiben. Die Aktion kostete damals 20.000 Euro, der Erfolg war nur von kurzer Dauer. Auch in Mindelheim gab es einst eine explosionsartige Ausbreitung. Als es binnen eines Jahres statt 130 plötzlich 950 Brutpaare gab, ließ die Stadt Nester von den Bäumen entfernen.

    Wie man in Bad Wörishofen mit den sich ausbreitenden Krähen verfährt, ist derzeit unklar. Noch läuft die Brutsaison, die Zählung der Brutpaare dauert noch an. Im Landratsamt heißt es, in den vergangenen Jahren seien gelegentlich Beschwerden aus Bad Wörishofen über Krähen eingegangen.

    „Aktuell liegen keine Beschwerden bei uns vor“, berichtet Diana Kurzweg, Fachkraft für Naturschutz und Landschaftspflege. „Aus Sicht der Naturschutzbehörde besteht derzeit kein Handlungsbedarf.“ Die Zuständigkeit für Maßnahmen wie Vergrämung lägen zudem bei der Regierung von Schwaben und nicht bei der Unteren Naturschutzbehörde.

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