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1860 München: Fanbeauftragte der Löwen: „Treu und leidensfähig“

1860 München

Fanbeauftragte der Löwen: „Treu und leidensfähig“

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    Beeindruckendes Bild: Seit der Saison 2005/2006 tragen die Münchner Löwen ihre Heimspiele in der Allianz-Arena aus. Auf seine Anhänger kann sich der TSV 1860 dabei verlassen, auch wenn der Traditionsverein seit Jahren mit finanziellen Problemen zu kämpfen hat.
    Beeindruckendes Bild: Seit der Saison 2005/2006 tragen die Münchner Löwen ihre Heimspiele in der Allianz-Arena aus. Auf seine Anhänger kann sich der TSV 1860 dabei verlassen, auch wenn der Traditionsverein seit Jahren mit finanziellen Problemen zu kämpfen hat. Foto: Foto: imago

    Eines kann Jutta Schnell während ihrer mittlerweile 14-jährigen Tätigkeit als Fanbeauftragte des TSV 1860 München wahrlich nicht behaupten: Dass es ihr bei den Löwen einmal langweilig geworden wäre. Ob Bundesliga-Auf- und Abstieg, die Teilnahme an der Champions-League-Qualifikation, der Einzug in die Allianz-Arena oder die Angst vor der drohenden Insolvenz – im Gefühlsleben der Neuburgerin war bislang nahezu alles geboten. Oder wie es

    Frau Schnell, Sie waren mit mehreren Hundert Löwen-Anhängern am Freitag vor einer Woche beim 2:1-Auswärtssieg gegen Hertha BSC Berlin. Was hat bei Ihnen überwogen: Die Freude über den Erfolg oder der Gedanke, was in dieser Saison wohl möglich gewesen wäre, hätte das Team immer so gespielt wie in den vergangenen Wochen?

    Schnell: Natürlich war es schon eine etwas gemischte Gefühlslage. Doch am Ende hat dann schon die Freude über diesen tollen Sieg überwogen. Die Berliner wollten ja in dieser Partie ihre Meisterschaft perfekt machen und wurden daher von ihren Fans dementsprechend unterstützt. Aber unsere Mannschaft hat eine prima Leistung abgeliefert und auch verdient gewonnen.

    Mit Dominik Stahl, Benjamin Schwarz, Kevin Volland, Tarik Camdal und Christopher Schindler standen auch diesmal wieder fünf Youngster, die aus der seit Jahren erstklassigen Jugendarbeit des TSV 1860 München hervorgehen, im Kader. Wie frustrierend ist es aus Ihrer Sicht, dass der Verein in regelmäßigen Abständen aus finanziellen Gründen gezwungen ist, seine Toptalente zu verkaufen?

    Schnell: Das tut schon weh – wobei es mir vor allem für die Kinder leidtut, die sich ja oftmals einen ganz bestimmten Lieblingsspieler heraussuchen und diesen quasi mit dem Verein gleichsetzen. Und wenn dieser Akteur dann eben verkauft werden muss, dann ist das für die jungen Fans schon immer eine sehr große Enttäuschung. Ich kann mich da sogar noch an einen Fall aus Neuburg erinnern. Der Bub war ein großer Fan von Jens Jeremies. Als Jens dann abgegeben wurde, war er darüber natürlich sehr traurig.

    Wenn man einen Blick in die Bundesliga wirft, findet man bei etlichen Vereinen ehemalige Löwen-Cracks wie beispielsweise Marcel Schäfer (Wolfsburg), Matthias Lehmann (St. Pauli), Peniel Mlapa (Hoffenheim) oder die Bender-Zwillinge Sven (Dortmund) und Lars (Leverkusen). Erfüllt Sie die Entwicklung dieser Spieler mit Stolz oder Wehmut?

    Schnell: Natürlich ist da schon ein gewisser Stolz dabei, wenn man einen Marcel Schäfer im Nationalmannschafts-Trikot oder auch Sven Bender sieht, der gerade mit Dortmund Deutscher Meister geworden ist. Nachdem wir als Verein leider noch nicht so weit sind, freut es mich persönlich natürlich sehr für die Spieler, die ich aus deren Löwen-Zeit natürlich gut kenne. Aber klar stellt man sich da schon öfter mal die Frage: Wo könnten wir jetzt stehen, wenn alle Akteure tatsächlich bei uns geblieben wären?

    Wir haben die finanziellen Zwänge der Löwen bereits angesprochen. Würden Sie sagen, dass die vergangenen Jahre – gerade mit der immer wieder drohenden Insolvenz vor Augen – die schwierigsten in Ihrer bisherigen Amtszeit waren?

    Schnell: Das würde ich schon sagen, ja. Es war zwar in den vergangenen zehn Jahren fast immer so, dass nach jeder Saison ein Leistungsträger verkauft werden musste. Als man dann aber mitbekommen hat, wie es tatsächlich um den Verein steht, war das schon ein ziemlicher Tiefschlag.

    Wie gehen die 1860-Anhänger mit dieser seit Jahren äußerst angespannten Situation um?

    Schnell: Eigentlich sehr unterschiedlich. Die einen schauen drüber hinweg, während die anderen schon sehr entsetzt und auch geschockt sind. Andere wiederum treten mit sehr originellen und guten Ideen an mich als Fanbeauftragte heran. So kam zum Beispiel der Vorschlag, dass wir ein eigenes Spendenkonto einrichten, um auf diese Weise den Verein zu unterstützen. Bei rund 500 Fanklubs und 35000 Mitgliedern käme da sicherlich eine schöne Summe zusammen, die wir dann dem Klub zur Verfügung stellen könnten.

    Seit einigen Wochen wird über den möglichen Einstieg des jordanischen Geschäftsmannes Hasan Abdullah Ismaik als Investor spekuliert, der 49 Prozent der 1860-Anteile für rund 13 Millionen Euro übernehmen möchte. Aus Fankreisen war immer wieder davon zu hören, dass der Klub damit seine Seele verkaufen würde. Können Sie diese Bedenken teilen?

    Schnell: In einer gewissen Art und Weise kann man sie schon verstehen. Doch es ist Fakt, dass der Einstieg eines Investors möglich ist.Fußball ist mittlerweile nicht mehr „nur“ Sport, sondern vielmehr ein knallhartes Geschäft. Wichtig ist dabei eben nur, dass man als Verein seine Identität wahrt und die Zügel der Entscheidung weiterhin in den eigenen Händen hält.

    Die Münchner Löwen bestreiten – ebenso wie der FC Bayern – ihre Heimspiele seit der Saison 2005/2006 in der Allianz-Arena. Würden Sie sagen, dass der TSV 1860 mittlerweile seine „sportliche Heimat“ dort gefunden hat?

    Schnell: Ich würde schon sagen, dass sich ein Zugehörigkeitsgefühl zur Allianz-Arena entwickelt hat. Allerdings könnte man einige Dinge doch noch etwas „löwengerechter“ sein.

    Was meinen Sie damit konkret?

    Schnell: Nun, beispielsweise würde ich den Oberrang für uns Löwen anders nutzen – sei es für Sponsoren, womit man ja auf der Gegengeraden sogar schon begonnen hat, oder auch zur Beflaggung. Eine Kapazität von rund 45000 Zuschauern, die die unteren beiden Ränge bieten, wäre für uns ausreichend.

    Am morgigen Sonntag dürfte in der Arena sicherlich wieder ein etwas größeres Zuschauer-Aufkommen vorherrschen, wenn der FC Ingolstadt 04 zum Derby gastiert. Wie werden die Schanzer beziehungsweise deren Entwicklung von den Löwen registriert?

    Schnell: Nun, der FC Ingolstadt 04 ist ein sehr junger Verein, der von einigen etwas belächelt, von anderen wiederum beneidet wird. Der Klub hat in seiner bisherigen Historie schon einiges erreicht, sich bis in die 2. Bundesliga hochgearbeitet und nun den Klassenerhalt geschafft. Mich persönlich freut es, dass es nun endlich wieder richtige oberbayerische Derbys gibt.

    Gibt es auch etwas, worum Sie die „Schanzer“ beneiden?

    Schnell: Wenn man einen Großsponsor wie Audi im Rücken hat, dann ist das sicherlich sehr hilfreich.

    Im Kader des FC Ingolstadt 04 steht mit Andreas Görlitz ein ehemaliger „Sechziger“. Welche Erinnerungen haben Sie an ihn?

    Schnell: Andi war ein ganz lieber Kerl und ein absoluter „Blauer“, der schon als kleines Kind in Löwen-Bettwäsche geschlafen hat. Daher hat es damals schon sehr weh getan, als er dann zum FC Bayern gewechselt ist. Von seinem Charakter her war er ein ganz offener und zugänglicher Spieler. Ich habe wirklich nur gute Erinnerungen an ihn.

    Zum Abschluss hätten wir gerne noch einen Tipp von Ihnen: Wie geht das Oberbayern-Derby am Sonntag in der Allianz-Arena aus?

    Schnell: Ein genaues Ergebnis tippe ich eigentlich nie. Aber nach dem 1:1-Unentschieden im Hinspiel setze ich vor heimischer Kulisse auf einen Sieg.

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