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Anhofen: Für Lkw-Fahrer Franz Pfluger aus Anhofen hatte die Corona-Krise auch gute Seiten

Anhofen

Für Lkw-Fahrer Franz Pfluger aus Anhofen hatte die Corona-Krise auch gute Seiten

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    Franz Pfluger aus Anhofen ist seit 30 Jahren mit dem Lkw unterwegs und hat seine Berufswahl nie bereut.
    Franz Pfluger aus Anhofen ist seit 30 Jahren mit dem Lkw unterwegs und hat seine Berufswahl nie bereut. Foto: Karl Schmid

    Später einmal einen stattlichen Lastwagen durch die Lande zu lenken, davon träumen viele Kinder. Mit zunehmendem Alter lässt die Begeisterung für diesen Beruf aber merklich nach: In einer Rangliste der unbeliebtesten Berufe Deutschlands findet sich der des Fernfahrers jedenfalls auf Platz drei. Daran hat vermutlich auch die Corona-Krise nichts geändert, zu deren Beginn im Frühjahr die Lkw-Fahrer plötzlich ähnlich wie Pflegekräfte und Kassiererinnen Heldenstatus genossen.

    Der Anhofener sagt, er habe nur seinen Job gemacht

    Einer dieser Helden ist Franz Pfluger aus Anhofen, der sich selbst allerdings gar nicht als solcher sieht. Schließlich hätten er und sein Kollegen ja nur weiter ihren Job gemacht und eben Waren von A nach B geliefert – auch wenn das nicht immer ganz einfach war. Er weiß von einem Kollegen, der damals an der österreichischen Grenze wieder umkehren musste, weil er den erforderlichen Gesundheitstest nicht nachweisen konnte. „Aber was ist das schon im Vergleich zu den Krankenschwestern oder auch den Verkäuferinnen, die in den ersten Monaten ohne Masken oder anderen Schutz hinter den Theken standen?“, fragt er.

    Franz Pfluger ist seit 30 Jahren Lkw-Fahrer – und das durchaus aus Leidenschaft. Geweckt haben die in Kindertagen sein Großonkel und sein Vater, die beide Kraftfahrer waren und den kleinen Franz in den Ferien auf ihren Touren mitgenommen haben. Nach einer Lehre zum Kfz-Mechaniker und fünf Gesellenjahren machte er dann selbst den Lkw-Führerschein. Eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer gab es damals noch nicht und so fing er fast ohne Fahrpraxis bei einem Bauunternehmen als Fahrer an, in einem alten Magirus Deutz Schnauzer ohne synchronisiertes Getriebe: Wollte man schalten, musste man entweder Gas wegnehmen oder Zwischengas geben. „Das war noch echte Handarbeit“, erinnert sich Franz Pfluger schmunzelnd. „Nach acht Stunden am Steuer zog es schon mal in der rechten Hand. Das war kein Vergleich zu heute mit vollautomatisiertem Getriebe, Abstands-, Brems- und Spurassistent. Heute macht der Lkw ja fast alles selber, das ist technisch eine ganz andere Welt.“ Das Fahren sei komfortabler und auch sicherer geworden – aber auch ein Stück weit anstrengender. „Der Verkehr hat immens zugenommen – und der Zeitdruck auch“, sagt der 54-Jährige.

    Die Wochenenden verbringt er meist daheim im Unterallgäu

    Er wechselte 1995 quasi von der Kiesgrube in die Lebensmittelbranche und transportiert seither für ASM Transporte aus Schwabegg Getreide, Malz, Mehl, Stärke und Agrarprodukte zu Lebens- und Futtermittelherstellern in Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Österreich und Italien. Dass er wie andere Fernfahrer tagelang nicht nach Hause kommt, ist dabei eher die Ausnahme, die Wochenende verbringt er in der Regel daheim. Das ermöglicht es ihm auch, im Nebenerwerb ein mobiles Sägewerk zu betreiben, beim Musikverein Siebnach Flügelhorn zu spielen und als Feuerwehrmann der Löschgruppe Anhofen sowie deren Vorsitzender aktiv zu sein.

    Rast- und Firmenparkplätze kennt Franz Pflüger trotzdem zur Genüge. Doch auch hier hat sich im Laufe der Jahre einiges getan: Viele Firmen stellen den Zulieferern inzwischen Sanitäranlagen zur Verfügung und auch die Rastplätze sind in der Regel sehr gut ausgestattet – wie im Übrigen auch die Lastwagen selbst: Einen Kühlschrank gibt es dort inzwischen serienmäßig, eine Standheizung ist auch Pflicht und künftig soll auch eine Stand-Klimaanlage zur Grundausstattung gehören.

    Ein hartes Geschäft ist das Transportgewerbe freilich trotzdem: Billigspediteure aus Osteuropa haben den Konkurrenzkampf verschärft, die Arbeitszeiten muss man mögen – Franz Pfluger fährt meist nachts, wenn die Straßen noch frei sind – und im Dunkeln am Fernpass bei klirrender Kälte die Schneeketten aufzuziehen, ist sicher auch nicht jedermanns Sache. Trotzdem sagt der zweifache Familienvater: „Ich würd’s wieder machen. Mich würde man nie in eine Fabrik reinbringen, auch wenn man da geregelte Arbeitszeiten hat.“

    "Es fehlt das Miteinander" beklagt der Trucker aus Anhofen

    Im Laufe seiner 30 Jahre Berufsjahre hat er rund 3,3 Millionen Kilometer zurückgelegt – und dabei oft Glück gehabt: Sein schlimmster Unfall war ein Reifenplatzer bei Tempo 90 auf der Autobahn, der glücklicherweise glimpflich ausging. An seiner Frontscheibe hat er inzwischen eine kleine Kamera angebracht, die mitfilmt, wenn wieder ein Autofahrer haarscharf vor den Lastwagen zieht. „Es fehlt das Miteinander. Für viele ist der Lkw ein rotes Tuch, weil halt keiner gern hinter ihm her bummeln will“, sagt der 54-Jährige und nimmt sich da – wenn er selbst im Auto sitzt – gar nicht aus. Der Lkw-Fahrer sei auf der Straße halt oft der Buhmann.

    Insofern hatte die Corona-Krise auch ihr Gutes: „Als Nudeln und Klopapier in den Supermarktregalen alle waren, hat man auch mal an den Lkw-Fahrer gedacht und es gab Lob und Anerkennung für diesen Beruf“, sagt Franz Pfluger. „Und außerdem waren zwei Monate lang die Straßen frei.“

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