Ukrainische Flüchtlinge ziehen in die Kneipp'sche Kinderheilstätte
Das Landratsamt hat nun doch das Gebäude teilweise von der Bauunternehmung Glass angemietet. Die Behörde sucht händeringend nach Immobilien für Geflüchtete.
Die Lage bei der Unterbringung Geflüchteter im Landkreis Unterallgäu spitzt sich weiter zu. Immer mehr Menschen kommen in den Landkreis und suchen Schutz. Entsprechend müssen Kommunen für neue Wohnmöglichkeiten sorgen. Das bringt Städte und Gemeinden an ihr Limit. Seit Monaten appellieren Landräte und Bürgermeister an den Bund, mehr Unterstützung zu leisten, auch über Finanzspritzen hinaus. Der Zweite Bürgermeister Bad Wörishofens, Daniel Pflügl (Grüne), sprach sogar von Überforderung: "Ich wünsche mir weniger Wahlkampf und mehr Lösungsorientiertheit", so Pflügl gegenüber unserer Redaktion. Jetzt kommen weitere Flüchtlinge nach Bad Wörishofen.
In die Kneipp'sche Kinderheilstätte ziehen bald Geflüchtete aus der Ukraine ein
Das Landratsamt Unterallgäu bestätigte auf Anfrage unserer Redaktion, dass das Gebäude der Kneipp'schen Kinderheilstätte teilweise angemietet wurde, befristet auf sechs Monate, so Pressesprecherin Eva Büchele. Schon in der kommenden Woche sollen dort voraussichtlich die ersten Flüchtlinge aus der Ukraine einziehen. Laut Büchele können dort „bis zu 50 Personen untergebracht werden“. Schon jetzt wird aber geprüft, ob die Zahl auf 80 erhöht werden kann.
Die Kneipp'sche Kinderheilstätte wurde vor knapp einem Jahr vom Orden der Barmherzigen Brüder an die Bauunternehmung Glass mit Sitzen in Mindelheim und Bad Wörishofen verkauft. Jetzt erfuhr unsere Redaktion, dass das geschichtsträchtige Gebäude von Glass zumindest teilweise an den Landkreis vermietet wurde. Dort sollen ukrainische Flüchtlinge untergebracht werden. Noch vor einem Jahr kam eine Vermietung der Kneipp'schen Kinderheilstätte mit insgesamt rund 7000 Quadratmetern Wohnfläche an den Landkreis nicht zustande.
Auf Anfrage bestätigte Pressesprecherin Eva Büchele am Donnerstag erneut, dass die Notunterkunft in einem ehemaligen Möbelhaus in Bad Wörishofen schon längst „voll belegt“ sei. Außerdem verstärke sich erfahrungsgemäß die Zuwanderung im Spätsommer/Herbst noch. Büchele zur Anmietung der Räumlichkeiten in der Kneipp'schen Kinderheilstätte: „Hätten wir diese Möglichkeit nicht aufgetan, hätten wir vorübergehend Turnhallen belegen müssen.“ Landrat Alex Eder sagt dazu: „Wir sind derzeit gezwungen, ausnahmslos alle Unterbringungsmöglichkeiten anzunehmen, die sich uns bieten.“
Pfarrer Sebastian Kneipp selbst hat das Kinderasyl, wie es einst hieß, gegründet. Es war seine erklärte Lieblingsstiftung. Zuletzt gehörten die drei Kneipp’schen Stiftungen dem Orden der Barmherzigen Brüder. Im September 2022 wurde bestätigt, dass der Verkauf der Kinderheilstätte erfolgt sei. Eine Weile gab es in Bad Wörishofen ja die Hoffnung, dass das enorm geräumige Gebäude nach dem Auszug der Mallersdorfer Schwestern zur Unterkunft für Frauen und Kinder wird, die vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet sind. Dazu kam es zunächst aber nicht, das Landratsamt mietete die Kinderheilstätte nicht an. Das Grundstück allein misst rund 7500 Quadratmeter. Das Gebäude selbst bietet mehr als 7000 Quadratmeter Wohnfläche.
Auch das Kneippianum war einst eine Stiftung Kneipps. Der gewaltige Bau direkt am Kurpark wurde ebenfalls an das Unternehmen von Dieter Glass verkauft. Dort eröffnete im November eine psychosomatische Klinik, was bei den Stadtverantwortlichen größtenteils auf Wohlwollen stieß. Bis dahin ging die Sorge um, dass das geschichtsträchtige Gebäude in Wohnungen umgewandelt werden könnte. Von den einst drei Stiftungen Kneipps ist derzeit nur noch das Sebastianeum in der Fußgängerzone in Betrieb. Das Gebäude gehört weiterhin den Barmherzigen Brüdern.
Die Unterkünfte für Flüchtlinge in Bad Wörishofen platzen aus allen Nähten
Der Landkreis Unterallgäu muss heuer weit mehr Geflüchtete aufnehmen, als bekannt war. Darüber berichtete unsere Redaktion schon Ende Juli. Doch die Unterkünfte, allen voran jene in Bad Wörishofen, platzen aus allen Nähten. "Stand jetzt kriegen wir die Menschen nicht unter", sagte Doris Back vom Landratsamt schon damals.
In der Notunterkunft Bad Wörishofen sei die Aufnahmegrenze mit 380 Personen erreicht, ebenso in der Gemeinschaftsunterkunft Mindelheim (200 Personen) und der Notunterkunft Mindelheim (60 Personen). In der Kreisstadt sollen noch 98 Plätze im Mayenbad an der Mindelheimer Straße entstehen, außerdem Container für etwa 60 Personen. Noch im Juli sagte Back: In Bad Wörishofen werde es absprachegemäß keine weiteren Anmietungen geben, obwohl von dort die meisten Angebote von Unterkünften kämen. Man dürfe einzelne Gemeinden aber nicht überfordern, so Back.
Das Landratsamt sucht weiterhin freistehende Immobilien ab einer Größe von 150 Quadratmetern, die als Flüchtlingsunterkünfte angemietet werden können. Wer eine solche Immobilie vermieten würde, kann sich an das Team Migration und Wohnraum am Landratsamt Unterallgäu wenden, per E-Mail an migration-wohnraum@lra.unterallgaeu.de oder unter der Telefonnummer 08216/9958030.
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