Im Rahmen von drei Informationsveranstaltungen in Kaufbeuren, Lindau und Kempten hat die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) in den vergangenen Wochen Mandatsträger und Vertreter von Fahrgastverbänden und -initiativen aus dem Allgäu über die Weiterentwicklung des Schienenpersonennahverkehrs in der Region informiert. Aus Bad Wörishofer Sicht interessant ist dabei auch die Zukunft des eigenen Bahnhofs vor dem Hintergrund der Elektrifizierung zwischen München und Lindau – denn die Strecke Bad Wörishofen – Türkheim wird eben nicht elektrifiziert.
Die BEG plant, finanziert und kontrolliert im Auftrag des Freistaats den Regional- und S-Bahn-Verkehr in Bayern. Schwerpunktthemen waren der künftige Fahrplan sowie der geplante Fahrzeugeinsatz.
Eine Expresslinie von München nach Memmingen und direkte Verbindungen ins Unterallgäu
„In den vergangenen Monaten haben wir in diversen Gesprächen festgestellt, dass es im Allgäu erheblichen Klärungsbedarf zum künftigen Angebot im Regionalverkehr gibt“, sagt Bärbel Fuchs, Geschäftsführerin der BEG. Ausgangspunkt für die umfangreichen Änderungen am Fahrplan im Allgäu ist die Elektrifizierung der Strecke Geltendorf - Memmingen - Lindau, die Ende 2020 abgeschlossen sein wird. „Die Elektrifizierung der Strecke München – Lindau bringt einen großen Mehrwert für Schwaben und das Allgäu“, findet Fuchs. „Die Fahrtzeit verkürzt sich deutlich und wir bauen gleichzeitig das Angebot aus.“ Neben einer neuen Expresslinie von München nach Memmingen wird es „auch wieder direkte Verbindungen von München Richtung Unterallgäu und Bodensee über Memmingen geben“, so der Bayerische Verkehrsminister Hans Reichhart.
Ziel des Ausbaus der Strecke durch den Bund ist es, die Fahrzeit im dann zweistündlich angebotenen Fernverkehr zwischen München und Zürich auf unter drei Stunden und 30 Minuten zu verkürzen. Auch der Regionalverkehr zwischen München, Memmingen und Lindau, der bisher mit dieselbetriebenen Fahrzeugen gefahren wird, soll aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen nach Fertigstellung des Ausbaus elektrisch betrieben werden. Diese Verkehrsleistungen im künftigen E-Netz Allgäu hatte die BEG gemeinsam mit Baden-Württemberg daher 2017 europaweit ausgeschrieben.
Den Zuschlag erhielt das Verkehrsunternehmen Go-Ahead, das ab Ende 2021 nach Vorgaben der BEG mit Elektrotriebwagen und einem deutlich erweiterten und beschleunigten Angebot sowie mehr Direktverbindungen auf der elektrifizierten Strecke startet. Fahrgäste können dann zum Beispiel jede zweite Stunde eine neue schnelle Regionalzugverbindung zwischen München und Memmingen nutzen, deren Fahrzeit sich gegenüber dem heutigen Regionalzugangebot um etwa eine halbe Stunde verkürze. Zwischen Memmingen und Lindau weitet die BEG das Angebot auf einen Stundentakt aus. Zudem gibt es künftig im Regionalverkehr zweistündlich Direktverbindungen von München ins Württembergische Allgäu, zum Beispiel nach Leutkirch und Wangen. Ab Juni 2020 weitet die BEG in der Region auf der Strecke Kaufbeuren - Füssen das Angebot frühmorgens und spätabends aus.
In Kaufbeuren gibt es Bedenken zu den Plänen
Bedenken gab es etwa aus Kaufbeuren und den anderen Teilen des Allgäus, die nicht elektrifiziert sind. Stefan Bosse, Oberbürgermeister von Kaufbeuren und Vorsitzender des Regionalen Planungsverbands Allgäu erklärt: „Wir haben durch die Informationsveranstaltungen der BEG ein gemeinsames Verständnis entwickelt, was derzeit machbar und ökologisch ist. Wir werden uns weiterhin für die Elektrifizierung weiterer Allgäuer Strecken einsetzen, sodass sich langfristig die Anzahl der Direktverbindungen Richtung München wieder erhöht.“
Laut Fuchs gilt künftig die Devise: „So wenig wie möglich Diesel unter Fahrdraht, aber weiterhin Direktverbindungen in die Landeshauptstadt aus allen Teilen des Allgäus. Zwischen diesen beiden Zielen mussten wir einen Kompromiss finden.“
Deshalb reduziert die BEG im neuen Fahrplankonzept ab Ende 2021 teilweise die Zahl der umsteigefreien Verbindungen aus dem Ober- und Ostallgäu nach München. Das heißt, die Fahrgäste müssen künftig öfter in Buchloe umsteigen. Aber: Wichtige Direktverbindungen aus dem südlichen Allgäu nach München bleiben bestehen, es gebe meist sogar mehr Verbindungen. Auch in Bad Wörishofen würde künftig gelten: Diesel unter Fahrdraht. Doch Michael Scharpf aus der Kneippstadt sieht die Strecke deshalb nicht gefährdet.
Viel Verkehr aus Bad Wörishofen geht nach Augsburg
Scharpf war viele Jahre lang Regionalbeauftragter des Fahrgastverbandes Pro Bahn, hat dieses Amt nun aber auf eigenen Wunsch abgegeben. „Ich wollte etwas kürzer treten“, sagt er dazu. Scharpf sagt, er mache sich keine Sorgen um den die Bahn-Anbindung von Bad Wörishofen. „Die Auslastung ist nicht schlecht und es gibt langfristige Verträge“, berichtet er. Außerdem gehe viel Verkehr aus Bad Wörishofen in Richtung Augsburg. Auf dieser Strecke gebe es ohnehin keinen Fahrdraht, da seien weiterhin Dieselloks im Einsatz. Zudem wäre es „aus dem Klimaanspekt idiotisch, die Strecke Bad Wörishofen - Türkheim einzustellen“, findet er.
Auch die Fahrzeuge, die im Allgäu künftig zum Einsatz kommen, waren bei den Informationsveranstaltungen ein Thema. Mehrfach gab es Wortmeldungen, ob auf den nicht elektrifizierten Strecken die Dieselzüge nicht durch Fahrzeuge mit alternativen Antriebstechnologien ersetzt werden könnten, zum Beispiel mit reinen Akku- oder zusätzlichen Wasserstoff-Brennstoffzellenantrieben. Bis 2030 wird das aufgrund bestehender Verträge aber nicht gehen. Derzeit stünden auch zu kurze Akkulaufzeiten und zu wenig Dynamik und Tempo der Wasserstoffantriebe entgegen. Man wolle deshalb auch nach 2030 an der Neigetechnik festhalten – dann allerdings nach Möglichkeit auch mit Alternativantrieben. Auch Scharpf hofft, dass alternative Antriebe zum Einsatz kommen.
Akkuantriebe für Züge zwischen Türkheim und Bad Wörishofen?
Die Strecke zwischen Bad Wörishofen und Türkheim wäre dazu geeignet, findet er. Loks könnten für die kurze Strecke auf Akkubetrieb umschalten, findet Scharpf. Als Beispiel nennt er die französische Stadt Nizza, wo Batteriebetrieb bereits funktioniere, dort allerdings im Trambahn-Bereich.
Grundsätzlich fordere man vom Freistaat, aber auch vom Bund, dass weitere Strecken im Allgäu elektrifiziert werden, so Fuchs. Insgesamt ist Scharpf mit den Plänen der Bahn zufrieden. „Für uns ergeben sich daraus keine Verschlechterungen, im Gegenteil.“ Es gebe künftig mehr Angebot. Die Verbindungen selbst würden schneller werden, sagt Scharpf.
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