Jobbörse soll Geflüchteten den Start in ein neues Leben vereinfachen
Die Agentur für Arbeit und Firmen zünden in Mindelheim den "Job-Turbo". Geflüchtete sollen so schneller einen Arbeitsplatz finden. Rund 700 Menschen kommen.
Trotz eisiger Temperaturen herrscht vor dem Mindelheimer Forum rege Betriebsamkeit: Dick eingemummt wartet eine lange Menschenschlange auf Einlass. Der Klangteppich ist dicht und vielfältig: Ukrainisch, Persisch, Syrisch, mitunter Englisch. Einige üben sich auch in der für sie neuen Heimatsprache Deutsch. Einer von ihnen ist Mengsteab Zemichael. Er stammt eigentlich aus Eritrea, verließ das ostafrikanische Land jedoch, um in Europa Schutz zu suchen. Seit einiger Zeit lebt der 30-Jährige nun in einer Flüchtlingsunterkunft in Heimenegg. Um hier Fuß zu fassen und sich ein neues Leben aufzubauen, sucht Mengsteab Arbeit – auf der Jobbörse für Geflüchtete in Mindelheim.
Nach dem großen Erfolg im Herbst luden das Jobcenter Unterallgäu in Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit Kempten-Memmingen und dem Landkreis Unterallgäu zur zweiten Runde und zündeten den „Job-Turbo“. Unter diesem Slogan brachten sie Geflüchtete und regionale Unternehmen mit offenen Stellen an einen Tisch. 40 Betriebe verschiedenster Branchen und Größen konnte Klemens Heinz von der Agentur für Arbeit diesmal begrüßen. Hinzu kamen die Stände der zehn Behörden und Einrichtungen, die bei eventuell aufkommenden Fragen schnelle Hilfe und Lösung bieten sollten, wie die Ausländerbehörde, IHK und HWK, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge oder die Integrationsstelle „Tür an Tür“.
Auch viele Dolmetscher waren im bei der Jobbörse in Mindelheim im Einsatz
„Das Format bringt nicht nur Menschen zusammen, sondern stellt gleichzeitig alle Anlaufstellen zur Verfügung, die unterstützen können“, freute sich Landrat Alex Eder. Er dankte auch den zahlreichen Dolmetschern, die schnell kompetent zur Seite standen, sollte es mit der Kommunikation einmal haken.
Der Bedarf an Arbeitskräften ist groß, wie etwa Florian Kirschenhofer vom Luftklima- und Isolierexperten Stadler in Pfaffenhausen betont. „Wir sind dringend auf der Suche nach Personal, vor allem mit Schreiner- und Metallbauerfahrung“, sagt er. Das Unternehmen beschäftigt Mitarbeiter aus 16 Nationen. „Einer von ihnen stammt aus Gambia und hat nun erfolgreich seine Ausbildung zum Konstruktionstechniker abgeschlossen. Wir freuen uns sehr, ihn im Team zu haben.“
Auch Monika Demler, Personalreferentin beim Biomasse-Kompetenz-Zentrum Käßmeyer in Erkheim, weiß nur Positives von der Jobbörse zu berichten: Bereits bei den Terminen in Bad Wörishofen und Memmingen konnte sie im vergangenen Jahr Mitarbeiter finden. „Die neuen Kollegen haben sich bestens integriert“, lobt sie und ist zuversichtlich, auch weitere offene Stellen bald an den Mann oder die Frau zu bringen.
Um in Deutschland arbeiten zu dürfen, brauchen Flüchtlinge eine Arbeitserlaubnis. Ob sie eine solche bekommen, hängt von ihrem Aufenthaltsstatus ab sowie von der Dauer ihres Aufenthalts in Deutschland. Asylbewerber können eine bedingte Arbeitserlaubnis bekommen, wenn sie bereits seit drei Monaten in der Bundesrepublik sind und nicht mehr in einer Erstaufnahmeeinrichtung wohnen müssen, wie Tobias Ritschel, Leiter der Ausländerbehörde Unterallgäu, erzählt. Für Geflüchtete aus der Ukraine gilt eine Sonderregelung, sie dürfen mit der sogenannten Fiktionsbescheinigung direkt arbeiten. Ritschel kritisiert das oftmals hohe Maß an Bürokratie, das den Start ins Berufsleben für die Betroffenen hinauszögert.
Im Mindelheimer Forum Probe-Arbeitstage konnten vereinbart werden
Um im Paragrafendschungel wenigstens den Bewerbungsprozess so einfach wie möglich zu gestalten, setzt Arbeitsagenturchefin Maria Amtmann auf ein niederschwelliges und offenes Angebot. „Bei der Jobbörse zählt der persönliche Kontakt“, betont sie. „Oftmals können Interessenten, ob Fachkräfte oder Quereinsteiger, direkt einen Probe-Arbeitstag vereinbaren und ihre Motivation unter Beweis stellen.“ Rund 700 Geflüchtete nutzten die Chance, sich über die Karrierechancen im Unterallgäu zu informieren und erste Kontakte zu Personalentscheidern zu knüpfen. Unter ihnen auch Mengsteab Zemichael. In seiner Heimat habe er bereits einige Erfahrung als Maler und auf dem Bau gemacht, jetzt bewirbt er sich als Hilfskraft in der Produktion. „Mein größter Wunsch wäre es, heute einen Job zu finden“, sagt er.
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