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Bad Wörishofen: Ein besonderer Schatz für Bad Wörishofen

Bad Wörishofen

Ein besonderer Schatz für Bad Wörishofen

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    Noch heute gibt es das Anwesen „Zum Gallenbauer“ in Bad Wörishofen. Es ist nicht das einzige Gebäude mit einer langen und interessanten Geschichte.
    Noch heute gibt es das Anwesen „Zum Gallenbauer“ in Bad Wörishofen. Es ist nicht das einzige Gebäude mit einer langen und interessanten Geschichte. Foto: Helmut Bader

    Edmund Schwarzmayr war stolze 22 Jahre Stadtpfarrer und Dekan von Bad Wörishofen. Von 1920 bis 1942 wirkte er als dritter Nachfolger von Pfarrer Sebastian Kneipp und siebter Vorgänger des jetzigen Pfarrers Andreas Hartmann. Dies alleine wäre wohl keine besondere Meldung wert. Pfarrer Schwarzmayr jedoch hat ein historisches Erbe hinterlassen, was in ähnlich kompletter Form sicher nicht viele Kommunen aufweisen können.

    Wohl am Anfang der 1920er-Jahre beschrieb er in einer Serie für die Lokalzeitung die Hausnamen, die Herkunft und die vormaligen Bewohner fast aller damaligen Häuser. Grundlagen seiner Nachforschungen waren die alten Familienbücher, die alten Tauf-, Ehe- und Sterbebücher der Pfarrei.

    „Pfleget die Orts-und Heimatkunde. Über dem Neuen soll das Alte nicht vergessen werden“, schrieb er als Einleitung zu seiner Artikelserie. Weiter: „Werenshova, wie es früher genannt wurde, ist ein großes, wohlhabendes Dorf, hat 123 Häuser, darunter 10 Bauernhöfe, die übrigen Sölden, einige Leerhäuser und 808 Seelen.“

    Von so ziemlich allen dieser Häuser benennt er nicht nur deren Hausnamen, sondern verweist auch darauf, wer in diesen Häusern vor der damals aktuellen Generation gewohnt hat, wo diese her kamen und welche Verkäufe getätigt wurden. Allerdings ist Schwarzmayrs Aufzeichnung in Vergessenheit geraten. Martina Weigl, eine eifrige Sammlerin historischer Werke und Bilder, hütet sie dagegen wie einen Schatz.

    Auf der Priestertafel in der Kirche von St. Justina ist auch Dekan Edmund Schwarzmayr verewigt.
    Auf der Priestertafel in der Kirche von St. Justina ist auch Dekan Edmund Schwarzmayr verewigt. Foto: Helmut Bader

    Die meisten dieser alten Hausnamen dürften inzwischen der Vergessenheit anheim gefallen sein, weisen interessanter Weise jedoch oft auf das dort angesiedelte Gewerbe oder den Namensgeber hin. Mehrere von diesen Hausnamen haben sich jedoch bis in die heutige Zeit erhalten. Über einige von ihnen wie den Gebelebauer, den Pfleger oder Meierbauer hat die Mindelheimer Zeitung zuletzt bereits in der Serie über die Wörishofer Stammgeschlechter berichtet. Doch wer kennt noch den Bollenweber, den Mehler, den Bischöfler oder den Spatzenhansel, um nur einige davon zu nennen? Weil es der Geistliche Schwarzmayr auch sehr genau nahm, fügte er seinen Ausführungen zu dem jeweiligen Hausstand auch die Hausnummern der damaligen Zeit in den 1920er-Jahren an. Diese sind zwar nicht mehr ganz mit den heutigen Hausnummern identisch. Aber gerade in der Hauptstraße sind die Unterschiede der Nummern zu heute oft nur gering.

    In den Aufzeichnungen finden sich einige besonders interessante Wohnstätten in Bad Wörishofen

    In den Aufzeichnungen des Pfarrers finden sich einige besonders interessante Wohnstätten. Der Gallenbauer und der Adamebauer zum Beispiel, auch darauf verweist Schwarzmayr, waren offensichtlich die einzigen Höfe, die von der schrecklichen Pest im Jahre 1347 in Bad Wörishofen verschont geblieben waren. Über Ersteren weiß Schwarzmayr zu berichten, dass auf diesem Hof ein Besitzer mit dem Namen Gallus als ältester Eigentümer zu finden ist. Darauf folgten verschiedene Familien wie die Kerschmayrs, ein Rasso Weber von Schöneschach und ein Johann Scharpf, der das Anwesen ehemals erwarb. Dieser verkaufte später an Leonhard Krösser im Jahre 1882. Diese Familie bewohnt das Anwesen südlich des Kroneparkplatzes noch heute. Über den Adamebauer und seine Vorfahren hat die Mindelheimer Zeitung jüngst ebenfalls berichtet.

    Beim Raphael oder Klosterschuster im Klosterhof war einst die Familie Diepold zu Hause. Schwarzmayr führt aus: „Um 1763 wohnte hier Gordian Maier aus Billenhausen, dann war das Haus im Besitz der Familie Diepold. Michael Diepold, getraut zu Wien vom Militärpfarrer, also Soldat, der Sohn des aus Albrechts stammenden Josef Diepold wird hier zuerst genannt. Es folgen Raphael Diepold, dann dessen Sohn Franz. Dieser zog in das Haus ’beim Paulusse’. Hierher kam sein Bruder Gabriel Diepold aus dem Hause ’Beim Kätherer’. Durch Heirat der Tochter Walburga ging das Anwesen auf Moritz Rauch über, das jetzt Michael Scharpf besitzt.“ Dies als Beispiel, wie exakt Pfarrer Schwarzmayr forschte.

    Wer kennt noch den Schneckenschreiner von Bad Wörishofen?

    Natürlich gab es zu dieser Zeit bereits einen Oberen (Gasthof Adler) und Unteren Wirt (Rössle). Auch deren Besitzerfolge ist hier genau beschrieben. Außerdem erfährt der Leser, dass der Hausname des Mangemicheler (die heutige Familie von Michael Scharpf bei der Pescatore-Kreuzung) darauf zurückzuführen ist, dass dort einst zwei Brüder mit dem Namen Mang (Magnus) und Michael gewohnt haben. Dieser Besitz wurde schließlich an einen Johann Scharpf verkauft, der wiederum aus dem Hause „Beim Doldenhauser“ stammte.

    Weitere Hausnamen weisen häufig auf die sich dort befindlichen Berufe hin. So findet man das Haus „Beim Mehler“, eine Mehlhandlung, einen „Blumensattler“ (Blumengeschäft) oder den „Schuhbartl“, damals noch an der Bachstraße. Dieser Hausname wurde später sogar nach dem Umzug in die Hauptstraße mitgenommen. Aus den Namen „Beim Bäcker“, „Beim Wagner“ oder „Beim Schlosser“ lassen sich leicht die Tätigkeiten ableiten. Auch einen „Bader“ oder „Schmied“ findet man am Klosterhof. Dort wohnte einst der Chirurg Franz Xaver Thier, deshalb der Name „Bader“. Später wurde das Haus zu einer Schmiede, an die sich sicher noch manche Wörishofer erinnern könne. Auch Namen, die heutzutage eher für Belustigung sorgen, finden sich in der Beschreibung. So gab es einen „Bockmetzger“, einen „Schneckenschreiner“ (der Name hat nichts mit dem Arbeitstempo zu tun, sondern bezieht sich auf die Schnitzereien des Handwerks), das Anwesen „Beim Kuhwendel“ oder „Bürstenmacher“ oder „Beim Käthelebaltus“, nach dem Namen Balthasar benannt. „Beim Lecker“ in der Bachstraße und „Beim Eierbäck“ waren jeweils eine Feinbäckerei untergebracht. „Beim Daumele“, so Edmund Schwarzmayr, weist der Name darauf hin, dass dort ein besonders kleiner Besitzer wohnte.

    Doch mit den Namen aus dem Dorf Wörishofen ließ es Dekan Schwarzmayr nicht bewenden. Ebenso exakt führte er die Anwesen in Schöneschach, Ober- und Untergammenried, sowie Vorder- und Hinterhattental, wie man es damals noch schrieb, auf. Sorgfältig zählte er dazu auch noch alle bis dahin wirkenden Lehrer, angefangen von Mathias Hindelang, und ebenso alle Pfarrer von St. Justina auf.

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