Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht mit dem Reformstaatsvertrag vor der größten Reform seiner Geschichte. Doch selbst diese geht noch immer nicht weit genug. Auch wenn die Sender vehement Widerstand leisten – die Länder, die den Entwurf nächste Woche beschließen wollen, müssen Kurs halten. Auch und vor allem, um die Akzeptanz von ARD und ZDF, die unter anderem durch deren Skandale erschüttert ist, zu stärken.
Das Wort „Gesundschrumpfung“ ist kein schönes, trifft es aber: Die Sender sind aufgrund ihrer Beitragsmilliarden bis zur Unkenntlichkeit gewachsen. Sie bieten, stets ihren „Auftrag“ vor sich hertragend, von allem alles Mögliche und von vielem zu viel. Der Entwurf des Reformstaatsvertrags setzt hier an: Weniger soll und wird mehr sein. Weniger Hörfunk- und TV-Programme, eine Begrenzung der Online-Ausspielwege, eine effizientere Zusammenarbeit von der Technik bis zu den Inhalten. ARD, ZDF und Deutschlandradio müssen, um ihrer selbst willen, endlich wieder öffentlich-rechtlicher und dadurch profilierter werden.
Reformstaatsvertrag: weniger ist mehr – deshalb muss der Entwurf auch beschlossen werden
Statt sich über 69 Hörfunkprogramme zu freuen, fragen Beitragszahler ja zurecht nach dem Sinn eines derartigen Überangebots. Sie können nicht nachvollziehen, warum das Fernsehprogramm zu großen Teilen aus Formaten besteht, die es ebenso und besser bei den Privatsendern gibt. Erst recht leuchtet ihnen nicht ein, warum ARD und ZDF zusätzlich zu den Beitragsmilliarden Werbeeinnahmen erzielen. Medienkritiker werden nicht müde, darauf hinzuweisen, dass die Öffentlich-Rechtlichen einer fatalen Einschaltquoten- und Klicklogik folgen, an den falschen Stellen sparen und der abwegigen Ansicht sind, gegen die internationalen Internet- und Streaminggiganten bestehen zu müssen.
Dabei ist es doch der Grundgedanke, der nach wie vor überzeugt: Gerade der Rundfunkbeitrag, der von Finanzierungszwängen befreit, ermöglicht es den Sendern, für die Breite der Gesellschaft qualitätvolle Angebote zu erstellen – bis in vermeintliche Nischen. Gesamterträge von neun Milliarden Euro wie 2023 sollten sie dazu eigentlich in die Lage versetzen.
Grundfalsch und dreist ist die Behauptung, eine Verschärfung des Verbots presseähnlicher Angebote schwäche die Informationsvielfalt
Qualitätsjournalismus ist kostenintensiv, das wissen Medien, die sich privat finanzieren und am Markt bestehen müssen – wie die Augsburger Allgemeine und hunderte andere Zeitungsredaktionen in Deutschland – nur zu gut. Dass ihnen beitragsfinanzierte Onlineangebote mit ihrer Textlastigkeit seit vielen Jahren unfaire Konkurrenz machen, ist daher überaus ärgerlich. Noch ärgerlicher ist, dass ARD und ZDF nun weiter nach Kräften daran festzuhalten versuchen. Als gebe es das Problem einer – potenziellen – Wettbewerbsverzerrung gar nicht.
Stattdessen behaupten sie, von ihrem bisweilen ausuferndem Textangebot hänge das Wohl der Demokratie ab: Komme die Reform, könnten sie nicht mehr schnell genug informieren, weil sie Radio- oder TV-Sendungen digital auswerten müssten; könnten sie junge Menschen, die Social Media und Plattformen stark nutzen, nicht mehr erreichen; könnten sie es nicht mehr leisten, über Fake News aufzuklären, denn dafür brauche man lange Texte. Die Menschen wären, argumentieren sie, schlechter informiert. Grundfalsch und dreist auch die Behauptung des ZDF-Intendanten, eine Verschärfung des Verbots presseähnlicher Angebote schwäche die Informationsvielfalt – und führe „zu einem erheblichen bürokratischen und personalintensiven Aufwand“.
Es ist Zeit für eine tiefgreifende Reform – und diese Zeit ist jetzt.
Gerade den Qualitätsjournalismus vermisse ich bei Ihrem Arbeitgeber und auch hier im Kommentar. Bei ARD und ZDF wird wenigstens dieser Begriff noch einigermaßen gelebt, man gibt nicht einfach Behauptungen weiter, sondern hakt da auch mal nach. Da kommt dann sogar mal ein Söder etwas in Erklärungsnot, während ich hier vergeblich danach suche, dass man seine Versprechen und Ankündigungen auch mal mit dem wirklich geleisteten gegenüber stellt. Den Qualitätsjournalismus vermisse ich auch bei der Krankenhausreform, aber mich wundert das auch nicht. Denn der Qualitätsjournalismus fängt schon bei Kleinigkeiten an, und wenn hier im Blatt immer wieder mal offensichtlich wird, dass schon der Lokalredakteur wenig Ahnung von den Örtlichkeiten hat, dann ist mein Glaube an gelebten Qualitätsjournalismus auch nicht besonders hoch. Dass wir zu viele Sender haben, da widerspreche ich nicht, hier ist eine Reform überfällig. Aber mit Qualitätsjournalismus hat das nichts zu tun.
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