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Sanierungswelle bedroht Deutschlands Theaterlandschaft

Kommentar

Auf die deutsche Theaterlandschaft kommen harte Jahre zu

Richard Mayr
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    Schon seit Jahren ist das Augsburger Theater ein Sanierungsfall. Viele Opern- und Konzerthäuser in Deutschland sind in die Jahre gekommen.
    Schon seit Jahren ist das Augsburger Theater ein Sanierungsfall. Viele Opern- und Konzerthäuser in Deutschland sind in die Jahre gekommen. Foto: Ulf Vogler/dpa

    Deutschland lässt sich Kultur einiges kosten: Nirgendwo anders gibt es eine solche Dichte an öffentlich finanzierten Theatern, Opern, Orchestern. Fast für jede größere Stadt gehört es zum Selbstverständnis, ein eigenes Ensemble zu unterhalten. Dort, wo die Häuser klug geleitet werden, wo die Mischung des Angebots stimmt, kommt das Publikum bereitwillig. Es gibt im Jahr zwei nach der Pandemie kein Zuschauerproblem. Ungemach droht jedoch von anderer Seite. Viele Bühnen sind in die Jahre gekommen, viele Häuser müssen grundlegend saniert werden. Überall dort, wo große Baumaßnahmen anstehen, wird über schwindelerregende Summen diskutiert, stehen Ausgaben von hunderten Millionen Euro, mancherorts gar im Milliardenbereich im Raum. So viel ist klar: Auf diesen Teil von Deutschlands Kulturleben kommen nun harte Jahre zu.

    Denn zum Großteil werden die Opern- und Konzerthäuser von den Kommunen finanziert und ausgestattet. Die Kommunen sind es, die Deutschlands Kulturleben maßgeblich tragen, etwa durch Bibliotheken, Museen oder städtische Bühnen. Gleichzeitig werden die finanziellen Spielräume zum Gestalten enger. Die Pflichtausgaben fürs Soziale steigen stetig. Die politischen Hilferufe des Städtetags nach größeren Zuwendungen von Ländern und dem Bund verhallen. Auch dort kann mit dem Geld nicht mehr geaast werden, die fetten Jahre sind vorbei. Deutschlands Wirtschaft schwächelt.

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    Das bedroht das kulturelle Selbstverständnis und das gesellschaftliche Übereinkommen, sich Kultur zu leisten, zum Beispiel in Augsburg. Dort wird seit 2016 das Theater saniert. Die Stadt sah sich in diesem Zeitraum mit zwei (gescheiterten) Bürgerbegehren dagegen konfrontiert. Oder aber Ingolstadt: Dort ging die erfolgreiche Bürgerbegehren-Initiative von den Freien Wählern aus, die den Bau einer neuen Bühne zu Fall brachte und damit die Planungen für die dringend nötige Theatersanierung weiter verzögert haben.

    Beide Fälle werden keine Ausnahme bleiben, Ähnliches wird anderswo geschehen: Denn es ist politisch zu verführerisch, der Kultur das Etikett „elitär“ anzuheften und im Anschluss zu fordern, dass die eigene Kommune doch bitte erst einmal die maroden Schulen auf Vordermann bringt. 2026 findet in Bayern wieder Kommunalwahlkampf statt: Gut möglich, dass dann in München (Gasteig-Sanierung) und Nürnberg (Opernhaus-Sanierung) die Vereitelung kultureller Großprojekte ein Thema sein wird.

    Wie soll man die Argumente komplett entkräften? Theater-Sanierungen statt Schulsanierungen, das kann es nicht sein. Beides ist wichtig. Nur eines sollte man nicht vergessen: Zum Auftrag der Stadttheater gehört es ja gerade, den Zugang nicht am Preis scheitern zu lassen – genau deshalb erhalten die Ensembles für ihren laufenden Betrieb hohe Zuschüsse. Die Eigeneinnahmen der Theater bewegen sich im Regelfall auf einem Niveau von zehn Prozent. Der Besuch der Theater hierzulande ist erschwinglich.

    In dem Bereich, der sowohl Theater-, als auch Schul-Sanierungen, aber auch alle anderen Bauvorhaben billiger machen könnte, herrscht Stillstand: Die Vorgaben und Vorschriften von Brandschutz bis zu Energiestandards werden nicht weniger, sondern mehr und treiben die Preise, trotz aller anderslautender politischer Lippenbekenntnisse. Der Politik gelingt es nicht, die Befugnisse ihrer Apparate, nämlich den Behörden, zu beschränken. Wobei das Bauen wiederum nur ein Teil des allseits geforderten Bürokratieabbaus im Land ist. Übrigens ebenfalls ein Thema mit  politischer Sprengkraft.

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