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Kommentar: Die politischen Flitterwochen von Harris könnten bald zu Ende sein

Kommentar

Die politischen Flitterwochen von Harris könnten bald zu Ende sein

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    Noch elf Wochen bis zur Wahl: Die demokratische Präsidentschaftskandidatin  Kamala Harris und ihr designierter Vize Tim Walz.
    Noch elf Wochen bis zur Wahl: Die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris und ihr designierter Vize Tim Walz. Foto: Charles Rex Arbogast/AP

    Noch vor kurzem hätten Freunde dem Gouverneur von North Carolina, Roy Cooper, wohl dringend zu einem Arztbesuch geraten. „Ich war viel im Wahlkampf unterwegs“, erzählte der Demokrat am Freitag bei einer Kundgebung: „Ich habe ein Gefühl wie 2008.“ Ernsthaft? 2008 - das war das Jahr, als ein Senator namens Barack Obama mit seiner Kampagne die Herzen der amerikanischen Wähler im Sturm eroberte und der Bundesstaat North Carolina zum vorerst letzten Mal für einen demokratischen Präsidentschaftskandidaten stimmte.

    So mutig der Vergleich klingt, so treffend spiegelt er die aktuelle Stimmung unter den amerikanischen Demokraten. Die Regie muss nicht nachhelfen, um den Parteitag in dieser Woche in Chicago als Krönungsmesse zu gestalten. Wo immer die Kandidatin Kamala Harris gerade auftritt, sind die Hallen voll, und es wird begeistert gejubelt. Stolze 310 Millionen Dollar Spenden sind alleine im Juli eingegangen. Fast 370.000 Freiwillige haben sich als Wahlhelfer gemeldet. Und die Generation TikTok feiert die 59-Jährige wie einen Popstar.

    In den Umfragen hat sie Boden gut gemacht

    Wer die vergangenen Sommerwochen auf einer einsamen Insel zugebracht hat, der muss an seiner Wahrnehmung zweifeln. War nicht Donald Trump nach einem Attentatsversuch auf einem triumphalen Parteitag gerade endgültig zum Messias der Republikaner aufgestiegen? Lagen die Demokraten nicht in allen Umfragen weit abgeschlagen zurück? Und galt die bestenfalls unauffällige Vizepräsidentin Harris nicht als Klotz am Bein der Biden-Regierung?

    Das alles stimmt. Und es sind gute Gründe, den derzeitigen Hype mit einer gesunden Portion Skepsis zu verfolgen. Doch mit dem Kandidatenwechsel hat sich die Dynamik des Rennens um das Weiße Haus komplett verändert. Im linksliberalen Lager, das vorher fast apathisch dem Untergang entgegensah, ist ein Knoten geplatzt. Plötzlich gibt es zumindest eine Chance, den Durchmarsch von Trump zu stoppen: Das setzt Energie, Begeisterung und Zuversicht frei.

    Die Rollen haben sich verkehrt: Im Kontrast zu dem 81-jährigen Joe Biden wirkte Trump viril und dynamisch. Viele Wähler trauten ihm eher zu, die Zukunft des Landes zu gestalten. Selbst echte Erfolgsmeldungen der Regierung zum Arbeitsmarkt und dem Rückgang der Inflation drangen kaum durch, weil der Botschafter Biden mit dünner Stimme so fragil und schwach wirkte.

    Nun plötzlich dominiert nicht mehr Trump die Nachrichten, sondern eine fast zwei Jahrzehnte jüngere schwarze Frau. Sie setzt auf Freude und Zuversicht, während er düstere Untergangsszenarien malt und wilde Racheschwüre ausstößt. Mit einem Mal wirkt der 78-Jährige, der seit acht Jahren dieselbe Schallplatte in immer höherer Umdrehungszahl abspielt, alt und ermüdend.

    Nach dem Parteitag ist der Aha-Effekt verbraucht

    Das alles garantiert Harris keinen Wahlsieg. Ihre politischen Flitterwochen könnten bald nach dem Parteitag zu Ende gehen. Dann ist der Überraschungseffekt verbraucht, und Fragen vor allem nach ihrem bislang recht dünnen Programm dürften lauter werden. Bis zur Wahl sind es noch elf Wochen. Die Entwicklung seit der desaströsen TV-Debatte zwischen Trump und Biden belegt, wieviel in einer solchen Zeitspanne passieren kann.

    Doch eines hat die Kandidatin schon jetzt erreicht: Sie hat Trump aus seiner Komfortzone vertrieben. Seine Umfragewerte sinken. Aus der Defensive bekommt der Republikaner seine Gegnerin nicht zu packen. Entsprechend aufgebracht steigert er sich in seine rassistischen und frauenfeindlichen Ausfälle, die ihm bei unabhängigen Wählern und vor allem Wählerinnen schaden. Vielleicht muss Harris gar keine weibliche Obama werden. Am Ende könnte es reichen, wenn sich Trump selbst demontiert. 

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