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Bad Wörishofen: Der Mann, der in Bad Wörishofen eine Sensation begründete

Bad Wörishofen

Der Mann, der in Bad Wörishofen eine Sensation begründete

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    Herbert Schmidt hatte in Bad Wörishofen zeitweise bis zu 200 Eulen und Greifvögel versammelt, hier einen Gänsegeier. Das Foto entstand 2001.
    Herbert Schmidt hatte in Bad Wörishofen zeitweise bis zu 200 Eulen und Greifvögel versammelt, hier einen Gänsegeier. Das Foto entstand 2001. Foto: Christina Bleier

    Der „Adlerhorst“ in Bad Wörishofen war eine echte Sensation – und weltweit bekannt. Eröffnet im Jahr 1966, lebten dort bis zu 200 Eulen und Greifvögel – bis zu 50 verschieden Arten aus der ganzen Welt. Diese Anlage verdankte

    Der Adlerhorst Bad Wörishofen war nach dem Tierbestand eine der größten Falknereien der Welt mit entsprechendem Bekanntheitsgrad in Fachkreisen. Doch auch Laien und besonders Kinder waren fasziniert von den Tieren, die man dort viel näher als jemals in der freien Natur beobachten konnte und besonders die Flugshows begeisterten die Besucher, die zu Tausenden kamen und auch mit Bussen anreisten. Nun waren seit langer Zeit wieder Falkner und Greifvögel in der Anlage – allerdings aus traurigem Anlass. Herbert Schmidt ist im Alter von 85 Jahren gestorben. Mit einer Gedenkfeier auf dem Gelände der ehemaligen Falknerei verabschiedeten sich Familienangehörige, Freunde, Jäger und andere Falkner von einem außergewöhnlichen Menschen.

    Mit Böllerschüssen nahmen Freunde und Wegbegleiter in der ehemaligen Falknerei Bad Wörishofen Abschied von Falknermeister Herbert Schmidt.
    Mit Böllerschüssen nahmen Freunde und Wegbegleiter in der ehemaligen Falknerei Bad Wörishofen Abschied von Falknermeister Herbert Schmidt. Foto: Ulla Gutmann

    Schmidt wurde am 3. Mai 1936 in Siegen/NRW geboren und hatte sechs Geschwister. Schon als Kind beschäftigte er sich am liebsten mit Vögeln, doch seine Mutter bestand darauf, dass der Bub einmal etwas Ordentliches arbeitete, das tat er dann auch und war Maschinist auf hoher See, wie Petra Schauer erzählte. Sie führte durch die Feier, im geschmückten Zelt auf der Wiese der ehemaligen Falknerei, dort wo früher einmal die Flugshows stattfanden.

    Der Falkner aus Bad Wörishofen war 20 Jahre lang Vorsitzender des bayerischen Ordens Deutscher Falkoniere

    Seine spätere Frau Gertrud lernte Schmidt in seinem Heimatort Siegen kennen. Gertrud stammte aus Memmingen und so zog auch Herbert Schmidt ins Unterallgäu. Seine Liebe zu den Vögeln führte ihn zur Falknerei. Jürgen Lutzenberger, stellvertretender Landesvorsitzender des Ordens Deutscher Falkoniere (ODF) in Bayern, berichtete bei der Gedenkfeier, dass Herbert Schmidt 54 Jahre lang beim ODF aktiv war. 1992 wurde er zum Falknermeister ernannt, Mitte der 90er Jahre zum Ehrenmitglied. Schmidt war 20 Jahre lang Komtur, also Vorsitzender des ODF

    Jürgen Lutzenberger würdigte die Lebensleistung Schmidts.
    Jürgen Lutzenberger würdigte die Lebensleistung Schmidts. Foto: Ulla Gutmann

    In den 1960er Jahren ergriff Schmidt die Gelegenheit, das Grundstück Tannenbichl 1 in Bad Wörishofen zu kaufen. Dort verwirklichte er seinen Traum von der eigenen Falknerei. Schmidt kaufte nach und nach wunderschöne Greifvögel und nahm verletzte Vögel auf, die er gesund pflegte. Mit seinen Vögeln besuchte Schmidt Schulen und vermittelte dort den Kindern die Wertschätzung für die Natur. Seine Frau Gertrud unterstützte ihn, sie war der Anker der Familie, wie Petra Schauer bei der Trauerfeier es beschrieb. Das Paar bekam drei Kinder, zwei Töchter und einen Sohn, die früh in die Arbeit einer Falknerei eingebunden wurden. „Schmidt waren alte Werte wichtig, Tradition hat er gelebt“, so Schauer.

    Bis aus Mexiko kamen Menschen, die sich in Bad Wörishofen in das Falknerhandwerk einweihen lassen wollten

    „Herbert Schmidt war ein Vorbild für viele junge Menschen. Sie kamen nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus England und sogar bis aus Mexiko um bei ihm die Liebe zur Falknerei zu entdecken.“ Im „Adlerhorst“ wurden Filmaufnahmen gemacht mit Schauspielern wie Beatrice Richter oder Jürgen Fliege, aber auch Schmidt selbst war im Fernsehen zu sehen.

    Petra Schauer erinnerte an die Anfänge des „Adlerhorstes“ Bad Wörishofen.
    Petra Schauer erinnerte an die Anfänge des „Adlerhorstes“ Bad Wörishofen. Foto: Ulla Gutmann

    Dann, kurz vor dem Tod seiner Frau 2009, gab er die Falknerei auf und er vermisste sie sehr, eine schwere Zeit folgte. Die letzten drei Jahre verbrachte Schmidt im Pflegeheim. Seine älteste Tochter Siw Kersten Bonken, die seit vielen Jahren in Fuerteventura lebt, wollte ihm seinen letzten Wunsch erfüllen und organisierte deshalb die Gedenkfeier auf dem Gelände der ehemaligen Falknerei. Schmidt hinterlässt drei Kinder, vier Enkel und zwei Urenkel.

    Vielleicht hinterlässt er aber auch die unbedingte Begeisterung für die Falknerei – auch wenn es heute nicht einfach ist, eine solche wieder zu begründen.

    Was passiert mit dem Areal der Falknerei in Bad Wörishofen?

    Winfried Lipp, der ODF-Landesvorsitzende, sagte unserer Redaktion auf die die Frage, ob er sich vorstellen könnte, dass jemand die Falknerei von Herbert Schmidt weiterführt: „Falkner mit ihren Falknerhöfen, mit Volieren und Greifvögel müssen heute enorm hohe Auflagen erfüllen, insbesondere bezüglich des Naturschutzes.“ Aufwändige Genehmigungsverfahren müssten durchlaufen werden. „Eine echte Mammutaufgabe“, sagt

    Siw Kersten Bonken, die älteste Tochter Herbert Schmidts, hat allerdings bereits die Falknerausbildung und auch noch Kontakte zu vielen anderen Falknern.

    Bei ihrem Vater habe sie viel gelernt und die Arbeit mit den Vögeln auch geliebt, sagte Bonken unserer Redaktion am Mittwoch. Sie wolle gerne wieder nach Deutschland zurückkehren und könne sich vorstellen die Falknerei fortzuführen.

    Bonken sagt, sie könnte sich auch ein Museum in der Anlage gut vorstellen. Dieses könnte Wissenswertes zu den Greifvögeln vermittelt. „Das ist aber jetzt noch nicht spruchreif“, sagt Bonken. Sie müsse erst die Voraussetzungen vor Ort genau prüfen und sehen, was möglich ist.

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