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Buch / Obenhausen: Wie das Ried in Obenhausen einen Panzer verschluckt hat

Buch / Obenhausen

Wie das Ried in Obenhausen einen Panzer verschluckt hat

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    Ein tonnenschwerer Panzer ist im Jahr 1977 im Obenhauser Ried eingesunken. Ob es sich um ein amerikanisches oder ein deutsches Fahrzeug (wie das auf unserem Symbolfoto) handelt, ist heute nicht mehr klar. 
    Ein tonnenschwerer Panzer ist im Jahr 1977 im Obenhauser Ried eingesunken. Ob es sich um ein amerikanisches oder ein deutsches Fahrzeug (wie das auf unserem Symbolfoto) handelt, ist heute nicht mehr klar.  Foto: Steffen/dpa (Symbol)

    Seit Jahrzehnten halten sich die Gerüchte um einen Panzer, der im Obenhausener Ried versunkenen sein soll. Immer wieder ist davon die Rede. Aber was ist eigentlich dran an der Geschichte – und was hatte das Militärfahrzeug im Rothtal zu suchen? Die Spurensuche führt zurück in die 1970er Jahre.

    Denn zu jener Zeit waren häufig Militärfahrzeuge auf den Straßen im ganz Westdeutschland unterwegs. Und auch Kampfjets waren am Himmel zu sehen, es gab häufig Tiefflugübungen. Regelmäßig führten Nato-Truppen zwischen 1969 und 1993 in der Bundesrepublik Manöver aus. Bekannt wurden diese unter dem Namen „Reforger“ (Return of Forces to Germany), was auf Deutsch so viel heißt wie: Die Rückkehr der (militärischen) Kräfte nach Deutschland. Die Übungen sollten in erster Linie dazu dienen, Militärabläufe zu verbessern – aber auch die Macht der beteiligten westlichen Truppen gegenüber dem potenziellen Gegner, den sogenannten Ostblock-Staaten, zu zeigen. Schließlich herrschte der Kalte Krieg, also der Konflikt zwischen den USA und der Sowjetunion und ihrer jeweiligen Verbündeten.

    Kalter Krieg war auch in Dietershausen zu spüren

    Auch in der Region waren diese Auseinandersetzungen zu spüren – und vor allem zu sehen, wie der Dietershofer Kuno Vogel erzählt. „Quer über die noch nicht abgeernteten Felder sind die Panzer gefahren“, erinnert er sich. Westliche Truppen hatten sich 1977 an einem „Reforger“-Manöver zwischen der Autobahn A 8 im Norden sowie den Alpen und dem Bodensee im Süden beteiligt. Neben US-amerikanischen Streitkräften waren auch Kanadier, Briten, Dänen, Belgier und deutsche Truppen mit insgesamt mehr als 50000 Soldaten vor Ort. Die militärische Zentrale dieser mehrere Tage dauernden Übung befand sich in Leipheim. Und an einem Septembertag rollte dann plötzlich eine Phalanx von Panzern und Kettenfahrzeugen aus Richtung Osten in das Rothtal hinab.

    Vor etwa 40 Jahren versank im Obenhausener Ried ein Panzer. Er konnte erst mithilfe eines Bergepanzers geborgen werden. Das Foto zeigt das moorige Ried, wie es heute aussieht.
    Vor etwa 40 Jahren versank im Obenhausener Ried ein Panzer. Er konnte erst mithilfe eines Bergepanzers geborgen werden. Das Foto zeigt das moorige Ried, wie es heute aussieht. Foto: Ralph Mahalter

    Augenzeuge Vogel erinnert sich noch daran, dass er an diesem Tag einen Panzer am Straßenrand stehen sah. Möglicherweise sei dieser aufgrund eines Motorschadens ausgefallen, mutmaßt der Dietershofer. Ziel der groß angelegten Übung sei es wohl gewesen, die Iller zu sichern, auf deren westlichen Ufer der „Gegner“ vermutet wurde, so Vogel weiter.

    Und da kommt der legendäre Panzer ins Spiel: Nachdem der kürzeste Weg zur Iller durch das Obenhausener Ried führt, beschlossen die Kommandanten damals wohl, sich mit ihren Militärfahrzeugen eine Route durch das unbefestigte und moorige Gelände zu bahnen. Doch schon nach wenigen hundert Metern wurde der feuchte Moorboden einem der tonnenschweren Fahrzeuge zum Verhängnis. Bis weit über die Ketten sei dieses im Schlamm versunken, sagt Franz Kneer, der in Obenhausen wohnt, und dem die damaligen Ereignisse noch gegenwärtig sind.

    Panzer fuhr ins Ried und blieb im Moor stecken

    Allerdings sei nicht mehr ganz klar, zu welchen Streitkräften jener Panzer gehörte. Ein Teil der Augenzeugen sei davon überzeugt, dass es sich um ein US-Fahrzeug handelte, andere schwören jedoch bis heute darauf, ein deutscher Panzer sei im Moor versunken. Fest steht jedoch, dass alle Versuche der Besatzung, das Kettenfahrzeug aus eigener Kraft aus der misslichen Lage zu befreien, fehlschlugen. Erst ein so genannter Bergepanzer konnte das Militärfahrzeug mühsam wieder auf sicheren Untergrund ziehen, heißt es.

    Natürlich war der versunkene Panzer eine Attraktion in den umliegenden Dörfern. Schnell machte die Geschichte vom „Panzerloch im Ried“ die Runde. Der Besitzer des betroffenen Grundstücks hatte aber weniger zu schmunzeln und bekam, so Kneer, zusätzlich zum entstandenen Schaden auch noch Ärger mit dem Landratsamt: Da der Landwirt das Loch auf die Schnelle nicht mit Moorboden, sondern mit Ackerboden gefüllt hatte, rief dies die Kontrolleure der Behörde auf den Plan.

    Viele Tote bei dem Manöver Reforger im Jahr 1977

    Das „Reforger“-Manöver zwischen A8 und Bodensee hatte im Jahr 1977 noch viel weitreichendere Folgen, wie die traurige Bilanz dieser Nato-Übung zeigt: Medienberichten zufolge kamen zwölf Menschen ums Leben, neun davon waren Zivilisten. 94 Personen wurden verletzt, wie es in einem Bericht der Zeit heißt, der online abrufbar ist. Nie zuvor habe ein Manöver so hohe Verluste in der Zivilbevölkerung verursacht. Zu denen kam es vor allem durch mehrere Zusammenstöße mit Militärfahrzeugen. Es wurde beklagt, dass sich Militärangehörige im Straßenverkehr rücksichtlos verhalten hätten. Ein Beispiel aus Reihe von vielen: In Neu-Ulm wurden elf Soldaten verletzt, weil ein US-amerikanischer Bus die Durchfahrtshöhe einer Unterführung nicht beachtete. Auch aus dem Naturschutzgebiet Federsee bei Bad Buchau wurde berichtet, Kettenfahrzeuge seien im Moor eingesunken.

    Das Manöver endete früher als vorgesehen, da die Iller nicht gehalten werden konnte und die „gegnerischen“ Truppen den Fluss überquerten. Den Menschen im südlichen Landkreis Neu-Ulm blieb aber weniger das Ende der Übung in Erinnerung, sondern vielmehr die Geschichte um den versunkenen Panzer bei Obenhausen.

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