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Vorwürfe gegen IWE-Chef Strauss-Kahn: Warum Frankreichs Erde bebt

Vorwürfe gegen IWE-Chef Strauss-Kahn

Warum Frankreichs Erde bebt

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    Birgit Holzer
    Birgit Holzer

    Um das Erdbeben zu verstehen, das die Festnahme Dominique Strauss-Kahns in Frankreich ausgelöst hat, muss man zurückblicken auf die vergangenen Monate. Obwohl die Präsidentschaftswahl im Frühjahr 2012 noch in beträchtlicher Ferne liegt, bestimmt längst die Frage alle Diskussionen, ob „DSK“ der nächste Staatschef Frankreichs werden will.

    Seine Chancen standen bestens: Umfragen, die zuletzt fast täglich auf die Franzosen einprasselten, bestätigten konstant das große Vertrauen ausgerechnet in einen Sozialisten, der einer Organisation mit dem Ruf vorstand, Schuldenstaaten auf unsoziale Weise „auszuhungern“. Ein Bruch, den das linke Lager wohl akzeptierte durch die Aussicht, nach 17 Jahren wieder einen Präsidenten zu stellen.

    Konservative Schichten zog DSK an mit seinem unbestrittenen ökonomischen Sachverstand fernab von kaum realisierbaren Wunschträumen einiger Parteigenossen à la Rente mit 60. Er schien der perfekte Kompromiss-Kandidat, dazu noch ausgestattet mit Charme, Charisma und einem weltmännischen Auftreten, das viele Franzosen bei ihrem so zappeligen und unsteten Präsidenten vermissen.

    So erwarteten Linke wie Rechte, die Sarkozy in vier Jahren „Hyperpräsidentschaft“ bitter enttäuscht hat, Strauss-Kahn wie einen Messias, der seinen verdrossenen Landsleuten wieder Zuversicht hätte einimpfen können. Dass er ähnliche Schwachstellen hat wie Sarkozy, nämlich die unverdeckte Vorliebe für Luxus, Geld und attraktive Frauen, sah man ihm nach – gerade in einem Land, in dem die Präsidenten auf monarchische Weise regieren und die Amouren von Valérie Giscard d’Estaing über François Mitterrand bis Jacques Chirac legendär sind.

    Jetzt aber geht es nicht mehr um pikante Affären, es geht um den Verdacht einer versuchten Vergewaltigung. Und so beliebt Strauss-Kahn auch ist – viele trauen ihm zu, dass sein instinktiver Machttrieb auch vor Frauen nicht haltmacht. Selbst durch einen Freispruch wäre sein Ruf dauerhaft angekratzt. Er käme auch zu spät für die Wahlkampagne.

    Doch auch ohne den Hauptakteur geht das Spiel weiter, das nun wieder offener ist. Der geschwächte Präsident verliert mit DSK seinen gefährlichsten potenziellen Gegner, Sozialisten-Chefin Martine Aubry und Ex-Parteichef François Hollande, werden die parteiinterne Wahl unter sich ausmachen. Zu begeistern vermag keiner von ihnen.

    Vor allem wird Marine Le Pen erneut gestärkt. Strauss-Kahn war der Einzige, der die Vorsitzende des rechtsnationalen Front National in Umfragen deutlich hinter sich ließ. Umso siegessicherer wird die geschickte Rechtspopulistin nun auf Angriff gehen. Das Erdbeben setzt sich fort.

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