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Leitartikel: Miteinander alt werden

Leitartikel

Miteinander alt werden

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    Miteinander alt werden
    Miteinander alt werden

    Hurra, wir werden alt! Ein regelrechter Freudenschrei war das, zu dem sich eine große deutsche Tageszeitung unlängst auf ihrer Titelseite hinreißen ließ. Was gibt es da zu jubilieren? Werden denn nicht überall die Folgen des demografischen Wandels dramatisch sichtbar? Die Wirtschaft beklagt den Fachkräftemangel, der entsteht, weil die Älteren in den Ruhestand verabschiedet wurden, es aber zu wenig Junge gibt, mit denen internationale Konkurrenzfähigkeit ausgebaut werden kann. Es gibt zu wenig Altenpflegeheime, um die steigende Zahl demenzkranker, hochbetagter Menschen zu versorgen. Immer weniger Arbeitnehmer müssen für immer mehr Rentner aufkommen. Die Kranken- und Pflegekassen drohen mit steigenden Beiträgen, weil sie sonst die Kosten nicht mehr tragen können.

    Das Alter wird leider nur als Belastung für die Gesellschaft gesehen, das Altern als schwere Prüfung des Einzelnen. Alt ist Schmerz und krank, schwach und hilfsbedürftig, Last und finanzielle Belastung. Was gibt es da zu jubilieren?

    Es gibt viele Gründe dafür, dass die Gesellschaft in unserem Land immer älter wird. Das liegt unter anderem daran, dass jetzt die geburtenstarken Jahrgänge, die sogenannten Babyboomer der 60er Jahre, sich allmählich dem Rentenalter nähern. Es liegt aber auch daran, dass die Menschen aufgrund medizinischer Vorsorge und verbesserter Lebensumstände und Arbeitsbedingungen älter werden. Das ist ein Grund zur Freude.

    Und weil das so ist, muss sich die Gesellschaft jetzt daranmachen, sich dem demografischen Wandel zu stellen und ihn als Chance zu sehen. Immerhin ist derzeit ein Viertel und bald sogar ein Drittel der Bevölkerung über 65 Jahre alt. Es darf keinen Kampf der Generationen geben. Tatsächlich sind nur zehn Prozent der Alten wirklich pflegebedürftig und weitere zehn Prozent auf Hilfe angewiesen. Alle anderen sind aktiv. Sie sind das Potenzial, auf das sich alle gesellschaftlich relevanten Gruppierungen stützen können.

    Beim zehnten Seniorentag, der unlängst in Hamburg stattfand, wurden unter anderem Altersgrenzen in Frage gestellt. Bundespräsident Joachim Gauck plädierte dafür, das Renteneintrittsalter so zu flexibilisieren, dass diejenigen, die sich im Berufsleben schon vor der Zeit abgearbeitet haben, früher in

    Viele ältere Menschen sind froh, wenn sie in Rente gehen können. Die Arbeitswelt haben sie als fordernd und abweisend empfunden. Doch was erwartet sie im „wohlverdienten Ruhestand“? Schließlich ist diese Gesellschaft für die kalte Arbeitswelt verantwortlich. Wohl dem, der auf seine liebende Familie bauen kann. Aber immer mehr ältere Menschen haben keine Partner mehr und keine Kinder.

    Ein neues Miteinander ist der Schlüssel für die Gesellschaft der Zukunft. Das beginnt bei mehr Aufmerksamkeit im Wohnviertel, bei generationsgemischten Wohnprojekten, in denen man sich gegenseitig hilft, und reicht bis zu ehrenamtlichen Aufgaben, die gerade ältere Menschen in die Gesellschaft einbinden. Und: Die Alterskrankheit Demenz gehört zu den Folgen des demografischen Wandels. Es gibt viele gute Projekte, die eine menschenwürdige Pflege gewährleisten. Sogenannte Demenzdörfer sind nicht die Lösung. Sie sortieren Patienten aus der Gemeinschaft aus. Inklusion, das Miteinander aller Menschen, muss auch hier gelten.

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