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Bad Wörishofen: Der Gallenbauer und das Wörishofer Pestopfer

Bad Wörishofen

Der Gallenbauer und das Wörishofer Pestopfer

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    Auf dem Denkmal des Pestfriedhofs am Gambrinus Bad Wörishofen findet man den Namen Gallenbauer.
    Auf dem Denkmal des Pestfriedhofs am Gambrinus Bad Wörishofen findet man den Namen Gallenbauer.

    Wenn über die Geschichte von Wörishofen berichtet wird, dann steht meist die Zeit um und nach Pfarrer Sebastian Kneipp im Mittelpunkt. Im Dorf Wörishofen davor waren es jedoch alteingesessene Bauerngeschlechter, die in dieser Zeit das Leben hier maßgeblich gestalteten und deren Nachfahren noch heute hier zu finden sind. Namen wie Scharpf, Vögele, Trommer, Filser oder Linder, sind deshalb in der heutigen Bevölkerung noch besonders häufig vertreten. Festgehalten sind diese Geschlechter nicht zuletzt auch in den noch heute zuweilen verwendeten Hausnamen ihrer früheren Höfe. Geberlebauer, der Pfleger, Meierbauer, Adamerbauer, Doldenhauser oder Mangamicheler sind älteren Kneippstädtern schon noch Begriffe, die sie kennen. Einige dieser „Stammgeschlechter“ wollen wir in einer Serie vorstellen. Heute geht es zum Gallenbauer. Wenn in Bad Wörishofen vom „Gallenbauer“ die Rede ist, dann wird dies fast schon automatisch mit der Pest in Verbindung gebracht, die einst auch in Bad Wörishofen wütete. Generationen von Schülern lernten an der Grund- und Mittelschule, dass es der Gallenbauer und der Adamerbauer waren, die als einzige Höfe des Dorfes von der Pest verschont geblieben sind. Daraus folgte eine Tradition, die Jahrhunderte zur Kneippstadt gehörte.

    Die Pest suchte Wörishofen zweimal heim, und zwar zum ersten Mal bereits im 14. Jahrhundert. Später, während des 30-jährigen Krieges in den Jahren 1628/29, gab es einen zweiten Ausbruch der tödlichen Seuche, die große Teile des Ortes dahinraffte. Wegen der Ansteckungsgefahr wurden die Toten nicht auf dem Friedhof bei der Kirche, sondern weit außerhalb der Wohnstätten beerdigt. Der Pestfriedhof am Gambrinus hält die Erinnerung daran bis heute wach. Von der Pest verschont blieben lediglich der Adamerbauer und der Gallenbauer.

    Viele Jahre, fast bis in unsere Zeit, sammelten die Nachfahren dieser beiden Anwesen, die Familien Filser und Krösser, deshalb das Pestopfer unter den Bewohnern Wörishofens ein. August Filser kann sich noch gut daran erinnern, wie sein Vater und ein Onkel des jetzigen Besitzers des Gallenbauer-Hofes, Martin Krösser, dieses Opfer einsammelten. „An diesem Tag wurde von den beiden Herren bei uns eingekehrt und festlich getafelt“, erzählt Filser. Das Geld diente der Errichtung der Sebastianskapelle am Gambrinus zum Gedenken an die Pestzeit. Ebenfalls wurde das gesammelte Geld für die Bereitstellung von Kerzen verwendet.

    So sah der Gallenbauerhof in Bad Wörishofen zu früheren Zeiten aus.
    So sah der Gallenbauerhof in Bad Wörishofen zu früheren Zeiten aus. Foto: Helmut Bader/Repro

    Doch wo sich der Gallenbauer in der Kneippstadt befindet, das dürften nur ganz Ortskundige noch wissen. Wer sein Auto auf dem Krone-Parkplatz abstellt oder die Hauptstraße nach Süden befährt, der findet noch heute das stattliche Anwesen direkt neben dem Parkplatz. Bewohnt wird es seit etlichen Generationen von den Familien Krösser, derzeit von Martin Krösser. Über den Hof weiß er viel zu erzählen. Ein Foto von sich in der Zeitung will er aber lieber nicht sehen.

    Die Geschichte vom Gallenbauer weist Verbindungen nach Gammenried auf

    Die Geschichte des Gallenbauerhofes reicht ebenfalls weit zurück und zeigt interessante Verbindungen, nicht zuletzt nach Gammenried auf. Doch davon später.

    Auf dem Hof in Wörishofen wohnte jedenfalls einst ein Besitzer mit dem Taufnamen Gallus, wovon der Name Gallenbauer abgeleitet ist. Als älteste nachgewiesene Eigentümer sind die Mitglieder der Familie Kerschmayr genannt. Georg Kerschmayr verheiratete sich am 15. August 1661 mit Maria Vögele vom Ort. Darauf folgte Johann Kerschmayr, der das Anwesen seinem Sohn Johann Georg, der wiederum seinem Sohn Alois übergab. Von diesem kaufte es um 1800 Rasso Weber von Schöneschach und vererbte es an seinen Sohn Johann. Nach dessen Tod kaufte Johann Scharpf aus der Wörishofer Scharpf-Dynastie das Anwesen. Von ihm ging es auf seinen Sohn Anton über. Dieser verkaufte es im Jahre 1882 an Leonhard Krösser, der das Haus später an seinen Sohn Martin vererbte.

    August Filser gehört zu den beiden Familien, welche in Bad Wörishofen über Jahrhunderte das Pestopfer einsammelten.
    August Filser gehört zu den beiden Familien, welche in Bad Wörishofen über Jahrhunderte das Pestopfer einsammelten. Foto: Helmut Bader

    Seither lebt die Familie Krösser auf dem Hof, immerhin bereits seit 140 Jahren. Die Namen der Eltern und Großeltern finden sich auf dem Familiengrabstein im Friedhof. Auch dort kommen die Vornamen Leonhard und Martin wieder vor. Diese Vornamengleichheit stellt wohl auch die Verbindung zum früheren Krösserhof in Gammenried her. Im Jahre 1812 erstellte Pater Berthold Zihlober eine Familienchronik des „Zihloberschen oder Veitenbauernhofes zu Untergammenried“. Die beiden ledigen Zihlobers Sebastian und Georg waren die Begründer der ersten St. Rassokapelle, die heute ein besonderes Schmuckstück für Wörishofen und den Weiler darstellt. Diese Chronik wurde weitergegeben von einem Franz Zillober (jetzt so geschrieben) an Leonhard Krösser in Wörishofen, der 1830 in Lehder geboren wurde. Von diesem wiederum ging sie an Johann Krösser und von ihm auf den 1888 geborenen German Krösser, der „noch heute auf dem Krösserhof lebt“. So steht es auf dem Deckblatt der Chronik. Dabei dürfte es sich allerdings um den Krösserhof in Gammenried handeln. An die Krössers, heute Denk, erinnerte lange Zeit das Café Krösser bei St. Rasso.

    "Zwey alte Bueben" haben es in eine wichtige alte Schrift für Bad Wörishofen geschafft

    Der Bezug zu den Krössers in Wörishofen stellten jedoch ebenfalls die beiden Kirchenstifter Sebastian und Georg her. So heißt es nämlich in der Zihloberchronik noch in der alten Sprache: „Weil nun die zwey alte ledige Brüder lange Jahre miteinander gehauset, ohne sich zu verheirathen, so hat man sie die zwey alte Bueben geheissen. Nach der Übergabe des Hofes an den Neffen Mathias sind die zwey alten Bueben nach Wörishofen in ein besonderes Pfründehaus gezogen und dort in den 1730er-Jahren gestorben.

    Der Krösser- oder Gallenbauerhof in Bad Wörishofen ist eines der großen Anwesen im Zentrum von Bad Wörishofen. Der Hof hat eine lange und bewegte Geschichte.
    Der Krösser- oder Gallenbauerhof in Bad Wörishofen ist eines der großen Anwesen im Zentrum von Bad Wörishofen. Der Hof hat eine lange und bewegte Geschichte. Foto: Helmut Bader

    Auch in Stockheim findet sich der Name Zillober mehrfach wieder. Der frühere Krösserhof in Gammenried gegenüber der Kapelle wurde durch Heirat einer Tochter zu einem „Fischerhof“. Etwa um 1970 kaufte ihn die Familie Siegler und bewirtschaftet ihn durch Sohn Udo noch heute.

    Die Landwirtschaft des Krösser- oder Gallenbauerhofes in Wörishofen gab der jetzt darauf wohnende Martin Krösser bereits vor etwa 30 Jahren auf. Er ist ledig und hat zwei Schwestern. Zum gesamten Anwesen gehört auch noch das Kurheim Krösser an der Promenadenstraße. Es wurde für seines Vaters Bruder in den 50er- oder 60er-Jahren erstellt.

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