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Altenmünster: Einmalig: Das ist Bayerns einziges Naturschutzwächter-Paar

Altenmünster

Einmalig: Das ist Bayerns einziges Naturschutzwächter-Paar

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    Die Naturschutzwächter Edith und Wolfgang Zöttl bei einer vom Blitz getroffenen und wieder zusammengewachsenen Linde bei Steinekirch, die zum Naturdenkmal ernannt wurde.
    Die Naturschutzwächter Edith und Wolfgang Zöttl bei einer vom Blitz getroffenen und wieder zusammengewachsenen Linde bei Steinekirch, die zum Naturdenkmal ernannt wurde. Foto: Marcus Merk

    Wenn Edith und Wolfgang Zöttl gemeinsam auf Tour gehen, tun sie dies für die Natur. Das Ehepaar, das in Altenmünster wohnt, ist bayernweit das einzige Naturschutzwächter-

    „Herr Zöttl, können Sie noch mal für uns die Schulbank drücken?“, wurde der 70-Jährige vor circa 15 Jahren gefragt. Kein Wunder, dass das Landratsamt Augsburg ausgerechnet ihn angesprochen hat, schließlich hatte er sich bereits als ehrenamtlicher Biberberater einen Namen gemacht und den Aufbau der Biberberatung im Landkreis

    Die Ausbildung zum Naturschutzwächter hat er auf die Anfrage hin gleich gemeinsam mit seiner Frau absolviert. Anschließend wurden die Gebiete aufgeteilt. Zehn Naturschutzwächter gibt es im Landkreis Augsburg. In Kutzenhausen, Usterbach, Gessertshausen, Diedorf, Leitershofen und Stadtbergen ist Wolfgang Zöttl zuständig, in Zusmarshausen, Horgau und Dinkelscherben Edith Zöttl. Doch in der Praxis ist das Ehepaar immer gemeinsam unterwegs – und zwar in jedem Gebiet circa 20 Stunden im Monat. „Als Naturpolizei wollen wir uns nicht verstanden wissen“, erklärt Edith Zöttl resolut.

    Bestimmt treten sie auf, aber keinesfalls forsch, erzählt sie. Manchmal müssen sie auch ganz schön raffiniert sein. So haben sie eine Bäuerin im Hofladen bereits auf ein drohendes Ordnungsgeld hingewiesen, weil der Einsatz der Naturschutzwächter zum wiederholten Mal nicht gefruchtet hat. Das habe letztlich auch Wirkung gezeigt. Mit viel Einfallsreichtum kommen sie meist ans Ziel, doch jeder Auftrag erfordert auch eine ganz unterschiedliche Vorgehensweise. Ihre Aufträge bekommen sie auf Zuruf, denn wenn ein Bürger etwas Sonderbares in der Landschaft bemerkt, wird das Ehepaar Zöttl direkt kontaktiert. Vom Landratsamt bekommt das Ehepaar regelmäßig Kontrollaufträge.

    Oft müssen sie ausrücken, wenn beispielsweise ein Landwirt seine Gebäude erweitert hat und dafür Ausgleichsflächen und eine Begrünung um den Neubau schaffen sollte, allerdings den Beweis dafür noch nicht ordnungsgemäß und mit Bildern belegt beim Landratsamt erbracht hat. Doch auch wenn gedankenlose Umweltsünder ihren Unrat im freien Gelände abladen, werden sie gerufen. „Einmal lag ein Kühlschrank direkt an der B10 bei Biburg“, erinnert sich Wolfang Zöttl. In Dinkelscherben, dem „Brennpunkt“ in Edith Zöttls Region, wurden einmal Unmengen an Pferdeäpfeln und anderem Unrat in die Natur gekippt. Auch mussten schon Toiletten, Kühlschränke und insgesamt drei Lastwagenladungen voller Unrat dort beseitigt werden.

    Fruchten die Warnungen des Naturschutzwächter-Ehepaars nicht, müssen sie wahrlich an sich halten. „Einst haben Lausbuben im Landschaftsschutzgebiet ein Lager gebaut“, erinnert sich Wolfgang Zöttl. Die deutlichen Hinweise, dass die Bäume nicht zu beschädigen seien und auch kein Unrat liegen bleiben darf, überhörte die junge Bande allerdings. Prompt gab es eine Meldung an die Eltern und das Lager wurde über Nacht geräumt.

    Zum Schutz der Natur, aber auch zum Schutz der Verkehrssicherheit werden die Zöttls aktiv und suchen regelmäßig die Naturdenkmäler in ihrem Gebiet auf. Und so gibt es auch dort Positives und Negatives zu vermelden, denn während eine Eiche in Dinkelscherben sich nicht mehr vom Blitzschlag erholt hat, wuchs eine Linde mit demselben Schicksal bei Steinekirch allmählich wieder zusammen. Einst hatte die 68-Jährige die einmalige Chance, einen Eisvogel zu streicheln, den eine Nachbarin ihr brachte und ihn fälschlicherweise für einen Kanarienvogel hielt.

    Bei Gennach habe sich einst ein Vierfleck, eine Großlibelle, auf die Hand von Edith Zöttl gesetzt und damit ihre Faszination für diese Tiere geweckt. Kurzerhand belegte das Ehepaar an der Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege einen entsprechenden Kurs, um Fachwissen zu erwerben. „Wir haben die Fortbildungen in Laufen genossen“, schwärmen sie. Das beste Seminar sei jedoch das mit dem Titel „Humor in der Naturschutzwacht“ gewesen. Dabei wurde vermittelt, dass es nicht immer zwingend „bierernst“ zugehen müsse und es in einer emotional explosiven Situation auch gut ist, den Ansprechpartner erst einmal toben zu lassen. Meist haben sich die Zöttls dann am Ende des Gesprächs mit einem versöhnlichen Handschlag verabschiedet.

    Seit den Anfängen habe sich in der Naturschutzwacht viel geändert. „Anfangs haben wir Fotos gemacht, die Bilder entwickeln lassen und nach zehn Tagen ins Landratsamt geschickt“, erinnert sich Wolfgang Zöttl an die Zeit, bevor die Digitalkamera und der Laptop zu Hause eingezogen waren. Bis die Unterlagen dann im Landratsamt waren, sei vieles bereits „kalter Kaffee“ gewesen. Heute gehe das per E-Mail viel einfacher. Und während Wolfgang Zöttl sich mit der neuen Technik arrangiert hat, obgleich er bis zu seinem 55. Lebensjahr rein gar nichts mit dieser zu tun hatte, lässt Edith Zöttl ihren Mann gerne die Berichte schreiben, die monatlich im Landratsamt eingereicht werden müssen. „Als mein Mann einmal nicht da war, bin ich kurzerhand mit Kamera und Kabel ins Landratsamt gefahren“, erinnert sie sich lachend. Dort haben die Kollegen dann die Unterlagen entgegengenommen.

    Schuldig bleibt sich das Ehepaar nichts, denn während Wolfgang Zöttl die Bürokratie erledigt, chauffiert Edith Zöttl ihren Mann in der Adventszeit von Kindergarten zu Kindergarten. Dann nämlich treten sie nicht als Naturschutzwächter auf, sondern als Nikolaus und Frau Rupprecht.

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