Startseite
Icon Pfeil nach unten
Mindelheim
Icon Pfeil nach unten

Archäologie: Ausgrabung nahe Schlingen: Wie Weihnachten mit viel Lehm

Archäologie

Ausgrabung nahe Schlingen: Wie Weihnachten mit viel Lehm

    • |
    Hubert und Ingrid Göppel aus Pforzen gehören zu den wenigen freiwilligen Helfern, die heuer nach Fossilien in der Hammerschmiede suchen dürfen (Foto unten links). Die Paläontologin Madelaine Böhme (Foto unten rechts) hatte in der Ostallgäuer Tongrube die Überreste von Menschenaffe Udo entdeckt. Seit Mittwoch graben Wissenschaftler und Helfer nun wieder.
    Hubert und Ingrid Göppel aus Pforzen gehören zu den wenigen freiwilligen Helfern, die heuer nach Fossilien in der Hammerschmiede suchen dürfen (Foto unten links). Die Paläontologin Madelaine Böhme (Foto unten rechts) hatte in der Ostallgäuer Tongrube die Überreste von Menschenaffe Udo entdeckt. Seit Mittwoch graben Wissenschaftler und Helfer nun wieder.

    Vermutlich den Schwanzwirbel einer Ur-Robbe hat Ingrid Göppel schon gefunden, und das obwohl sie erst seit zwei Tagen gräbt. Ist ein Fund wichtig, bekommt er eine Nummer. Ein orangenes Fähnchen markiert die Stelle, an dem der Knochen einmal lag.

    Das helfe den Wissenschaftlern später, die Funde ein- und zuzuordnen. Säbelzahnkatze, Panda, Hirschferkel und Alligatorschildkröte, auf diese Urzeittiere könnte Göppel in den nächsten Tagen noch stoßen. Sie alle sind in der Tongrube am Ortsrand von Pforzen, unweit von Schlingen, schon aufgetaucht. Doch der wohl bekannteste Fund aus der Hammerschmiede ist „Danuvius guggenmosi“, ein aufrecht gehender Menschenaffe mit Spitznamen Udo.

    Um heuer nach Fossilien zu suchen, haben sich über 200 Freiwillige gemeldet. Mitgraben dürfen jetzt nur Wenige – darunter Göppel und ihr Mann Hubert. Sie sind praktisch „Udos Nachbarn“, sagt die Pforzenerin lächelnd, wohnen nur ein paar Meter weiter und haben schon öfters bei den Ausgrabungen mitgeholfen. „Ich weiß nicht, ob ich mich so dafür interessiert hätte und so euphorisch wäre, wenn ich nicht selbst mitgegraben hätte.“

    Eine Helferin findet es schade, dass nur so wenige Menschen in die Tongrube dürfen

    Daher findet sie es schade, dass dieses Jahr nur so wenige Helfer in die Tongrube dürfen. Vor allem, da viele bereits darauf hingefiebert haben. „Einige stehen seit Juni mit gepackten Koffern da“, erzählt Hubert Göppel. Ursprünglich wollten die Forscher damals schon graben. Stattdessen begannen langwierige Vertragsverhandlungen.

    Kleinere Fragmente landen erst mal in „Knochenboxen“, später werfen die Forscher einen genauen Blick darauf. „Da gibt es manchmal Überraschungen“, sagt Madelaine Böhme, Udos Entdeckerin. Beispielsweise Menschenaffen–Zähne. Natürlich würde sie sich sehr freuen, wenn es gelingt, Udos Skelett zu vervollständigen. Aber: „Wir graben aus, was kommt. Wenn ich jetzt sage: Ich möchte einen Schädel von ’Danuvius’ finden, würde ich vielleicht eine unbekannte Art übersehen.“

    Eine Studentin hofft auf den großen Fund bei Pforzen in der Nähe von Schlingen

    An einem Hang steht Sally Erkens mit Spachtel und Schaufel, neben ihr reihen sich die orangenen Fähnchen aneinander. „Hier zieht sich eine Linie entlang, deswegen hoffe ich, dass wir hier noch mehr finden“, sagt die Studentin aus Freiburg. Für Paläontologie habe sich die 22-Jährige schon immer interessiert. Dann sah sie eine Dokumentation auf Arte, in der Madelaine Böhme auf eine Spurensuche ging. Sich die Frage stellte: „Könnte die Wiege der Menschheit in Europa liegen?“ Und mittendrin: Udo aus dem Allgäu. Mittlerweile plant Erkens, ihre Bachelorarbeit bei der Professorin zu schreiben. Und wie findet sie die Ausgrabungen bisher? „Superspannend. Es ist ein bisschen wie Weihnachten, wenn man die Geschenke öffnet.“ Man müsse auf jeden Fall feinfühlig sein und etwas Geduld mitbringen. Wobei: „Wenn man so fokussiert ist, vergeht die Zeit wie im Flug.“

    Lesen Sie dazu auch:

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden