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Bad Wörishofen: Ade Hotelbetrieb: Neue Zukunft fürs Sebastianeum Bad Wörishofen

Bad Wörishofen

Ade Hotelbetrieb: Neue Zukunft fürs Sebastianeum Bad Wörishofen

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    Das Sebastianeum an Bad Wörishofens Kurpromenade wurde vor 130 Jahren von Pfarrer Sebastian Kneipp gegründet. Das Haus gehört dem Orden der Barmherzigen Brüder.
    Das Sebastianeum an Bad Wörishofens Kurpromenade wurde vor 130 Jahren von Pfarrer Sebastian Kneipp gegründet. Das Haus gehört dem Orden der Barmherzigen Brüder. Foto: Markus Heinrich

    Kneipps letzte verbliebene Stiftung erfährt just im Kneippjahr einen radikalen Kurswechsel. Die Barmherzigen Brüder geben den Hotelbetrieb im Sebastianeum Bad Wörishofen auf und setzen einen neuen Schwerpunkt, der Kneipps Erbe allein in den Vordergrund stellt.

    Pfarrer Sebastian Kneipp selbst gründete vor 130 Jahren das Sebastianeum, das Bad Wörishofens Kurpromenade prägt. Zu den Kneipp‘schen Stiftungeng gehörten auch das sogenannte Kinderasyl und das Kneippianum am Kurpark. Der Orden der Barmherzigen Brüder, dem die Gebäude gehören, hat zwei der drei Stiftungen zwischenzeitlich geschlossen. Für das Sebastianeum gibt es nun ein völlig neues Konzept. Von einer Neuausrichtung spricht der Orden und gibt die Losung aus: „Mit Prävention und Reha in eine gute Zukunft“. Wenn das Sebastianeum am 1. September wieder für Gäste öffnet, gilt dort: „hochwertige Therapie und Medizin statt Hotel“. Das teilte der Orden unserer Redaktion mit. Das Sebastianeum und die Barmherzigen Brüder haben eine lange gemeinsame Geschichte. „Ich habe die Barmherzigen Brüder hierher berufen, damit diese meine Methode vollständig erlernen und nach meinem Tode weiterführen“, hinterließ Kneipp.

    Vorsorge und Reha stehen im Sebastianeum Bad Wörishofen künftig im Mittelpunkt

    Kneipps Lehre steht künftig allein im Mittelpunkt. Von einem „zukunftsweisenden und anspruchsvollen medizinischen Konzept“ spricht der Orden dabei. „Das Sebastianeum setzt künftig ganz auf Rehabilitation und Vorsorge und nicht mehr wie bisher auf einen Hotelbetrieb.“ Das 4-Sterne-Hotel sei damit Geschichte. „Fachlich anspruchsvolle medizinische Prävention und Rehabilitation stehen künftig wieder für die Kernkompetenz des Sebastianeums“, teilt der Orden mit. Das Haus richte sich dann vor allem an Patienten, deren Aufenthalt von den Krankenkassen finanziert wird und an Gäste, die selbst für Gesundheitsvorsorge oder Reha bezahlen.

    Karin Lüpken verantwortet vor Ort als Gesamtleiterin die Neuausrichtung des Sebastianeums. Sie betont: „Dafür haben wir in den vergangenen beiden Jahren rund drei Millionen Euro ausgegeben. Weitere Investitionen in die Zukunftsfähigkeit des Betriebs werden folgen, um den Standort und Arbeitsplätze zu sichern.“ Diese Investition habe man nur durch den Verkauf des Kneippianums in Bad Wörishofen stemmen können. Dieser hatte für großen Wirbel in der Kneippstadt gesorgt und auch die Frage nach der Zukunft des Sebastianeums aufgeworfen. „Wir stehen zum Sebastianeum und zum Erbe Sebastian Kneipps und unternehmen große Anstrengungen, das Haus in eine gute und sichere Zukunft zu führen“, sagt nun Ansgar Dieckhoff. Er ist als Verwaltungsdirektor für die kaufmännischen Fragestellungen und Immobilienangelegenheiten der Barmherzigen Brüder verantwortlich. Er hatte immer betont, das Sebastianeum mit dem Erlös aus dem Kneippianum zukunftsfest machen zu wollen.

    Warum Hotel- und Kurbetrieb im Sebastianeum gleichzeitig auf Dauer nicht funktioniert

    Die Gleichzeitigkeit von Vier-Sterne-Hotel mit vielen zahlenden Kunden und Kurbetrieb mit deutlich weniger Gästen könne auf Dauer nicht funktionieren, erklärt Lüpken. Sie arbeitet seit ihrem Amtsantritt 2019 an dem Strukturwandel. Die Hotelgäste würden für Zimmer und die Verpflegung bezahlen, medizinische Leistungen aber oft nur spontan und sporadisch in Anspruch nehmen. „Gleichzeitig stellt das Sebastianeum aber alleine mehr als 30 angestellte Mediziner,Therapeuten und examinierte Pflegekräfte bereit und bietet medizinische Versorgung und Gesundheitsleistungen praktisch rund um die Uhr“, erläutert der Orden. Wenn diese Angebote nicht ausgelastet werden, gehe die Schere zwischen Aufwand und Einnahmen strukturell auseinander. „Die Coronavirus-Pandemie hat diese Probleme nun noch deutlicher werden lassen“, teilt der Orden mit. „Deshalb musste eine Entscheidung fallen: Hotelbetrieb oder Medizin.“

    Mit Blick auf die Geschichte des Hauses und das Erbe Kneipps sei die Entscheidung klar gewesen. Man kehre zu historischen und medizinischen Wurzeln zurück und blicke zugleich nach vorne. In einer Gesellschaft mit steigender Lebenserwartung nähmen Gesundheitsleistungen einen immer größeren Stellenwert ein. Damit seien sie ein Wachstumsmarkt.

    Erste Richtungskorrektur schon vor der Corona-Zwangspause

    Bestärkt wurde der Orden durch eine erste, sanfte Richtungskorrektur Lüpkens. Die Gesamtleiterin hatte bereits vor der Zwangspause in der Corona-Pandemie Hotelzimmer nur noch in Kombination mit bestimmten medizinischen Leistungspaketen vergeben. Die Erfahrungen seien positiv.

    Zum 1. September nun stellt das Sebastianeum komplett auf Vorsorge und Reha um. Reha-Behandlungen werde es zu vier Indikationen geben: Krankheiten des Herzens und des Kreislaufes, degenerative und rheumatische Erkrankungen des Bewegungsapparates, Stoffwechselerkrankungen sowie psychosomatisch-psychovegetative Erkrankungen. Zudem gebe es ein Konzept zur Behandlung von Patienten mit Corona-Folgeerkrankungen, besser bekannt unter der Bezeichnung Long-Covid.

    „Wir haben hoch qualifizierte Mitarbeitende hier bei uns im Sebastianeum. Wir sind therapeutisch und medizinisch hervorragend aufgestellt und können eine große Fachkompetenz bieten“, unterstreicht Karin Lüpken die besondere Stellung des Sebastianeums in der Region. Die Belegschaft wurde unlängst über die Neuausrichtung informiert. Mehr als 80 Menschen arbeiten dort, verteilt auf 65 Stellen. Es werde personelle Veränderungen geben, kündigt der Orden an. Unter dem Strich solle sich aber an der Zahl der Beschäftigten nichts ändern. Umgebaut wurde in den vergangenen Monaten ebenfalls. Es gibt nun einen Raum der Begegnung. Er ist aus dem einem der bisherigen Speisesäle und der Cafeteria entstanden. Er ist Empfang, Treffpunkt und Ort für Buffets, Veranstaltungen oder Seminare gleichermaßen.

    Das Sebastianeum Bad Wörishofen:

    • 200 Jahre Kneipp, 130 Jahre Sebastianeum: ein Doppeljubiläum.
    • Kneipp gründete das Haus 1891 einst als Priesterkurhaus, als immer mehr Gäste nach Bad Wörishofen kamen. Ausschlaggebend war Kneipps Buch „Meine Wasserkur“.
    • Am 7. Juli 1891 hielt Kneipp seine erste Sprechstunde im neuen Haus, am 10. Juli waren dort rund 100 Kurgäste vor Ort.
    • Zunächst kümmerten sich die Mallersdorfer Schwestern um die Gäste. Kneipp bat aber die Barmherzigen Brüder um Mithilfe, weil in dem Haus ausschließlich Männer untergebracht waren.
    • Am 1. Oktober 1892 bezogen die ersten Barmherzigen Brüder das Gebäude: Bonifaz Reile, Benno Perschlmeier und später Max Schips. Am 25. November 1893 übergab Kneipp das Sebastianeum vertraglich dem Orden der Barmherzigen Brüder.
    • 1894 wurde der Anbau vollendet.
    • 1958 wurde die Raphaelschwesternschaft gegründet. Sie sollte die Barmherzigen Brüder im Sebastianeum unterstützen. Das Haus hatte nun über 250 Betten, die Barmherzigen Brüder durch einen Rückgang der Ordenseintritte aber nicht mehr genügend Helfer. Quelle: Barmherzige Brüder

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