Startseite
Icon Pfeil nach unten
Mindelheim
Icon Pfeil nach unten

Bad Wörishofen: Brandbrief aus den Kurorten an Gesundheitsminister Jens Spahn

Bad Wörishofen

Brandbrief aus den Kurorten an Gesundheitsminister Jens Spahn

    • |
    Einen „Richtungswechsel in der Gesundheitspolitik“ fordert Staatssekretär Klaus Holetschek (CSU) auch in seiner Funktion als Vorsitzender des Heilbäder-Verbandes: „Die Kur muss Pflichtleistung werden“.
    Einen „Richtungswechsel in der Gesundheitspolitik“ fordert Staatssekretär Klaus Holetschek (CSU) auch in seiner Funktion als Vorsitzender des Heilbäder-Verbandes: „Die Kur muss Pflichtleistung werden“.

    Was Klaus Holetschek da nach Berlin schreibt, klingt drastisch. „Einige Heilbäder und Kurorte sind in höchster Existenznot“, schildert Holetschek in einem Brandbrief an Deutschlands Gesundheitsminister Jens Spahn. Holetschek war selbst viele Jahre Bürgermeister der Kurstadt Bad Wörishofen und ist heute Staatssekretär der bayerischen Landesregierung. Holetschek ist aber auch der Vorsitzende des Bayerischen Heilbäder-Verbandes, in dem 77 Orte und Kurbetriebe organisiert sind.

    Man sei ein starker Pfeiler des Tourismus und der Gesundheitswirtschaft, schildert Holetschek. Gleichwohl hätte die Corona-Krise die Kurorte weitaus stärker getroffen als andere Orte. „Nicht nur Hotels, sondern auch Thermen und Bäder sowie die Reha-Kliniken waren geschlossen“, schildert Holetschek. „Die Kosten für die Infrastruktur, die unsere Mitglieder bereithalten müssen, liefen unvermindert weiter.“

    Was Holetschek und seine Mitstreiter nun in Sachen Kur erreichen wollen

    Dass Schutzschirme und Liquiditätshilfen von Bund und Land hier eine Unterstützung waren, sagt Holetschek auch. Nun fordert er mit seinem Verband von Spahn einen „Richtungswechsel in der Gesundheitspolitik“. Was Holetschek will, schreibt er dem Minister in aller Deutlichkeit: „Die Kur muss zur Pflichtleistung werden.“ Gemeint ist eine Pflichtleistung der gesetzlichen Krankenkassen, die Holetschek nun schon seit Jahren für ihr Gebaren kritisiert.

    Aktuelle Zahlen „sind lächerlich“, kritisiert Bad Wörishofens Altbürgermeister

    Die ambulanten Vorsorgeleistungen seien seit den 1990er Jahren von damals rund 900.000 auf bundesweit 31.763 im vergangenen Jahr gefallen. „Diese Zahlen sind lächerlich und werden den Herausforderungen unserer Gesellschaft keinesfalls gerecht“, heißt es in dem Brief, den neben Holetschek auch Geschäftsführer Rudolf Weinberger unterzeichnet hat.

    „Wir stehen für 100.000 Arbeitsplätze im ländlichen Raum und eine Brutto-Wertschöpfung von 4,5 Milliarden Euro“, heißt es in dem Schreiben weiter. Im Tourismus würden die Heilbäder und Kurorte 2019 rund 5,7 Millionen Ankünfte und 24,3 Millionen Übernachtungen erzielen. Holetschek: „Knapp jede vierte Übernachtung in Bayern findet in einem Heilbad oder Kurort statt.“

    Die Corona-Krise und die damit verbundenen Einschränkungen des öffentlichen Lebens, des Tourismus und des Wirtschaftslebens habe die Kurstadt Bad Wörishofen und andere Kurorte hart getroffen: „Und viel härter als viele andere Kommunen“.

    Jens Spahn soll den Richtungswechsel in der Gesundheitspolitik einläuten

    Jetzt sei es „an der Zeit für einen Richtungswechsel in der Gesundheitspolitik“. Die Corona-Pandemie habe eindrücklich vor Augen geführt, wie „wichtig Gesundheit ist, welch eine bedeutende Rolle ein funktionierendes Immunsystem des Menschen spielt“, so Holetschek. Das Thema Gesundheit werde in Zukunft eine noch größere Rolle spielen als jemals zuvor. Politik und Gesellschaft, aber auch die Wirtschaft – jeder müsse dieses Thema in alle Entscheidungen mit einbeziehen.

    Doch das Gesundheitswesen sei in eine Schieflage geraten: „Prävention und ambulante Vorsorge sind nach wie vor ein Stiefkind der Gesetzlichen Krankenkassen“. Nach den vorläufigen Zahlen des Gesundheitsministeriums hätten die Gesetzlichen Krankenkassen im vergangenen Jahr einen „verschwindend geringen Anteil ihrer Gesamtkosten für Vorsorge- und Rehamaßnahmen ausgegeben“, kritisiert Holetschek.

    Demnach stiegen die Ausgaben der Gesetzlichen Krankenkassen 2019 auf rund 251,9 Milliarden Euro. Aber: „Nur 1,5 Prozent davon gaben die Kassen für Reha- und Vorsorgemaßnahmen aus“, rechnet Holetschek dem Gesundheitsminister vor.

    Holetschek: „Wir laufen in eine dramatische Entwicklung hinein“

    Die Menschen würden immer älter, die Wirtschaft leide unter einem Fachkräftemangel, Volkskrankheiten wie Rückenleiden oder psychosomatische Krankheiten nehmen zu. Die langfristigen Auswirkungen der Covid-19-Pandemie seien noch nicht abzusehen, ist der Alt-Bürgermeister von Bad Wörishofen überzeugt: „Wir laufen in eine dramatische Entwicklung hinein, und es wird Zeit für ein Umdenken. Deshalb fordern wir: Die Kur muss zur Pflichtleistung werden“.

    Nachdem die Krankenkassen hier nicht tätig werden, müsse der Gesetzgeber eingreifen und sie zu mehr Prävention verpflichten.

    Die bayerischen Heilbäder und Kurorte haben sich zu Gesundheitskompetenzzentren entwickelt, betont Holetschek: „Wer eine Kur braucht, hat eine breite Auswahl an Kurorten und Spezialisten für alle möglichen Indikationen. Wir möchten, dass die Menschen gesund bleiben. Dass sie bei drohenden chronischen Leiden rechtzeitig die Notbremse ziehen oder von Anfang an viel für ihre Gesundheit tun können. Dazu muss die Kur zur Pflichtleistung werden - und zwar jetzt“, fordert der CSU-Politiker. (mit mz)

    So geht Bad Wörishofen mit den Folgen der Coronakrise um:

    Corona-Krise: Zuversicht in Bad Wörishofen trotz hoher Einbußen

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden