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Bad Wörishofen: Corona: Kurstadt drohen Millionenverluste

Bad Wörishofen

Corona: Kurstadt drohen Millionenverluste

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    Mit Desinfektionsmittel haben die Hoteliers versucht, das Corona-Virus draußen zu halten, nun schließen immer mehr Betriebe vorsorglich ganz.
    Mit Desinfektionsmittel haben die Hoteliers versucht, das Corona-Virus draußen zu halten, nun schließen immer mehr Betriebe vorsorglich ganz. Foto: Lienert

    Die Corona-Krise trifft Bad Wörishofens Hoteliers, Gastronomen und Einzelhändler. „Dass die Auswirkungen so heftig kommen würden, haben wir wohl vor 14 Tagen alle noch nicht gedacht“, sagte Martin Steinle aus Bad Wörishofen am Dienstag. Er ist der stellvertretende Kreisvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbandes. Gerechnet wurde am Dienstag mit einer Allgemeinverfügung, die als Konsequenz die Schließung aller 123 Wörishofer Hotels nach sich ziehe, voraussichtlich bis nach Ostern. Diese Verfügung gab es bis Redaktionsschluss aber nicht. Bei der Allgäu GmbH rechnete man zuletzt mit einer Klarstellung am heutigen Mittwoch.

    Eine faktische Schließung hätte auch für Bad Wörishofen enorme Folgen. Kurdirektorin Petra Nocker sagte unserer Redaktion, sie rechne in diesem Fall mit einem Verlust von 100.000 Übernachtungen. Allgäuweit geben Übernachtungsgäste pro Tag im Schnitt 130 Euro aus. Das steht in einer Studie aus dem Jahr 2016. Für die Hotels, den Handel und die Gastronomie in Bad Wörishofen wäre dies also ein Verlust von 13 Millionen Euro. „Das muss man sich einmal vorstellen“, sagt Nocker. „Deshalb ist es nun wichtig zu erfahren, wie wir schnell unter den angekündigten Rettungsschirm kommen.“

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    Hotelier Christian Förch zog am Mittwochvormittag bereits Konsequenzen. „Wir dürfen ja im Gaststättenbereich und wohl auch im Hallenbad nichts mehr machen, wie soll das dann gehen“, fragt er. „Wir machen jedenfalls ab Donnerstag unser Hotel zu. Gäste, die noch da sind, müssen wir nach Hause schicken“, sagt Förch. „Alles andere ist nach meiner Einschätzung unverantwortlich.“ Auch das Kneippkurhotels St. Josef schließt am Mittwochnachmittag seine Pforten. Zuvor hatte bereits Alois Hillebrand sein Hotel, das Residence, aus Vorsorgegründen geschlossen. Auch Josefs-Chefin Nina Pirone betont, sie könne den Betrieb nicht mehr länger verantworten. Pirone rechnet mit einem „Desaster“. Das Sebastianeum stand nach einem Corona-Fall bei einer Mitarbeiterin auch gestern noch unter Quarantäne, nunmehr mit etwa 80 Personen. Weitere Gäste durften abreisen. Neue Fälle gab es dort nicht.

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    Kommt es zu der erwarteten Allgemeinverfügung, müssten in Bad Wörishofen alle touristischen Gäste abreisen. Ob dazu auch Gäste zählen, die eine Kur machen, vermochte Petra Nocker nicht zu sagen. Sie selbst hatte diese Frage aufgeworfen und darauf gestern noch keine Antwort erhalten. Man könne durchaus von einer Tragödie für die Hotelbranche sprechen, sagt Martin Steinle. Auch im Handel ist die Anspannung spürbar.

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    „Das ist ein gewaltiger Einschnitt für die gesamte Gesellschaft“, sagt Fritz Barth, der Sprecher der Aktiven Einzelhändler Bad Wörishofen. Gerade zum Frühlingsbeginn seien die Lager voll. Für die Unternehmen sei das ein Fiasko. Man könne gewiss aus jeder Krise gestärkt hervorgehen. Aber nicht jeder Einzelhändler habe genügend Reserven für den jeweils kommenden Monat. Dazu gebe es die Frage: „Wie schnell bekommen wir das Geld vom Staat?“ Bekanntlich wurden Soforthilfen in Aussicht gestellt.

    Barth sagt, er werde sein eigenes Einrichtungsgeschäft vorübergehend schließen. „Den zwei Wochen haben wir zugestimmt für die Solidarität im Land“, sagt Barth. Was nun wichtig sei: „Auf jeden Fall jetzt vernünftig sein.“

    Optiker Peter Kranz darf sein Geschäft in Bad Wörishofen nach den Bestimmungen der Landesregierung weiter offen halten. Er werde aber seine Belegschaft nach Hause schicken und das Geschäft alleine bestreiten, mit neuen Öffnungszeiten. So sei er in der Lage, wenn er krank würde, dass eine Mitarbeiterin für ihn einspringen könnte.

    Es sei für alle eine Katastrophe, sagt Kranz. „Doch da müssten wir alle jetzt durch“, betont er. Es müsse ja etwas getan werden. Das sei doch klar.

    Zahlt die Versicherung?

    „Nur miteinander kann man diese Krise schaffen“, sagt Bernhard Wodnik vom Gasthof Rößle in Bad Wörishofen. „Es ist ein guter Test für die Gesellschaft.“ Aber auch er stellt klar: „Die Auswirkungen sind fatal, nicht nur für das gesellschaftliche Leben.“ Ganz schließen will Wodnik noch nicht, wie er sagt. „Wir haben mittags bis 15 Uhr geöffnet.“ Wodnik: „Die älteren Gäste freuen sich, dass sie hier essen können und vor allem auch darüber, dass sie von jüngeren Menschen Hilfe bekommen.“ Hubertus Holzbock vom Hotel Fontenay ist als Kreisvorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbandes derzeit voll beschäftigt. „Es kommen fast alle 15 Minuten neue Meldungen herein“, sagte er am Dienstagvormittag. „Natürlich geht es dabei auch um das Thema Betriebsschließungen und um die Frage, welche Übernachtungen sein müssen und welche nicht.“ Holzbock sagte, nach seinen Informationen sei eine Schließung der Hotels wahrscheinlich. Dass es darüber im Unterallgäu am Dienstag keine Informationen gab, kritisierten gleich mehrere Hoteliers. Nicht gut zu sprechen ist Christian Förch vom gleichnamigen Kurhotel in Bad Wörishofen deshalb auf das Landratsamt im

    Die Vielzahl an Informationen führe auch zu Missverständnissen, sagt Hotelier Martin Steinle. Das betreffe beispielsweise die Trennung zwischen Geschäftsreisenden, die weiter übernachten dürfen, und Touristen, die derzeit nicht mehr Urlaub in Bayern machen dürfen. „Bei uns kommen derzeit zwar sogar noch Stammgäste an, aber alles, was über die Buchungsportale angemeldet war, wird seit drei bis vier Tagen storniert“, berichtet Steinle.

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    Schwierig findet Steinle, „wie dies alles weitergeht mit der Finanzierung, Krediten oder Stundungen, das haben wir fast schon nicht mehr in eigener Hand.“ Fraglich ist es seiner Meinung nach, ob die so genannte „Unterbrechungsversicherung“ bei einer Schließung greifen würde.

    Auch Holzbock zeigt sich skeptisch, ob diese Versicherung der Hoteliers dann zahlen würde. Es gebe zwar ein „Infektionsschutzgesetz“, aber darin sei das neuartige Corona-Virus nicht aufgeführt. „Ich nehme an, das dürfte einen langen Rechtsstreit geben, der sich über Jahre hinziehen könnte“, befürchtet Holzbock.

    Er selbst muss seinen Betrieb zumindest in Teilen aufrechterhalten, weil die nebenan liegende Residenz versorgt werden muss. Neue Gäste kommen auch im Hotel Fontenay nicht mehr an. Im Falle einer Schließung der Hotels würde das Personal als arbeitslos freigestellt, um später wieder eingestellt zu werden, erläutert Holzbock. Seine große Hoffnung: „Dass schon am 1. Mai niemand mehr über die Krise spricht.“

    Konkrete Zahlen nannte am Dienstag noch das Steigenbergerhotel „Der Sonnenhof“ in Bad Wörishofen. „Wir haben zwar keinen Corona-Krankheitsfall, weder bei einem Gast, noch beim Personal“, betont Direktor Peter Messner. „Dennoch haben wir für März und April bereits einen Ausfall von etwa 2000 Übernachtungen.“ Zwar ist das Hotel noch offen und hätte für das Wochenende auch eine vernünftige Belegung, aber der Spa-Bereich ist geschlossen und auch die Restaurants öffnen nur zu den erlaubten Zeiten. Was das Personal angeht, überarbeiten wir die Dienstpläne von Tag zu Tag. Mit Hilfe des Abbaus von Überstunden und Kurzarbeit versuche man das Beste aus der Situation zu machen. „Aber eigentlich rechne ich fast mit einer Ausgangssperre wie in Spanien und Frankreich, dann wird ziemlich alles zum Erliegen kommen.“

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