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Bad Wörishofen: 200 Jahre Kneipp: Botschafter in der Hauptstadt der Kneippianer

Bad Wörishofen

200 Jahre Kneipp: Botschafter in der Hauptstadt der Kneippianer

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    Yasmin Scholten und ihre Söhne Luis (im Stehen) und Ben sind leidenschaftliche Kneipp-Anhänger.
    Yasmin Scholten und ihre Söhne Luis (im Stehen) und Ben sind leidenschaftliche Kneipp-Anhänger. Foto: Bernhard Ledermann

    Sie sind die heimlichen Botschafter von Pfarrer Sebastian Kneipp. Oft unbeachtet von der Öffentlichkeit setzen viele Bad Wörishofer die visionären Ideen von Sebastian Kneipp in die Wirklichkeit um. Sie sind echte Kneipp-Begeisterte. Als überzeugte Kneippianer erzählen sie ihren Mitmenschen, wie die Kneippsche Heilmethode wirkt. Sie geben Ratsuchenden Ratschläge. Unter allen Generationen finden sich in der Kneippstadt Kneipp-Fans. Sie feiern in diesen Tagen den 200. Geburtstag von Pfarrer Sebastian Kneipp, der sich am 17. Mai jährt. Der Jubeltag ist für manche aber auch ein Grund zum Nachdenken – gerade in diesem Kneippjahr 2021, das so anders verläuft, als sie sich das noch vor einem guten Jahr vorgestellt hatten.

    Noch immer hat die Corona-Krise die Menschen im Land im Griff. Die Hotels des Kneipp-Heilbades Bad Wörishofen sind seit Monaten geschlossen. Es betrübe sie schon etwas, dass nur wenige Veranstaltungen zum 200. Geburtstag stattfinden können, meint Katharina Schrembs. Aber sie erkennt in der aktuellen Entwicklung auch positive Seiten. Als gläubige Katholikin und aktives Mitglied der Bad Wörishofer Stadtpfarrei St. Justina ist sie dem früheren Pfarrer von Wörishofen schon immer eng verbunden.

    Max Link entstammt einer Wörishofer Hoteliersfamilie. Er ist überzeugt, dass Kneipps Therapie bei vielen Krankheiten helfe.
    Max Link entstammt einer Wörishofer Hoteliersfamilie. Er ist überzeugt, dass Kneipps Therapie bei vielen Krankheiten helfe. Foto: Bernhard Ledermann

    „Ich finde es gut, dass der Priester und Seelsorger Kneipp völlig unerwartet in den Vordergrund gerückt ist“, sagt Katharina Schrembs. Sie spielt damit auf die vielen Initiativen der Pfarrei St. Justina und von Pfarrer Andreas Hartmann an, zum Beispiel den großen Festgottesdienst mit dem Augsburger Bischof Bertram Meier an diesem Sonntag, der im Fernsehsender k-tv live übertragen wird. Schrembs selbst, die in der Bad Wörishofer Hubertus-Apotheke arbeitet, sagt von sich, sie sei „total überzeugt von Kneipp.“ In ihrer Dusche hat sie schon lange einen Kneippschlauch installiert. Die 41-jährige Kneippianerin schwört auf Güsse und – besonders im Sommer – auf das Wassertreten. „Es ist so erfrischend und wohltuend“, schwärmt sie und denkt dabei an das lange Stehen im Beruf und die belebende Wirkung des kühlen Wassers.

    Pfarrer Kneipps Heilmethode kennt Schwester Noemi Leitl erst seit sieben Jahren. Seitdem zählt sie sich zu den Kneipp-Fans.
    Pfarrer Kneipps Heilmethode kennt Schwester Noemi Leitl erst seit sieben Jahren. Seitdem zählt sie sich zu den Kneipp-Fans. Foto: Bernhard Ledermann

    Welch gesundheitsfördernde Wirkung die Kneipptherapie hat, weiß auch Liane Huber. Ihre Lebensgeschichte weist manche spektakulären Änderungen auf. Auch wegen seiner Durchhaltekraft fasziniert sie Sebastian Kneipp. Huber kam 1989, kurz nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs, als junge Frau von Thüringen in die Kneippstadt. Von Pfarrer Kneipp hatte sie bis zu diesem Zeitpunkt noch nichts gehört. In Bad Wörishofen kam sie schnell mit Kneipp in Berührung und hatte einen Traum: sie wollte unbedingt Kneipp-Bademeisterin werden.

    Beharrlich, wie einstmals Pfarrer Kneipp, der immer Priester werden wollte, hielt auch Liane Huber an ihrem Vorhaben fest. Vor zwei Jahren absolvierte sie dann den Kurs zur Kneipp-Bademeisterin und arbeitet seitdem im Kneipphotel Angerhof. In der Bäderabteilung würden sich die Mitarbeiter auch gegenseitig Anwendungen verabreichen, erzählt Huber. „Ich bin neuerdings sehr entspannt“, hat sie festgestellt und führt diese Wirkung auf die Wasseranwendungen zurück.

    Das Wassertreten ist für Katharina Schrembs immer eine große Wohltat. Das Schneetreten nach Pfarrer Kneipp scheue sie eher, gesteht sie.
    Das Wassertreten ist für Katharina Schrembs immer eine große Wohltat. Das Schneetreten nach Pfarrer Kneipp scheue sie eher, gesteht sie. Foto: Bernhard Ledermann

    Kein Spätberufener, sondern von Kindheit an mit Kneipp vertraut ist der 18-jährige Moritz Holzbock. Er ist im Luxus-Kneipphotel Fontenay aufgewachsen. Jetzt steckt er mitten im Abitur und plant seine Zukunft. Im Herbst beginnt er eine Lehre zum Koch – standesgemäß im Schwarzwälder Luxushotel Bareiss in Baiersbronn. Holzbock zählt zu den jungen Kneippbegeisterten. Kneipp hält er für die beste Gesundheitsprävention, die es gibt.

    Bei einer Mandelentzündung schwört der 18-Jährige Moritz Holzbock auf Kneipp

    Aber auch bei Krankheiten wirke Kneipp lindernd, weiß der junge Kneippianer, auch aus eigener Erfahrung. Bei einer Mandelentzündung ließ er sich Halswickel und Quarkwickel anlegen. Sie hätten bestens geholfen. Holzbock möchte „in acht bis zehn Jahren“ das Hotel Fontenay von seinen Eltern übernehmen. Bis dahin will er viel lernen und studieren. Er mahnt: „Wir müssen Kneipp richtig verkaufen.“ Kneipp könnte auch bei jüngeren Menschen wieder mehr Anklang finden, ist der Nachwuchs-Hotelier überzeugt. Er erinnert sich daran, dass Pfarrer Kneipp in der Wörishofer Pfarrer-Kneipp-Grundschule ausführlich besprochen wurde. In den weiterführenden Schulen sei Kneipp und sein Gesundheitssystem jedoch kein Thema mehr. „Gerade im Unterallgäu sollten wir uns aber mehr mit Kneipp beschäftigen“, fordert Moritz Holzbock. Er hält Kneipp für hochaktuell.

    Moritz Holzbock hilft schon seit einigen Jahren im Hotel der Eltern mit. Er plant derzeit seine berufliche Zukunft und setzt dabei auf Pfarrer Kneipp.
    Moritz Holzbock hilft schon seit einigen Jahren im Hotel der Eltern mit. Er plant derzeit seine berufliche Zukunft und setzt dabei auf Pfarrer Kneipp. Foto: Bernhard Ledermann

    Darin ist er sich mit Yasmin Scholten einig. Sie hat Tourismusmanagement studiert und sich in ihrem Studium immer wieder mit Kneipp beschäftigt. Kneipp habe sie schon immer fasziniert. „Ich stamme ja aus Bad Wörishofen und habe schon als Kind Kneipp gelebt“, stellt sie fest und sagt es so, als ob es doch selbstverständlich sei, dass die Bad Wörishofer aufrichtige Kneipp-Botschafter sein müssten. Mittlerweile betreibt Yasmin Scholten ein Pilates-Studio in Bad Wörishofen. „In unserer Sitzgesellschaft und in unserer Leistungsgesellschaft ist Kneipp so wichtig“, stellt sie fest.

    "Pfarrer Kneipp war seiner Zeit voraus", sagt Pilates-Lehrerin Yasmin Scholten aus Bad Wörishofen

    „Pfarrer Kneipp war seiner Zeit so weit voraus“, sagt sie voller Bewunderung für den Wasserdoktor aus dem 19. Jahrhundert. Sie selbst habe sich auf das Element der Bewegung konzentriert, auch wenn sie weiß, dass alle fünf Wirkprinzipien Kneipps ihre je eigene Bedeutung haben. „Ich glaube, Pfarrer Kneipp hätte Pilates gut gefunden“, vermutet Scholten und meint das ganzheitliche Körpertraining, das auf den Bewegungstrainer Joseph Pilates zurückgeht. Scholten wirbt in ihren Kursen oft für Pfarrer Kneipp und für die Beachtung seiner Heilmethode. Ihr gefällt es, dass er in Bad Wörishofen bis heute wertgeschätzt wird.

    Für Liane Huber ist ein Traum Wirklichkeit geworden: sie hat sich zur Kneipp-Bademeisterin ausbilden lassen. Auch mit Kneipps Kräutertherapie kennt sie sich aus.
    Für Liane Huber ist ein Traum Wirklichkeit geworden: sie hat sich zur Kneipp-Bademeisterin ausbilden lassen. Auch mit Kneipps Kräutertherapie kennt sie sich aus. Foto: Bernhard Ledermann

    Wie Yasmin Scholten ist Max Link froh, dass Kneipp auch den jüngsten Kneippstädtern vermittelt wird. „Unsere Kinder erleben im Kneipp-Kindergarten St. Anna schon Kneipps Lehre“, berichtet Max Link, der seit 20 Jahren im familieneigenen Hotel Germania arbeitet. Das Hotel ist die Lebensaufgabe seiner Familie. Seine Mutter führe das Hotel seit sage und schreibe 60 Jahren, berichtet er voller Anerkennung. Natürlich verschweigen die Hoteliers das derzeitige Hoffen und Bangen nicht. Seit sieben Monaten kommen keine Kur- und Urlaubsgäste mehr in die Kneippstadt. Sie hoffe schon, dass das Kneipp-Kurhaus St. Josef bald wieder geöffnet werden könne, sagt Schwester Noemi Leitl.

    So kommt Naomi Lesti in der Wörishofer Natur zur Ruhe

    Sie ist seit sieben Jahren die Oberin der Mallersdorfer Schwestern im Kurhaus St. Josef. Der Ordensfrau liegt vor allen Dingen die Ordnungstherapie am Herzen. „Ich habe schon öfter von Ärzten gehört, dass Menschen, die glauben und beten, schneller gesund werden“, sagt Schwester Noemi. „Viele Menschen sind so nervös“, hat die Mallersdorfer Schwester festgestellt. Sie sieht es als ihre Aufgabe, die Seele der Menschen, die in ihr Haus kommen, aufzuheitern und die Lasten zu nehmen. Das macht sie vor allem in Gesprächen mit den Gästen.

    Schwester Noemi rät zu Zeiten der Stille. Außerdem betont sie den Wert der Achtsamkeit. „Die Schöpfung Gottes hilft uns, zur Ruhe zu kommen“, sagt die Ordensfrau und empfiehlt regelmäßige Gänge in den Wald und in die Natur. „Wenn ich in der Natur bin, lerne ich auch die Achtsamkeit“, erklärt sie und sagt, was die Ordnungstherapie für sie bedeutet: im Einklang zu sein – mit Gott, seiner Schöpfung, den Mitmenschen und sich selbst. Schwester Noemi ist davon überzeugt, dass Pfarrer Kneipp von dieser Ordnung nicht nur gesprochen, sondern sie auch gelebt hat: „Es ist einfach bewundernswert, was dieser einfache Mensch für die anderen Menschen getan hat.“

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