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Bad Wörishofen: Die Begeisterung für Waffen wächst im Unterallgäu

Bad Wörishofen

Die Begeisterung für Waffen wächst im Unterallgäu

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    Symbolfoto
    Symbolfoto Foto: Oliver Killig

    Genau 14.612 Schusswaffen sind aktuell im Unterallgäu registriert. Damit wächst die Zahl der Waffenbesitzer kontinuierlich an, vor zwei Jahren waren noch rund 500 Gewehre, Revolver, Pistolen und andere Schusswaffen weniger im Umlauf (2017: 14.150). Gut 4800 Personen sind derzeit mit waffen-, sprengstoff- oder jagdrechtlichen Erlaubnissen registriert und haben einen „kleinem Waffenschein“. Von diesen 4800 Personen dürfen rund 2800 eintragungspflichtige Schusswaffen besitzen. Ihre persönliche Eignung zum Führer einer Waffe wird regelmäßig jährlich überprüft und in seltenen Fällen kommt dabei heraus, dass das Landratsamt die überprüfte Person nicht für geeignet hält: Derzeit laufen 23 Entzugsverfahren.

    Der Reiz, mehrere Waffen zu besitzen, brachte einem 44-Jährigen eine Menge Ärger ein

    Der Reiz, eine oder gleich mehrere Schusswaffen zu besitzen, brachte einen Waffennarren aus Bad Wörishofen jüngst vor das Memminger Amtsgericht. Der 44-jährige hat seine „Obsession für Waffen“, wie es Staatsanwältin Sarah Hartleib bezeichnete, nicht nur mit einer Bewährungsstrafe teuer bezahlt – er musste auch am eigenen Leib spüren, wie schmerzhaft und gefährlich es werden kann, eine Schusswaffe zu besitzen: Der Mann schoß sich selbst ins Bein, als ihm beim Reinigen sein Revolver aus der Hand rutschte, auf den Boden aufprallte und losging. Das Projektil unterschlug seinen Unterschenkel und noch immer leidet der Mann unter den Folgen der Schussverletzung.

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    Er selbst besaß zwei Waffen, einen „Revolver HW 38 spezial“, Kaliber neun Millimeter, geladen mit scharfer Munition. Und dazu auch noch einen Vorderlader-Revolver, der mit fünf offenbar unschädlich gemachten Schwarzpulver-Patronen geladen war. Im Haus seiner Mutter waren noch weitere Schießprügel gehortet, die wohl aus dem Erbe seines längst verstorbenen Vaters stammen. Einen Schrank mit Langwaffen und einen Schrank für Handfeuerwaffen, also Pistolen und Revolver, gab es in dem Haus. Amtsrichterin Brigitte Mock kennt die Beteiligten nur allzu gut: Schon mehrfach war die Mutter wegen dieser Waffen vor Gericht gestanden und hatte sich – immer wieder mit Erfolg – gegen die Wegnahme des Waffenarsenals durch die Behörden gewehrt. Richterin Mock machte auch in dieser Verhandlung immer wieder unmissverständlich deutlich, wie wenig Verständnis sie für dieses Faible für gefährliche Waffen schon immer hatte und nach wie vor hat: „Es musste wohl erst etwas passieren“, so die Richterin.

    Und es passierte dann ja auch - erst nach der Verletzung ihres nicht minder waffenbegeisterten Sohnes, hatte sich die 73-jährige Mutter dazu entschlossen, alle Waffen wegzugeben. Die Aufbewahrung der Waffen war jedoch keineswegs strafbar, schließlich hatte die Frau eine entsprechende Waffenbesitzkarte. Dass ihr die nicht schon längst entzogen worden war, fand die Amtsrichterin jetzt aber sehr seltsam und richtete ihre Kritik daher auch an das zuständige Landratsamt Unterallgäu: „Das Landratsamt hätte hier viel früher wegen Unzuverlässigkeit einschreiten müssen“, so die Richterin.

    Waffenbesitzer machen dem Landratsamt viel Arbeit – gerade weil die persönliche Eignung dieser Personen regelmäßig überprüft werden muss. Voraussetzungen für den Waffenbesitz sind die körperliche und geistige Eignung und das gesetzlich vorgeschriebene Mindestalter. Außerdem muss ein Bedürfnis und die entsprechende Sachkunde nachweisen. Grundsätzlich haben Jäger, Sportschützen, Waffensammler und Waffenhändler, aber auch Security- also Überwachungsfirmen ein Bedürfnis für den Waffenbesitz. Auch wer eine Waffe erbt, kann ein Bedürfnis zum Waffenbesitz geltend machen.

    Wer eine Waffe besitzen will, der muss körperlich und geistig dafür geeignet sein

    Neben der Unbescholtenheit muss auch der Nachweis erbracht werden, dass die Waffe sicher in einem Waffentresor aufbewahrt wird. Körperlich und geistig für den Waffenbesitz geeignet ist laut Gesetz nur, wer nicht von Alkohol oder anderen berauschenden Mitteln abhängig, nicht psychisch krank und nicht beschränkt geschäftsfähig oder geschäftsunfähig ist. Darüber hinaus dürfen keine schweren Erkrankung wie zum Beispiel Nachtblindheit, Fahruntüchtigkeit, Hirnverletzungen, einer schweren Herz- Kreislauferkrankung, Diabetes, Anfallsleiden, Geisteskrankheiten, Schwerhörigkeit, Taubheit oder Lähmungen vorliegen.

    Erst nach einer eingehenden und regelmäßig wiederholten Überprüfung darf man also eine Waffe besitzen. Diese Überprüfung führt in manchen Fällen aber auch zu einem ganz anderen Ergebnis, als es sich die Waffenbesitzer wünschen, wie eine entsprechende Anfrage der MZ beim Landratsamt Unterallgäu ergab: „Aktuell laufen 23 Entzugsverfahren“, so Pressesprecherin Eva Büchele.

    Alle Waffenbesitzer werden mindestens jährlich überprüft, so Büchele. Bestehe begründeter Anlass einer waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit, zum Beispiel bei einer Verurteilung von mindestens 60 Tagessätze wegen einer vorsätzlichen Straftat, werden etwaig beantragte Erlaubnisse versagt und vorhandene Erlaubnisse ausnahmslos widerrufen, schildert die Pressesprecherin das Vorgehen der Behörde.

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    Im Falle einer Unzuverlässigkeit werde nach einer rechtlichen Anhörung ein Widerrufsbescheid erlassen, der sofort vollziehbar ist. Falls die Schusswaffen nicht innerhalb der gesetzten Frist freiwillig abgegeben werden, ziehe die Waffenbehörde oder/und die Polizei diese ein, gegebenenfalls mit einem richterlichen Durchsuchungsbeschlusses.

    Laut Landratsamt sind im Landkreis Unterallgäu insgesamt etwa 4800 Personen mit waffen-, sprengstoff- oder jagdrechtlichen Erlaubnissen registriert und mit „kleinem Waffenschein“. Von den 4800 Personen dürfen rund 2800 eintragungspflichtige Schusswaffen besitzen. Dabei wird unter folgenden „Bedürfnissen“: unterschieden: 611 Personen mit Altbesitz, fünf brauchen den Waffenschein für Bewachungsaufgaben, 296 Personen haben die Waffen geerbt, 916 brauchen sie für die Jagd, 29 sind Sammler, 90 Personen fallen unter „Sonstige“.

    Den größten Anteil stelen die Sportschützen: 936 Schießsportler haben einen Waffenschein.

    Die meisten Waffen besitzen aber die Jäger: allein 5500 Langwaffen und 1055 Kurzwaffen sind auf 916 Waidmänner registriert. Bei den Sportschützen sind es, je nach gesetzlicher Vorschrift, etwa 2500 Lang- und rund 1700 Kurzwaffen.

    Insgesamt sind im Unterallgäu derzeit 14.612 eintragungspflichtige Schusswaffen registriert. Nur selten trennen sich die Waffenbesitzer freiwillig von ihren Schießeisen: Im Jahr 2019 wurden im Unterallgäu bislang 61 Schusswaffen zur Verwertung/Verschrottung abgegeben beziehungsweise abgeholt, teilt das Landratsamt mit.

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