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Bad Wörishofen: 30 Polizeieinsätze, zwei tödliche Attacken: Was tun mit dem ehemaligen Kurhotel?

Bad Wörishofen

30 Polizeieinsätze, zwei tödliche Attacken: Was tun mit dem ehemaligen Kurhotel?

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    In diesem ehemaligen Kurhotel in Bad Wörishofen wurde eine Frau umgebracht. Das Gebäude dient mittlerweile als Arbeiterwohnheim. Es ist nicht die erste Bluttat dort.
    In diesem ehemaligen Kurhotel in Bad Wörishofen wurde eine Frau umgebracht. Das Gebäude dient mittlerweile als Arbeiterwohnheim. Es ist nicht die erste Bluttat dort. Foto: Markus Heinrich

    Der grausame Tod einer 35-jährigen Frau, die in der Nacht zum Sonntag offenbar von einem 27-jährigen Bekannten durch mehrere Messerstiche getötet wurde, hat die Kneippstadt in einen Schockzustand versetzt. „Was ist nur aus Bad Wörishofen geworden?“, schüttelt ein Einheimischer den Kopf und erinnert daran, dass es im selben Gebäude schon einmal zu einem brutalen Tötungsdelikt gekommen ist. Damals wie heute wurden Rufe nach mehr Sicherheit laut, denn insbesondere die Nachbarn berichten von Randale und lautstarken Auseinandersetzungen unter den vielen Menschen, die im ehemaligen Kurheim Raffler offenbar auf engstem Raum untergebracht sind.

    Ein Anwohner, der aufgrund der angespannten Lage in der Peter-Dörfler-Straße anonym bleiben möchte, beklagt die Wohnumstände in der Arbeiterunterkunft. Diese Wohnsituation „gehört kritisch hinterfragt“, mahnt er. Das frühere Kurheim gehöre seinen Aussagen zufolge einem „Wörishofer Unternehmer“. Nähere Angaben konnte der Anwohner jedoch nicht machen. Er vermutet jedoch, dass mit dem stark belegten Haus ein „Riesenprofit“ gemacht werde. Der Anwohner kann niemanden erkennen, der Verantwortung für das frühere Kurheim und zum Beispiel Hausmeister- oder Kontrolldienste übernehme. Die Bewohner würden frühmorgens von Kombis abgeholt. Diese ordnet der Anwohner Unterallgäuer Baufirmen zu.

    Die Polizei sorgt in dem ehemaligen Kurhotel für Ordnung - aber nicht lange

    Ruhestörungen und Alkoholexzesse seien an der Tagesordnung, beschreibt eine Anwohnerin die Situation in der sonst so ruhigen Nebenstraße im Bad Wörishofer Stadtkern: „Dann kommt zwar auch die Polizei und sorgt für den Moment für Ruhe und Ordnung. Aber dann geht’s wenig später meist genauso weiter. Wir Nachbarn sind die Leidtragenden und werden dann auch noch angepöbelt oder als ,Spießer’ beschimpft. Da bekommt man es schon mit der Angst zu tun“, schildert eine Frau die Umstände. Dies ist auch der Grund, warum sie ihren Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will: „Dafür ist das hier zu krass!“

    Bei der Polizeiinspektion Bad Wörishofen ist das Arbeiterwohnheim als Schwerpunkt für Alkohol- und Gewaltdelikte hinlänglich bekannt. Allein in den vergangenen zwei Jahren registrierte die örtliche Polizei knapp 30 Einsätze, so Bad Wörishofens Polizeichef Thomas Maier. Dennoch wollte er nicht von einem „Brennpunkt“ sprechen. Er setzt nach wie vor auf die „soziale Kontrolle“ durch die Nachbarschaft und fordert Betroffene in jedem Fall auf, sich umgehend an die Polizei zu wenden.

    Vor drei Jahren starb ein 46-Jähriger in dem Haus in Bad Wörishofen

    Wie schlimm die Situation in dem ehemaligen Kurheim war, zeigte sich auch beim Prozess um den Tod eines 46-Jährigen, der in seinem Zimmer bei einem Gewaltexzess totgeschlagen worden war (Mehr dazu hier: Tödlicher Gewaltexzess im ehemaligen Kurheim - Angeklagte schweigen). Zeugen schilderten dabei, dass es immer wieder zu Alkoholexzessen, Schlägereien und Saufgelagen gekommen sei. Einmal sei eine Frau auf offener Straße verprügelt worden, sagte ein Zeuge bei dem Prozess aus.

    Drei Angeklagte, am Ende ein Verurteilter. Der Prozess nach dem gewaltsamen Tod eines Mannes in Bad Wörishofen fand ein überraschendes Ende.
    Drei Angeklagte, am Ende ein Verurteilter. Der Prozess nach dem gewaltsamen Tod eines Mannes in Bad Wörishofen fand ein überraschendes Ende. Foto: Kramer/Archiv

    Das ehemalige Kurheim werde vor allem von Männern bewohnt, die offenbar vorwiegend aus osteuropäischen Ländern stammen und in Firmen in der Umgebung von Bad Wörishofen ihren Lebensunterhalt verdienen.

    Bad Wörishofens Bürgermeister Stefan Welzel wurde Sonntagfrüh um 8 Uhr vom Leiter des Ordnungsamtes über den tragischen Vorfall informiert, schildert Welzel den Erhalt der Nachricht über den Todesfall in der Peter-Dörfler-Straße. „Im Anschluss habe ich mich sogleich mit dem Chef der örtlichen Polizeiinspektion Thomas Maier in Verbindung gesetzt.“

    Im Bad Wörishofer Rathaus herrscht Trauer und Entsetzen

    Einen Tag später herrscht bei der Stadtverwaltung Trauer und Entsetzen, dass eine Gemeindebürgerin auf diese Weise ums Leben gekommen ist. „Der Wunsch, künftige Verbrechen an dem Tatort und auch insgesamt zu verhindern, ist dabei natürlich riesengroß“, so Bürgermeister Stefan Welzel. Nach einer Lagebesprechung am Montag werde man zunächst diverse Gespräche führen. „Das Ganze passierte zwar im privaten Bereich, dennoch kann man verstehen, dass ein zweites Tötungsdelikt unter gleicher Adresse nicht nur Nachbarn zu denken gibt.“

    Ordnungsamtsleiter Marcus Kleebaur weist gleichzeitig auf ein Dilemma hin: „Der Blick in die Gesetze für mögliche Handlungsspielräume ist durchaus ernüchternd. Die Stadt Bad Wörishofen hat als Sicherheitsbehörde den Auftrag Gefahren der öffentlichen Sicherheit abzuwehren und Störungen zu beseitigen, sie darf aber dabei nur Maßnahmen ergreifen, die ausdrücklich im Rechtssystem vorgesehen sind.“ Das Handlungsfeld Kapitalverbrechen, wie Mord, sei zunächst einmal Sache der Staatsanwalt und der Polizei.

    Was Kommunen wie die Stadt Bad Wörishofen tun können - oder nicht

    Kommunen könnten letztlich in diesem Zusammenhang „nur präventiv und informativ handeln“. Das Mietshaus, in dem sich in der Nacht zum Sonntag die grausame Messerattacke ereignet hatte, sei ja schon einmal Schauplatz eines ähnlichen Verbrechens gewesen. Man stelle sich die Frage, so Welzel: „Was kann die Kommunalbehörde nun tun?“

    Hier seien die privaten Grundrechte des Eigentümers beziehungsweise Vermieters sowie der Mieter zu beachten und daher ordnungsrechtliche Eingriffe nicht zulässig. „Wir lassen das dennoch nicht einfach auf sich beruhen, sondern werden insbesondere die Eigentümer und die Hausverwaltung auf die Umstände sensibilisieren“, resümiert Welzel, der in die Angelegenheit auch seinen Zweiten Bürgermeister Daniel Pflügl mit einbezieht. Pflügl ist Kriminalhauptkommissar. Man hoffe auf eine freiwillige Selbstregulierung, so Ordnungsamtschef Kleebaur. Es bleibe zu hoffen, dass sich durch die Ansprache und die Einsicht „nachhaltige Veränderungen in diesem Mietshaus einstellen“, sagt Kleebauer: „Das wäre wünschenswert und dringend notwendig.“

    Gleichzeitig werde man sich eng mit der örtlichen Polizei abstimmen. Diese könne zumindest, gemeinsam mit der Sicherheitswacht, das nähere Umfeld im Auge behalten, so Welzel und Kleebaur.

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