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Bad Wörishofen: Bürgermeisterwahl: Meinungsbildung im Minutentakt

Bad Wörishofen

Bürgermeisterwahl: Meinungsbildung im Minutentakt

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    Sechs Bewerberinnen und Bewerber um das Bürgermeisteramt von Bad Wörishofen traten zum Wettbewerb der Ideen im Kursaal an. Das Foto zeigt von links: Dominic Kastner, Alexandra Wiedemann, Regine Glöckner, Doris Hofer, Stefan Welzel und Paul Gruschka.
    Sechs Bewerberinnen und Bewerber um das Bürgermeisteramt von Bad Wörishofen traten zum Wettbewerb der Ideen im Kursaal an. Das Foto zeigt von links: Dominic Kastner, Alexandra Wiedemann, Regine Glöckner, Doris Hofer, Stefan Welzel und Paul Gruschka. Foto: Ulla Gutmann

    Zack! Da schnellten die Hände nach oben, als MZ-Redaktionsleiter Johann Stoll zu Beginn der Podiumsdiskussion der Mindelheimer Zeitung in die proppenvoll besetzten Zuschauerränge des Kursaals fragte, wer denn seine Wahlentscheidung schon getroffen habe: Gut die Hälfte der rund 1000 Zuhörer hoben da die Hand und signalisierten, dass sie schon jetzt wüssten, bei welchem der sechs Bewerberinnen und Bewerber um das höchste Amt in Bad Wörishofen sie ihr Kreuzchen machen werden.

    Doch mindestens die andere Hälfe der Zuhörer machte dann – wenn auch etwas zögerlicher – deutlich, dass sie sich noch längst nicht entschieden haben, wer ihre Bürgermeisterin oder Bürgermeister werden soll. Die vielen „Unentschlossenen“ dürften ihr Kommen ebenso wenig bereut haben wie die Zuseher, die zeitgleich die Live-Übertragung auf mindelheimer-zeitung.de bequem vom Sofa aus verfolgt hatten.

    Dieser politische Abend im Kursaal war das, was sich sowohl die drei Frauen und drei Männer auf der Bühne im Kursaal wie auch die vielen kommunalpolitisch interessierten Besucher erhofft, aber vielleicht auch nicht unbedingt erwartet hatten: fair, sachlich und sehr diszipliniert tauschten die Kandidatinnen und Kandidaten ihre Positionen aus – durchaus nicht selbstverständlich, blickt man auf die sechs zurückliegenden Jahre in der Bad Wörishofer Stadtpolitik zurück, die geprägt war von Streit, hitzigen Rededuellen und persönlichen Anfeindungen.

    Eine Minute musste reichen, um die eigene Idee zu präsentieren

    Für diese positive Atmosphäre bei der MZ-Podiumsdiskussion sorgten nicht zuletzt die sechs Kandidaten selbst, die sich fast immer an die vorgegebene Redezeit von maximal einer Minute hielten und klar, schnell und zumeist bestens vorbereitet ihre Ideen zu vielen drängenden kommunalpolitischen Fragen zur Zukunft der Kneippstadt erläuterten. Und wenn dann doch mal eine oder einer das Zeitlimit zu überschreiten drohte, dann sorgten die Diskussionsleiter Johann Stoll und Markus Heinrich dafür, dass alles seinen geordneten Verlauf nahm und wirklich auch alle Kandidatinnen und Kandidaten die gleiche Chance bekamen, sich und ihre politischen Ziele vorzustellen.

    Auch wenn es dann nur eine Minute war – das Rededuell der sechs potenziellen Bad Wörishofer Bürgermeister war zu keinem Zeitpunkt ein oberflächlicher „Husarenritt“, auch wenn manche Antwort auch mehr Zeit gebraucht und/oder verdient gehabt hätte. Unterm Strich kamen die drei Frauen und drei Männer auf dem Podium aber ausreichend oft und immer im Wechsel zu Wort – keiner sollte bevorteilt und natürlich auch keiner benachteiligt werden, das machten die beiden Diskussionsleiter – sehr zur Freude der Kandidaten und Zuhörer – zur Not auch mal mit einer gezeigten „gelben Karte“ deutlich.

    Locker und entspannt ging es schon los, als die Kandidatinnen und Kandidaten nacheinander auf das Podium gebeten wurden – und auch hier war es kein Zufall, dass CSU-Kandidat Stefan Welzel den Anfang machte: Die Kandidaten wurden in der Reihenfolge der zugelassenen Wahlvorschläge aufgerufen und von den beiden MZ-Redakteuren kurz vorgestellt. Nicht nur der politische Werdegang wurde gezeigt, auch ein kurzer Blick ins Persönliche war möglich, hatte doch jeder der sechs ein Foto zur Verfügung gestellt, das sie oder ihn bei der Lieblingsbeschäftigung oder dem Lieblingsplatz zeigte.

    So nahmen nach der Reihe Stefan Welzel (CSU), Doris Hofer (Grüne), Alexandra Wiedemann (FDP), Paul Gruschka (Freie Wähler), Regine Glöckner (Bürger pro Kneippstadt, parteilos) und Dominic Kastner (Generation Fortschritt) Platz und dann konnte es auch schon losgehen – und wie es dann losging!

    Es geht um die drängenden Fragen der Kommunalpolitik in Bad Wörishofen

    Denn sofort ging es ans Eingemachte, die wichtigsten und drängendsten Felder der Bad Wörishofer Kommunalpolitik wurden intensiv beackert.

    Viele der Fragen kamen von Leserinnen und Lesern der Mindelheimer Zeitung, die ihre Anliegen vorab an die MZ-Redaktion geschickt hatten. Bezahlbarer Wohnraum, Wirtschaftspolitik, Gewerbesteuer, Tourismus, Innenstadt, Einzelhandel, Umweltschutz, Verkehrskonzept, Zukunft des Klosters, Kneippmuseum, Stadtteile und Dorfleben, Kultur und Freizeit, Freibad, Jugendzentrum – es ging munter hin und her und die Kandidatinnen und Kandidaten. Die Zuhörer quittierten die Ideen mit mal mehr, mal weniger Applaus.

    Emotionen blieben meist außen vor, auch wenn sich die Diskussionsteilnehmer auf der Bühne und macher Zuhörer im Kursaal doch vereinzelt sichtlich zurückhalten mussten, um nicht doch aus dem vorgegebenen Redezeit-Korsett auszubrechen. Für Mitmach-Momente sorgte Dominic Kastner, der die Zuhörer im Saal immer wieder in seine Redebeiträge einbezog.

    Vorstoß in Sachen Löwenbräu-Arkaden und Kneipp-Jubiläum

    Mit Blick auf das Kneipp-Jubiläumsjahr 2021 forderte Regine Glöckner ein Moratorium, um den Bau der Löwenbräu-Arkaden zu verhindern und das 40-Millionen-Bauprojekt neu zu überdenken.

    Nur einmal drohten die Emotionen hochzukochen, als Amtsinhaber Paul Gruschka zu den vielen zuvor gestellten Forderungen seiner Mitbewerber Stellung nahm und sich den Kommentar „Wer soll denn das alles bezahlen?“ nicht verkneifen konnte. Die unüberhörbaren Buh-Rufe waren aber schnell verstummt, und es ging in die nächste Fragerunde.

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    Kaum jemand hatte bis jetzt wohl auf die Uhr geschaut und alle stellten dann überrascht fest, dass die MZ-Podiumsdiskussion nach gut zweieinhalb Stunden und den launigen und jetzt auch gewollt „wahlkämpferischen“ Schlussworten der Bürgermeisterkandidatinnen und -kandidaten auch schon wieder beendet werden musste.

    Und dann - Zack! – schnellten auffällig viele Hände im Saal in die Höhe, als Redaktionsleiter Johann Stoll die abschließende Frage stellte und noch einmal wissen wollte, wem die MZ-Podiumsdiskussion denn etwas gebracht habe und wem die Wahlentscheidung nun leichter falle. Es schien fast so, als wären da auch viele Hände dabei gewesen, die sich vor dem politischen Abend im Kursaal schon vermeintlich sicher gewesen waren, wer am 15. März ihre Stimme bekommen soll.

    Das sagten die Redner zum Thema Tourismus

    Seit Jahren geht die Zahl der Gästebetten in Bad Wörishofen – wie in anderen Kurorten auch – kontinuierlich zurück, ebenfalls die Übernachtungszahlen. Allein im Jahr 2018 hat die Kurstadt Bad Wörishofen zwölf Beherbergungsbetriebe und damit 358 Betten verloren. Zum Vergleich: 2001 gab es in Bad Wörishofen 6452 Gästebetten. Ende 2019 waren es noch 3657 in 123 Betrieben. Ein herber Rückschlag war da die Schließung des Kneippianums Ende 2018.

    Was kann, was muss die Stadt unternehmen, um diese Abwärtsspirale zu stoppen? Das wollten auch MZ-Leser wissen. Bürgermeister Paul Gruschka sieht im Rathaus keinen akuten Handlungsbedarf, im Gegenteil: „Die Stadt hat ihre Hausaufgaben gemacht. Wir werden diesen Trend leider nicht aufhalten können“.

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    Stefan Welzel erkennt im „Kulturerbe Kneipp“ eine „Riesenchance für eine Markenbildung“ Bad Wörishofens als Gesundheitsstadt mit einem breiteren Zielpublikum: „Wir müssen

    Doris Hofer nimmt die erfolgreichen Hotel- und Kurbetrieben am Ort zum Vorbild: „Davon brauchen wir mehr“. Die Stadt müsse daher „Vertrauen schaffen“ um aus dem „Abwärtstrend“ des Bettenverlustes herauszukommen: „Wir dürfen nicht resignieren, sondern müssen versuchen, neue Betriebe zu gewinnen“.

    Regine Glöckner nimmt die Stadt als „Takt- und Impulsgeber“ in die Pflicht, um mit neuen, kulturellen Angeboten die „Erlebnisqualität“ der Kurstadt zu steigern und dafür zu sorgen, dass Bad Wörishofen wieder eine Kurstadt von „internationalem Spitzenniveau“ werde.

    Alexandra Wiedemann fordert „pfiffige Marketingkonzepte“ und sieht auch die Stadt in der Pflicht, sich gleich selbst als Hotelbetreiber zu engagieren.

    Dominic Kastner sieht in der Vergangenheit Fehler: „Was wurde denn die letzten 26 Jahre getan?“, fragte der 26-Jährige in die Runde. Für ihn müsse ein „Image-Transfer“ greifen, der nicht mehr alleine den etwas abgenutzten Begriff „Kur“ in den Mittelpunkt stelle, denn: „Gerade mal zehn Prozent aller Übernachtungsgäste in Bad Wörishofen sind Kurgäste“.

    Das "Mega-Thema" Wohnen in Bad Wörishofen

    Dass Wohnen und die Schaffung von Wohnraum in der Kneippstadt ein „Mega-Thema“ ist, wie es MZ-Redakteur Markus Heinrich bezeichnete, bestätigten auch die sechs Kandidatinnen und Kandidaten, die sich zumindest in einem Punkt absolut einig waren: Bad Wörishofen braucht mehr Platz für mehr Wohnraum, der dann am besten auch noch schnell und vor allem zu bezahlbaren Preisen auf den Markt kommen müsse.

    Die Gretchenfrage: Wie soll das gehen? Die Flächenknappheit wurde zum Thema. „Sozialer Wohnungsbau findet deshalb nicht statt“, bedauerte Paul Gruschka (FW). Doris Hofer (Grüne) sorgte dann für eine Überraschung, als sie etwas aus dem kommunalpolitischen Nähkästchen plauderte und durchblicken ließ, dass die Stadt „die Chance“ habe, ein „großes Baugebiet an der Kemptener Straße“ zu entwickeln. Sie warb dann auch dafür, dass dort unterschiedliche und moderne Formen für Wohnraum zugelassen werden sollten. Und auch wenn ihr als Grünenpolitikerin der Flächenverbrauch durchaus zu denken gebe, forderte Hofer: „Die Stadt muss voran gehen“.

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    Das sieht auch Dominic Kastner so und riet zu einer engen Kooperation mit Wohnungsbaugenossenschaften. Er sieht den Fokus bei der Ausweisung von Baugebieten in den Ortsteilen und in der Gartenstadt, für die Kernstadt sieht er Probleme: „Ich erinnere an den Flaschenhals Kläranlage“, so Kastner.

    Alexandra Wiedemann (FDP) sieht in der Kernstadt gute Chancen, in Bestandsimmobilien bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Für sie sei es ein Greul mitansehen zu müssen, wie ganze Gebäudekomplexe leer stehen. Mit Auflagen durch die Stadt sollten die Besitzer hier zum Handeln verpflichtet werden. Regine Glöckner (Bürger pro Kneippstadt) fragte energisch, warum denn der Verkauf der Kloster–Ökonomien „an der Stadt vorbei ging“ – was Gruschka bestritt; die Stadt habe gar kein Angebot bekommen. Glöckner sieht in einem städtischen Baumanagement eine Lösung und will mit den Investoren ins Gespräch kommen. Stefan Welzel (CSU) ist froh, dass es mit dem Stadtentwicklungskonzept „nun endlich losgeht“. Der Bedarf sei enorm und er sieht sowohl in den Ortsteilen wie auch in der Kernstadt Handlungsbedarf. Bei der Bauleitplanung müsse die Stadt dafür sorgen, dass in den möglichen neuen Baugebieten keine „Monostrukturen“ entstehen könnten.

    Diese Ideen gibt es zu Kneipp und der Zukunft des Klosters

    Dass in der Stadt von Sebastian Kneipp dessen Erbe eine gewaltige Bedeutung hat, versteht sich von selbst und so waren sich die Kandidaten einig, dass es überfällig sei, mit der ganzheitlichen Gesundheitslehre des Wasserdoktors zu punkten. Die Zukunft Dominikanerinnen-Klosters steht derzeit in der Diskussion, bis zum Herbst soll ein Vertrag die Übernahme durch die Stadt regeln. Auch wenn sich die Wahlkämpfer bemühten, dieses sensible Thema aus dem Wahlkampf heraus zu halten – an ihrem Engagement und ihrer Begeisterung für das Thema Kneipp als Schlüsselthema für Bad Wörishofen wollte keiner rütteln lassen. Zur Zukunft des Klosters gibt es unterschiedliche Vorstellungen.

    Dominic Kastner wies darauf hin, dass dies „kein Wunschkonzert“ sei, bei dem die Stadt entscheiden könne.

    Paul Gruschka denkt weiter an einem möglichen Umzug des Rathauses ins Kloster, will aber zuerst die Kostenseite beleuchten.

    Regine Glöckner sieht im Kloster eines der „letzten großen Identifikationsorte“ und würde dort gerne eine der Keimzellen für einen möglichen „Kneipp-Campus“ sehen.

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    Auch Stefan Welzel ist begeistert von diesem „spirituellen Ort“ und sieht für das Kneippmuseum keinen passenderen Ort als das Kloster.

    Doris Hofer mahnte ebenfalls an die „Identitätsstiftende Bedeutung“ des Klosters, wo sich immerhin auch das Sterbezimmer von Pfarrer Kneipp befindet. Sie können sich hier jedenfalls keine Amtsstube vorstellen, schüttelte Hofer den Kopf.

    Alexandra Wiedemann sieht hinter den Klostermauern einen „spirituellen Rückzugsort“.

    Ob das Kloster irgendwann als eine „Kneipp-Erlebniswelt“ dafür sorgen könnte, dass die Ideen des weltbekannten Wasserdoktors und seiner ganzheitlichen Medizin auch mehr (und jüngere) Kurgäste erreichen kann, erschien zwar allen Kandidaten als gute Idee, aber eben nicht als Wahlkampf-Thema.

    Gewerbesteuer erhöhen oder belassen?

    Seit Jahren sorgt die Frage für Streit, ob die Stadt Bad Wörishofen an der Steuerschraube drehen und den Gewerbesteuerhebesatz von aktuell 240 Prozentpunkten erhöhen soll – oder muss?

    Dies sorgt immer wieder für Zoff zwischen Bürgermeister Paul Gruschka und der Stadtratsmehrheit. Gruschka will eine Steuererhöhung – die Mehrheit quer durch alle Stadtratsfraktionen lehnt eine Erhöhung rundweg ab.

    Doris Hofer sieht „keinen Grund, die Gewerbesteuer zu erhöhen“, immerhin könne die Stadt derzeit Rekordeinnahmen verbuchen. Heuer werden über 11 Millionen Euro erwartet. Das Risiko, bei einer Erhöhung neue oder ortsansässige Unternehmer zu verprellen und an Verlässlichkeit zu verlieren, sei zu groß.

    Dominic Kastner hatte zwar keine konkreten Vorstellungen parat, aber auch er sieht nur eine Chance auf höhere Steuereinnahmen, wenn sich die Stadt aktiv um neue Steuerzahler bemühe.

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    „Beibehalten!“, brachte es Stefan Welzel auf den Punkt. Er könne die Forderung nach einer Gewerbesteuererhöhung nicht mehr hören, denn: „Viel hilft nicht immer viel“, so Welzel. Bad Wörishofen sei auch durch den niedrigen Steuersatz attraktiv für Unternehmen und verfügen durchaus auch ohne Steuererhöhung über „solide Finanzen“.

    Paul Gruschka bleibt dabei: „Wir brauchen einen deutlich höheren Gewerbesteuer-Hebesatz“, forderte er und bat energisch darum, Bad Wörishofen doch nicht mit Ortschaften wie Rammingen zu vergleichen. Dort sei die Gewerbesteuer zwar niedrig, doch als Kurstadt müsse Bad Wörishofen eben auch mit anderen Kurstädten verglichen werden – auch bei der Gewerbesteuer, die in Kurorten wie Oberstdorf oder Füssen deutlich höher liegen. Dies sei auch einfach zu erklären: „Ein Kurort muss einen deutlich höheren Aufwand“ betreiben, der nun mal auch Kosten verursache: „Das Geld muss doch irgendwo herkommen!“, so Gruschka, der endlich einen Haushalt ohne Beanstandungen vorlegen will.

    Alexandra Wiedemann will die Gewerbesteuer belassen und versuchen, neue Gewerbeflächen auszuweisen.

    Regine Glöckner sieht im Streit um die Gewerbesteuer „die schädlichste Diskussion für unsere Stadt“. Sie könne sich eine Erhöhung „um ein paar Punkte“ nach oben durchaus vorstellen, wenn die Stadt gleichzeitig aktiv auf ansiedelungswillige Unternehmen zugehe.

    Was tun für Einzelhandel und Innenstadt in Bad Wörishofen?

    Weil in der Innenstadt „zu wenig los“ sei, wollten viele MZ-Leser wissen, was die Kandidatinnen und Kandidaten als Bürgermeister denn unternehmen wollen, um die Innstadt attraktiver zu machen und Einzelhandel und Gastronomie zu unterstützen.

    Für Stefan Welzel ist nicht nur das seit Monaten leer stehende Café Matzberger am Denkmalplatz „traurige Realität“. Mit einem City-Management könne die Stadt erreichen, in den Dialog mit Unternehmern und Immobilienbesitzern zu treten. Es gelte, die Chancen zu nutzen, die eine nach wie vor schöne und gepflegte Innenstadt zu bieten habe.

    Dominic Kastner wünscht sich eine „moderne Innenstadt“ und sieht eine Chance für den Einzelhandel, wenn ein gemeinsames Konzept die Öffnungszeiten der Geschäfte koordiniere, um einen Einkauf in der Kernstadt attraktiver zu machen.

    Alexandra Wiedemann sieht in einem „Kümmerer“, also einem City- und Quartiermanager die Lösung. Auch Doris Hofer machen die Leerstände in der Kneippstraße zunehmend Sorgen: „Das ist nicht so wahnsinnig attraktiv für unsere Gäste“. Eine Verbesserung des Angebots in der Innenstadt sei daher auch ihr „zentraler Punkt der Wirtschaftsförderung“, im laufenden Konzept der Integrierten Stadtentwicklung sieht sie die Stadt aber auf dem richtigen Weg.

    „Auch mir ist das Matzberger ein Dorn im Auge“, wetterte Paul Gruschka über das leer stehende, zentrale Gebäude am Denkmalplatz. Doch in diesem wie auch in anderen Fällen sieht er kaum Möglichkeiten bei der Stadtverwaltung, um auf die Besitzer einzuwirken: „Vieles krankt auch an den hohen Mieten in der Kneippstraße“, ist Gruschka überzeugt.

    Regine Glöckner wünscht sich „mehr Erlebnisqualität“ durch ein modernes Kultur- und Veranstaltungskonzept. Auch müsse die Stadt gegen die vielen leer stehenden Flächen aktiv werden. Das geschehe bislang nicht, denn: „Wir haben keinen Plan!“

    Neue Jobs in Bad Wörishofen - wie sollen sie entstehen?

    Wer in der Kneippstadt wohnt, sucht auch in der Kneippstadt Arbeit – immer öfter jedoch vergeblich. Was kann, was muss ein Bürgermeister da unternehmen, um neue Unternehmen vor Ort anzusiedeln und so neue Arbeitsplätze zu schaffen?

    Stefan Welzel sieht es mit Schrecken, wenn andernorts entlang der Autobahn neue Unternehmen aus dem Boden schießen, im Interkommunalen Gewerbegebiet der Stadt Bad Wörishofen aber nichts dergleichen erkennbar sei: „Wir müssen hier absolut Gas geben“, sieht Welzel in der Wirtschaftsförderung eine „essenzielle“ Aufgabe eines Stadtoberhauptes. Doch er denkt dabei nicht nur an neue Firmen, sondern auch an die Förderung heimischer Unternehmen.

    Alexandra Wiedemann will mit einem verbesserten Netzwerk und die Wirtschaftsförderung in der Rathausverwaltung „neu strukturieren“.

    Doris Hofer will insbesondere die Hotel- und Gastronomiebranche in der Kurstadt in den Fokus nehmen, auch wenn sie die Schwierigkeiten kennt, hier Fachpersonal zu finden. Gerade in einer Kur- und Tourismusstadt wie Bad Wörishofen sei es aber genau diese Branche, die sie „am liebsten weiter entwickeln würde“, viel mehr noch als neue Industrie- und Gewerbebetriebe zu suchen. Dennoch sieht sie auch Defizite im Interkommunalen Gewerbegebiet: „Da muss was weitergehen“, fordert sie.

    Bürgermeister Paul Gruschka wollte diesen indirekten Vorwurf so nicht auf sich sitzen lassen und verwies energisch darauf, dass im Interkommunalen Gewerbegebiet von den „10.000 Quadratmetern nur noch 800 Quadratmeter übrig“ seien, der Löwenanteil sei damit längst an Unternehmen verkauft, die vertraglich verpflichtet sind, dort innerhalb der nächsten drei Jahren zu bauen. Und schließlich habe der Stadtrat seine Forderung nach einem ihm direkt zugeordneten „Wirtschaftsförderer“ ja auch „ewig blockiert“, was aus seiner Sicht auch viel über den tatsächlichen „Stellenwert der Wirtschaftsförderung“ im Stadtrat aussage.

    Regine Glöckner sieht Nachholbedarf bei Neugründungen und Start-ups und würde als Bürgermeisterin „pro aktiv“ auf Unternehmen aus der Gesundheitswirtschaft zugehen, wie sie sagte.

    Dominic Kastner wollte sich zwar nicht endgültig festlegen lassen, hält aber ein „modernes Industriegebiet“ für durchaus geeignet, um zukunftsorientierte mittelständische Unternehmen anzulocken, die dann aber auch von der Stadt bis zur Fertigstellung unterstützt und begleitet werden müssten.

    Verkehr und ÖPNV in Bad Wörishofen - kein leichtes Thema

    Ein deutliches Grummeln, gemischt mit spöttischem Lachen, breitete sich im Saal aus, als MZ-Redakteur Markus Heinrich die Frage zum Verkehr und damit natürlich auch zum Verkehrskonzept der Stadt stellte. Zu frisch sind offenbar noch die Erinnerungen an das (gescheiterte) Verkehrskonzept, das der Kneippstadt sogar über die Landesgrenzen hinaus eine wenig schmeichelhafte Bekanntheit einbrachte.

    Paul Gruschka ist jedenfalls „froh, das Thema Verkehrskonzept überstanden zu haben“. Es habe zwar einiger „Eilentscheidungen des Bürgermeisters“ bedurft, doch dadurch habe letztlich (wieder) eine sichere Verkehrsführung erreicht werden können. Gruschka hofft, das moderne Technik bei den Autos und Bussen hier für Entspannung sorgen wird.

    Regine Glöckner ist überzeugt, mit einer „Kampagne der Rücksichtnahme“ für eine „Entschleunigung“ sorgen zu können und fordert zudem mehr und gut erreichbare Parkplätze am Ortsrand. Auf Nachfrage sagte sie, dass dies schon in Richtung autofreie Innenstadt gehen könnte.

    Für Doris Hofer war die Umsetzung des Verkehrskonzeptes „grottenschlecht“ und noch immer fahre zu viel Durchgangsverkehr durch die Innenstadt. Auf Nachfrage machte sie sich dann für eine autofreie Zone in der Innenstadt stark.

    Stefan Welzel glaubt weiter an den Erfolg des bestehenden ÖPNV-Angebots mit dem Stadtbus und sieht im neuen Angebot mit dem Flexibus eine optimale Ergänzung gerade für ältere Menschen, die selber kein Auto mehr fahren.

    Dominic Kastner fragte keck ins Publikum, wer denn überhaupt den ÖPNV in Bad Wörishofen nutze – und die wenigen Hände im Saal schienen ihn darin zu bestätigen, dass das ÖPNV-Angebot in Bad Wörishofen grundsätzlich zu hinterfragen sei: „Wir sollten die Leute fragen, ob sie überhaupt Lust darauf haben“.

    So fanden Zuhörer die MZ-Podiumsdiskussion zur Bürgermeisterwahl in Bad Wörishofen:

    Wie war die MZ-Podiumsdiskussion zur Bürgermeisterwahl in Bad Wörishofen für die Zuhörerinnen und Zuhörer? Auf die Live-Übertragung auf unserer Homepage gab es bei Facebook viele Reaktionen. Hier einige Kommentare:

    • Susanne Windisch: „Vielen Dank für die tolle Organisation und dass Sie so spannende Einblicke ermöglicht haben. Leider war die ganze Diskussion (bzw. die Fragen) schon sehr „Kneipp-lastig“, mir persönlich kam der Bereich Familien, Jugend und Bildung (Schule!) einfach zu kurz. Nichtsdestotrotz fällt mir jetzt eine klare Wahlentscheidung leichter“.
    • Bir Git: „Das war ein wunderbarer Service. Vielen Dank! So konnte man die Diskussion trotz Krankheit und mangelndem Babysitter verfolgen und sich ein Bild von den Kandidaten machen“.
    • Andrea Seitz: „Herzlichen Dank für diesen super Livestream... jetzt sind wir gefragt ... auf eine faire Wahl am 15.3.
    • Boris Falk: „Super Service!!! Danke für den informativen Livestream“.

    Das sagen die Kandidatinnen und Kandidaten zur MZ-Podiumsdiskussion

    • Regine Glöckner (Bürger pro Kneippstadt, parteilos): „Fein gemacht, prima moderiert, gute Atmosphäre, breites Themenspektrum, aufmerksames Publikum. Danke.“
    • Dominic Kastner (Generation Fortschritt): „Die Gäste haben ein aussagekräftiges, persönliches Bild aller Bewerber erhalten und zusätzlich wurden viele aktuelle und kritische Themen diskutiert. Die Podiumsdiskussion hat meiner Ansicht nach ihr Ziel erreicht und den Wahlkampf auf den Punkt gebracht.“
    • Doris Hofer (Grüne): „Es war mega-anstrengend und alle Kandidatinnen und Kandidaten haben sich ehrlich und authentisch präsentiert. Das war für uns und hoffentlich auch für die Wählerinnen und Wähler sehr wertvoll. Danke an das Team der MZ für die professionelle und aufwändige Organisation und die faire Moderation.“
    • Paul Gruschka (Freie Wähler): „Es war leider keine Diskussion. Ich hätte mir mehr Gelegenheit gewünscht, die unterschiedlichen Standpunkte auszutauschen. Dass dies in der Kürze der Zeit nicht möglich war, verstehe ich durchaus.“
    • Alexandra Wiedemann (FDP): „Ich fand die Veranstaltung insgesamt gut. Ich hätte mir mehr Zeit für Diskussionen zu den einzelnen Themen gewünscht. Einige der Fragen hätten zusammengefasst werden können, dann wäre für alle mehr Zeit zum konstruktiven Gedankenaustausch geblieben.“
    • Stefan Welzel (CSU): „Ich freue mich über den großen Zuspruch an der sachlichen und fairen Podiumsdiskussion der Mindelheimer Zeitung. Es zeigt, dass das Interesse an unserer gemeinsamen Zukunft groß ist“.

    (Reihenfolge der eingegangenen Antworten)

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