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Bad Wörishofen: Die Bücheles und der doppelte Bauernhof von Wörishofen

Bad Wörishofen

Die Bücheles und der doppelte Bauernhof von Wörishofen

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    Das Büchele-Anwesen an der Hauptstraße von Bad Wörishofen ist ein großes Ensemble mit einer beeindruckenden Geschichte, die mit der Stadtgeschichte eng verbunden ist.
    Das Büchele-Anwesen an der Hauptstraße von Bad Wörishofen ist ein großes Ensemble mit einer beeindruckenden Geschichte, die mit der Stadtgeschichte eng verbunden ist. Foto: Helmut Bader

    Wenn über die Geschichte von Wörishofen berichtet wird, dann steht meist die Zeit um und nach Pfarrer Sebastian Kneipp im Mittelpunkt. Im Dorf Wörishofen davor waren es jedoch alteingesessene Bauerngeschlechter, die in dieser Zeit das Leben hier maßgeblich gestalteten und deren Nachfahren noch heute hier zu finden sind. Namen wie Scharpf, Vögele, Trommer, Filser oder Linder, sind deshalb in der heutigen Bevölkerung noch besonders häufig vertreten. Festgehalten sind diese Geschlechter nicht zuletzt auch in den noch heute zuweilen verwendeten Hausnamen ihrer früheren Höfe. Geberlebauer, der Pfleger, Meierbauer, Adamerbauer, Gallenbauer, Doldenhauser oder Mangamicheler sind älteren Kneippstädtern schon noch Begriffe, die sie kennen. Einige dieser „Stammgeschlechter“ wollen wir in einer kleinen Serie hier vorstellen. Heute geht es zu den Bücheles. Das stattliche Anwesen in der Hauptstraße 15 in Bad Wörishofen wird in der vierten Generation von der Familie Büchele bewohnt. Ältere Wörishofer sprechen aber oft noch vom Rieß-Hof, wenn sie das Büchele-Anwesen meinen – obwohl dies auch nicht der frühere Hausname ist. Das weiß kaum jemand besser, als Bad Wörishofens einstiger Vize-Kurdirektor Werner Büchele, der das Familienerbe bewahrt. Der Reihe nach.

    Georg Büchele sen. heiratete 1948 Maria Riß (beide Schreibweisen kommen in der Familiengeschichte vor) und übernahm 1952 das Anwesen. Er kam aus Unterthürheim und weilte während des Krieges als Soldat und Masseur im Sebastianeum Bad Wörishofen, das damals als Lazarett diente. Die Abstammung der Familie Riß lässt sich bis zu einem Hans Riß in Dirlewang zurückverfolgen. Dieser wurde 1669 dort geboren und starb 1725 auch hier. Werner Büchele, der heutige Vorsitzende des Förderkreises Kneippmuseum und ehemalige stellvertretende Kurdirektor von Bad Wörishofen, hat sich um die Familiengeschichte gekümmert und die wichtigsten Daten dazu aufgeschrieben.

    Werner Büchele bewahrt die Familiengeschichte.
    Werner Büchele bewahrt die Familiengeschichte. Foto: Helmut Bader

    Bei den Hausnamen-Aufzeichnungen von Pfarrer Schwarzmayer trägt das Gehöft den Namen „Beim Schneider Martinsbaur“. Das besondere an diesem Anwesen jedoch ist, dass der spätere Franz Xaver Riß für seine drei Söhne neben dem eigenen Hof noch zwei weitere stattliche landwirtschaftliche Anwesen erbaute. Eines davon in Untrasried, das zweite direkt neben dem Stammhof in der Hauptstraße für Sohn Johann Baptist, damals als Hauptstraße 31 ½, neben der 31 nummeriert. Somit entstanden nach Schwarzmayer auch zwei unterschiedliche Hausnamen. Neben dem oben genannten auch noch der des „Degenhardsbauern“. Die Degenhard werden schon 1647 erwähnt und waren wohl auf diesem Hof, ehe ihn 1735 Michael Miller aus Schlingen erwarb und auf dessen Sohn Karl vererbte. Dessen Tochter Bibiana heiratete Franz Xaver Höß aus Erisried. Diese Familie starb aus und das Haus kam an Anton Huber, der später das Anwesen „Beim Eierbäck“ gleich gegenüber der Straße übernahm. Den Degenhardshof erhielt sein Sohn Johann Martin Huber, von dem es auf Longinus Huber überging. Von ihm erwarb es dann Franz Xaver Riß. 1914 brannte das Anwesen nieder, Riß baute es für seinen Sohn Johann Baptist wieder auf. Dasselbe Schicksal ereilte wenig später auch den Riß-Hof selbst.

    Die Unterschrift eines Büchele-Vorfahren findet sich auch unter der Ehrenbürger-Urkunde für Pfarrer Sebastian Kneipp in Bad Wörishofen

    Nun aber zurück zur Familie Büchele und dem „Schneider Martinsbaur“. Seit 1658 war auf diesem Hause die Familie Thier, die aus Mittelberg stammte. Vielleicht war Martin Thier Schneidermeister und gab so dem Haus den Namen, sagt Werner Büchele und zitiert aus den Aufzeichnungen von Pfarrer Schwarzmayer. Josef und Franz Xaver Thier wurden damals als Wundärzte bezeichnet. Heute würde man sie Chirurgen nennen.

    Mit Johann Georg Thier starb die Familie 1772 aus. Das Anwesen erwarb Franz Xaver Lauer aus Ober-auerbach. Er vererbte es auf seinen Sohn Quartan. 1832 heiratete dessen Witwe Anna Marta, geb. Riedler, den Josef Riß aus Dirlewang. Von da an trug er den Namen Riß-Hof.

    Erstaunen muss an dieser Stelle vielleicht, welche Einzugsbereiche die Geschichte solcher Anwesen aufweist. Dies trifft auch auf andere Stammfamilien Bad Wörishofen zu. Immerhin kann man die Mobilität der damaligen Zeit ja nicht mit der heutigen vergleichen.

    Die Ehe von Anna und Josef Riß war mit neun Kindern gesegnet, im 19. Jahrhundert durchaus keine Seltenheit. Sohn Franz Xaver Riß übernahm das Anwesen und heiratete eine Rosalia Kustermann. Er engagierte sich in der Gemeinde als „Beigeordneter“ und Armenkassier (heute würde man sagen Sozialreferent). Seine Unterschrift ist auch auf der Urkunde von Sebastian Kneipp zu dessen Ernennung zum Ehrenbürger zu finden. Sechs Kinder gingen aus dieser Ehe hervor, darunter drei Söhne. Es sind dies die drei, für die der Vater die oben genannten Höfe erbaute und damit das Ensemble mit zwei benachbarten Höfen schuf. Dazu gehörte übrigens auch das ehemalige Pfründehaus in der heutigen Schulstraße.

    Eine historische Aufnahme aus dem Archiv der Familie Büchele zeigt den „Riß-Hof“, wie ältere Wörishofer noch sagen, in einer anderen Zeit.
    Eine historische Aufnahme aus dem Archiv der Familie Büchele zeigt den „Riß-Hof“, wie ältere Wörishofer noch sagen, in einer anderen Zeit. Foto: Archiv Büchele

    Als Franz Xaver Riß 1925 starb, war in der Zeitung nachzulesen, dass mit ihm „der älteste Bürger Wörishofens um 5 Uhr früh im Alter von 85 Jahren und vier Monaten verstorben ist“. Das Anwesen hatte bereits 1918 Sohn Anton Riß übernommen und heiratete Maria Bihler. Riß war noch Ministrant bei Pfarrer Kneipp und war im Ort als „Krippele-Riß“ bekannt. Jedes Jahr baute er in der großen Stube eine Jahreskrippe von der Verkündigung bis zur Auferstehung auf, zu der viele Kinder und Erwachsene zum „Krippele-Schauen“ kamen. Auf diese Weise lernte Georg Büchele seine spätere Frau Maria Riß kennen. Die Tradition des Krippenbauens wird in etwas verkleinerter Form auch von den heutigen Büchele-Generationen fortgesetzt.

    Nachdem die Eltern bereits verstorben sind, besteht die Familie aus den drei Söhnen Anton, Werner und Georg mit ihren Familien. Alle drei Söhne engagierten sich auf mehrfache Weise im öffentlichen Leben der Stadt. Die Landwirtschaft mit dem Milchviehbetrieb wurde 1979 aufgegeben. Die Hofstelle in der Hauptstraße 15 bewohnt nun Anton Büchele mit seiner Frau Franziska, seiner Tochter Petra mit Mann Heri und den Enkeln Sophie und Simon.

    Lesen Sie auch die bisher erschienenen Teile der Serie über Bad Wörishofens Stammgeschlechter:

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