Startseite
Icon Pfeil nach unten
alfa unplatziert
Icon Pfeil nach unten

Augsburg: Augsburger Umland bekommt 90 neue Busse

Augsburg

Augsburger Umland bekommt 90 neue Busse

    • |
    Zum Jahreswechsel soll es deutliche Verbesserungen im Augsburger Nahverkehr geben, verspricht der Chef des Verkehrsverbundes AVV.
    Zum Jahreswechsel soll es deutliche Verbesserungen im Augsburger Nahverkehr geben, verspricht der Chef des Verkehrsverbundes AVV. Foto: AVV

    Zum 1. Januar 2016 wird sich im Regionalbusverkehr um Augsburg einiges ändern, nachdem die Linien nach langen Diskussionen und Auseinandersetzungen ausgeschrieben wurden. Was erwartet jetzt die Fahrgäste?

    Von Hoerschelmann: Wir führen eine neue Qualität für den Fahrgast ein: Neue Fahrzeuge, neue Haltestellen, die Busse werden ein einheitliches Erscheinungsbild mit dem AVV-Schriftzug bekommen. Für die Fahrgäste steigt die Erkennbarkeit. Bis zum 1. August 2016 gehen 90 neue Fahrzeuge in den Dienst. Das ist knapp die Hälfte der Regionalbusflotte. Es wird mittelfristig keine Reisebusse mehr geben, sondern Niederflurbusse mit Zielanzeigen ringsrum. In den Fahrzeugen gibt es TFT-Bildschirme, auf denen die nächsten Haltestellen angezeigt werden, und akustische Ansagen. Wir sammeln Echtzeitdaten in allen Fahrzeugen, die wir künftig an die Kunden zurückgeben wollen, etwa über die App oder über elektronische Fahrgastinformation an den Haltestellen. Wir bekommen 1000 neue Haltestellenmasten mit einheitlichen Schildern, die über Liniennummer und Ziel informieren. Das ist etwa die Hälfte aller Masten.

    Bis wann wird die ganze Busflotte Niederflur-Standard haben?

    Von Hoerschelmann: Es gibt noch eine Übergangsfrist bis 2023, was an auslaufenden Verträgen liegt. Aber auch in diesem Zeitraum wird der Fahrzeugbestand sukzessive erneuert. Das hört sich jetzt langsam an, aber man muss bedenken, dass ein Fahrzeug 250000 Euro kostet. Da nehmen die Busunternehmer Geld in die Hand. Die öffentliche Hand finanziert das über die Laufzeit der Verträge ab, aber der Mittelstand muss erst mal in Vorleistung gehen.

    Regionalbuslinien sollen Mittelstand stärken

    Die Ausschreibung der Regionalbuslinien war von Protesten der Busunternehmen begleitet…

    Von Hoerschelmann: Es gab in der Tat etwas Hin und Her. Wir wollten von Anfang an eine mittelstandsfreundliche Lösung ohne Monopolisierung, und so kommt es jetzt auch. Das war eine Vorgabe der Politik. In der Summe haben wir den Mittelstand gestärkt. Der Anteil dieser Unternehmen ist gemessen an Fahrplankilometern von 30 auf 50 Prozent gestiegen.

    Erhoffen Sie sich Steigerungen bei den Fahrgastzahlen?

    Von Hoerschelmann: Ich sehe ein Steigerungspotenzial bei den Fahrgästen in der Region um 50 Prozent. Wenn man Verbesserungen für den Fahrgast bietet und auch mobilitätseingeschränkte Personen besser mitnimmt, dann ist da was möglich. Auch die Erkennbarkeit der AVV-Busse wird Fahrgäste bringen, weil sie dann wissen, dass da ein Tarif gilt. Das haben andere große Verbünde schon vorgemacht.

    Die Busse farbig zu bekleben, wird nicht reichen…

    Von Hoerschelmann: Entscheidend ist: Passt das Angebot draußen? Die Regionen abseits der Hauptstrecken muss man durch alternative Bedienungsformen mobil machen. Es gibt Rufbussysteme im Raum Schwabmünchen und hinter Zusmarshausen. Die Hauptstrecken muss man stärken, wo sie zu stärken sind. Im Nahverkehrsplan haben wir das im Raum Neusäß/Aystetten/Welden vor. Wir wollen auch die Strecke von Bobingen über Königsbrunn nach Mering verstärken, um Pendlerverkehre aufzufangen. Und dann müssen die Tarife reformiert werden. Das wird nicht alles lösen, aber es ist ein wichtiger Schritt.

    Ist der ländliche Raum überhaupt durch den Nahverkehr vernünftig zu bedienen? Im Landkreis Augsburg hat mehr als jeder zweite Einwohner einen Pkw.

    Von Hoerschelmann: Als wir den Nahverkehrsplan 2015 erstellt haben, hat uns ein Gutachter einen guten ÖPNV in der Region bescheinigt. Wir liegen gut, aber gut ist subjektiv und vielfach nicht ausreichend. Es gibt Fahrplanlücken, wo wir nachsteuern werden. In Friedberg muss man in den Abendstunden etwas beim Anschluss an die Straßenbahn tun. Generell gilt, dass man einen langen Atem braucht: Es gibt gerade auf dem Land Haushalte, wo jedes Mitglied ein Auto hat. Und bis eine Familie ihr Zweit- oder Drittauto abschafft, weil das Nahverkehrsangebot besser geworden ist, dauert es einfach. Also muss man als Nahverkehrsanbieter in Vorleistung gehen und zusätzliche Leistungen bieten, die sich nicht sofort rechnen. Da muss auch der Wille der Politik da sein, das vorzufinanzieren.

    Nahverkehr muss politisch machbar und finanzierbar sein

    Manche Ortsteile sind im Zwei-Stunden-Takt angebunden, es gibt Gewerbegebiete auf dem Land, wo zweimal am Tag der Bus fährt. Ist das attraktiv genug oder sollte man es nicht ganz sein lassen, weil das Angebot weder Fisch noch Fleisch ist?

    Von Hoerschelmann: Es geht beim Nahverkehr auf dem Land, der anders als in der Stadt Augsburg keine Stadtwerke im Rücken hat, sondern aus Etats der Landkreise bezahlt wird, darum, was politisch machbar und finanzierbar ist. Grundsätzlich glaube ich: Wo ein besseres Angebot da ist, da schafft man mehr Nachfrage. Man muss sehen, wo es Sinn macht. Bei manchen Gewerbegebieten bringt es nur etwas, zum Schichtwechsel zu fahren, weil die Busse sonst leer unterwegs wären.

    Ist der Nahverkehr zu teuer?

    Von Hoerschelmann: Subjektiv ist das immer zu teuer. Aber wenn man sich andererseits Linien anschaut, wo der Kostendeckungsgrad bei gerade mal 20 Prozent liegt, dann ist der Preis für die Fahrkarte eigentlich viel zu billig. Was der Fahrgast zahlt, deckt nur einen Bruchteil der tatsächlichen Kosten ab. Aber wenn man beim Auto mal alle Kosten zusammenrechnet, dann liegen wir mit unseren Tarifen immer noch deutlich darunter. Und hinter jeder Tariferhöhung stehen nun einmal real steigende Kosten, etwa beim Personal. Ohne Erhöhung müsste die öffentliche Hand immer mehr bezahlen.

    Stichwort Brechung, also die Kappung von Buslinien in die Stadt an der Endhaltestelle der Straßenbahn: Der Unmut darüber zieht sich seit Jahren bei allen Straßenbahn-Projekten durch.

    Von Hoerschelmann: Das wird immer wieder bemängelt. Das Brechen der Verkehre ist aber eine Förderbedingung des Freistaats und kein Willkürakt des AVV. Es gibt keinen Straßenbahnausbau, wenn die parallel verkehrenden Buslinien noch fahren. Also werden Buslinien verkürzt und zu Zubringern der Straßenbahn, statt ins Augsburger Zentrum zu fahren. Denn eine Investition in Millionenhöhe wie eine Straßenbahn rechnet sich nur, wenn sie Erlöse bringt. Dazu kappt man dann eben Erlöse an anderer Stelle – nämlich im Busverkehr. Das war bei der Linie 6 so, das wird vermutlich bei der Linie 5 so sein und auch bei der Verlängerung der Linie 3 nach Königsbrunn. Wir bemühen uns, die AVV-Regionalbusverkehre zu den Straßenbahnlinien hin optimal zu gestalten.

    Manche Fahrgäste sind trotzdem Verlierer, oder?

    Von Hoerschelmann: Das Umsteigen ist nicht das Gelbe vom Ei. Von der Region in die Stadt ist das nicht das Thema, weil die Straßenbahn alle fünf Minuten fährt, man also praktisch immer Anschluss hat. Aber in Gegenrichtung hat man das Prob-lem, dass nicht für jede ankommende Straßenbahn ein Regionalbus dasteht. Und wenn abends ein Anschluss nicht funktioniert, steht der Kunde da. Hier soll uns die Technik helfen: Dem Fahrgast wird zum Beispiel übers Handy klarer gesagt, welche Anschlüsse er bekommt, und für die Regionalbusse muss man über Wartepflichten nachdenken. Das ist technisch nicht einfach, aber wir arbeiten daran. Um auf die Frage zurück zu kommen, ob manche Fahrgäste Verlierer sind: Der AVV wird alles tun, um durch gesicherte Anschlussverbindungen und Information sicherzustellen, dass es keine wirklichen Verlierer gibt.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden