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Prittriching: Wie viel Freizeitspaß verträgt der Auensee?

Prittriching

Wie viel Freizeitspaß verträgt der Auensee?

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    Derzeit liegt der Auensee still da – im Sommer zeigt sich da ein ganz anderes Bild.
    Derzeit liegt der Auensee still da – im Sommer zeigt sich da ein ganz anderes Bild. Foto: Petra Manz

    Spaziergänger, Wanderer, in Kleinstgruppen oder allein, durchstreifen in diesen Corona-Monaten die Auen des Lechs bei Prittriching, um der häuslichen Enge zu entfliehen. Entlang der Ufer des Auensees zwischen Königsbrunn und der Lechstaustufe 22 sind ebenfalls viele Spaziergänger – auch aus dem Landkreis Landsberg – unterwegs. Jetzt, wo die Bäume und Büsche kahl sind und der Schnee geschmolzen ist, werden die Schäden in der Landschaft sichtbar, die ein heißer Badesommer und die lebenshungrigen Seebesucher hinterlassen haben: Plastikmüll, Flaschen, ausrangierte Stühle.

    Aber nicht nur dies: Skurrile Holzformationen im ufernahen Gehölz zeugen von den Fällungen und Nageschäden, die die am See ansässige Biberpopulation hinterlässt. Eine Gruppe von Stammbesuchern des Sees, die aber nicht namentlich genannt werden wollen, beobachten schon seit Längerem die Veränderungen. „Ich komme regelmäßig an den See, seit Jahren, und ich sehe, wie sich das Ufergebiet durch die Biber verändert“, sagt ein Mitglied dieser Gruppe.

    Am Auensee ist der Biber unterwegs

    Gemeinsam legen sie auch mal Hand an, wenn es darum geht, den einen oder anderen ufernahen Baum mit einer Drahthose vor dem Biberfraß zu schützen oder den Müll der Badegäste in den Uferauen aufzusammeln. „Ich habe auch schon Drahtmaterial aus meiner Garage um Bäume gelegt“, erzählt ein anderer. Er steht am Nordufer des Sees und deutet auf eine angenagte dicke Linde rechterhand: „Die grüne Drahthose hier zum Beispiel.“ Mit den zuständigen Biberberatern ist die Arbeit nicht abgesprochen.

    Auch der Biber fühlt sich am Auensee heimisch.
    Auch der Biber fühlt sich am Auensee heimisch. Foto: Petra Manz

    Für die Biber im Auensee ist die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt Landsberg zuständig. Stephan Wenning kümmert sich dort um die Einhaltung der artenschutzrechtlichen Vorgaben, Beratung, Entschädigungen für Betroffene, den Aufbau von Lebensräumen. Wenning zur Seite stehen vier ehrenamtliche ausgebildete Biberberater.

    Zur Biberpopulation am Auensee befragt, meint er: „Sie kommen sicher aus dem Lech. Dort leben zahlreiche Biberfamilien. Die Jungbiber, welche die Familie verlassen müssen, suchen neue Reviere. Da aber die meisten ‘guten’ Reviere besetzt sind, wird auch der Auensee akzeptiert, obwohl der Freizeitdruck enorm ist.“

    Die Biber dürfen sich dort frei entwickeln. Wie viele Biber am Auensee leben, sei nicht bekannt. Man setze auf Präventivmaßnahmen, um Gehölze mit Drahtgeflecht oder Wöbra-Schutzfarbe vor Verbiss zu schützen. Grundsätzlich sei der Einfluss der Freizeitnutzung auf das Ökosystem um den See sehr viel größer als der Verlust einzelner Ufergehölze durch Biberfraß, sagt er. Wo sie nicht mit Landwirtschaft und Siedlungen in Konflikt kommen, leisteten die Tiere tolle Arbeit für die Biodiversität.

    Der Auensee ist Freizeitraum und Schutzgebiet zugleich

    Der Auensee ist seit Jahren ein „sozialer Brennpunkt in der Natur“. Hier stoßen die drei Landkreise Augsburg, Aichach-Friedberg und Landsberg mit unterschiedlichen Zuständigkeiten in unterschiedlichen Gemeinden aufeinander. Hier grenzt Naturschutzgebiet an Landschaftsschutzgebiet, an Trinkwasserschutzgebiet, Artenschutz stößt auf Naturschutz, Pachtgebiet auf Freizeitraum.

    Das Flurstück gehört dem Freistaat Bayern, hier in Form des Wasserwirtschaftsamts Weilheim, das auch ein Auge auf die Wasserqualität hat. Der Auensee selbst ist an den Fischereiverein Augsburg verpachtet, der ebenfalls gegen die Vermüllung ankämpft. Das entspannende Angelvergnügen der Fischer kollidiert immer wieder mit den Erholungsbedürfnissen der Menschen.

    Mehrere Säcke Müll hat die Gruppe der See-Stammgäste kürzlich rund um den Auensee eingesammelt.
    Mehrere Säcke Müll hat die Gruppe der See-Stammgäste kürzlich rund um den Auensee eingesammelt. Foto: Petra Manz

    Für Gerhard Däubler, ebenfalls zuständig für Naturschutz und Artenschutz beim Landratsamt Landsberg, ist die Sache klar: „Da läuft es aus dem Ruder.“ Nicht wegen der Biber, sondern wegen des starken Erholungsdrucks, der auf dem „empfindlichsten See im ganzen Landkreis“ laste. Dabei reichen die Beschwerden ans Landratsamt wegen zu hohen Badetourismusaufkommens von Wasserqualitätsbeeinträchtigung über Vermüllung und Falschparker bis hin zu gesichteten Nacktbadenden.

    Dass der vergangene Sommer coronabedingt allen Seen in Deutschland durch die zuströmenden Menschenmengen stark zusetzte, ist auch den Stammgästen am Auensee aufgefallen. Vor Kurzem habe man mehrere Säcke Müll vom Sommer im gesamten Uferbereich eingesammelt, erzählt Moni, die auch zur Gruppe gehört. „Und es gibt auch eine leere Flasche an der Vogelfutterstation, da wo die meisten Leute vorbeikommen, und wo Raucher ihre Kippen entsorgen können, anstatt sie auf den Boden zu schmeißen. Wir machen vorbeilaufende Raucher darauf aufmerksam.“ Tatsächlich scheint letztere „Erziehungsmaßnahme“ zu wirken, denn die Flasche ist schon fast gefüllt, eine zweite leere steht bereit.

    Der Auensee ist längst kein Geheimtipp mehr

    Der Auensee gilt wegen seiner Idylle zu allen Jahreszeiten als Geheimtipp. Aber dies ist er schon lange nicht mehr. Gerhard Däubler beobachtet seit 25 Jahren beunruhigt die Entwicklung am See, der – obgleich im Naturschutzgebiet liegend – von einem Augsburger Radiosender als traumhafter Badesee gepriesen werde. Deshalb ist man in der Unteren Naturschutzbehörde in Landsberg nicht unglücklich, wenn der Biber mal wieder einen Baum quer über die Uferfläche am See gelegt hat. So könne diese nicht so leicht als Liegefläche genutzt werden. „Überhaupt muss etwas passieren. Wir sind dran“, sagt Däubler.

    Elke, Achim, Moni und die anderen Gruppenmitglieder kämpfen mit eigenen Mitteln: Sie überlegen, Flugzettel an Badegäste in der kommenden Saison zu verteilen, um der Landschaftsverschmutzung vorzubeugen. „Wir wissen, dass wir am See nur geduldet sind. Wir müssen schonend mit ihm umgehen.“ Sie wissen auch, wo der Biber haust. Aber das wird nicht verraten.

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