Mit der Forderung nach einer Rückkehr der Vermögenssteuer tritt die SPD zum absolut falschen Zeitpunkt eine Neiddebatte los. Angesichts immer deutlicherer Anzeichen einer wirtschaftlichen Rezession ist es der Versuch, einen Keil mitten in die Gesellschaft zu treiben. Das ist gefährlich. In schlechter, alter klassenkämpferischer Manier versucht die darbende Partei, den Zorn auf „die Reichen“ anzufachen.
Sie bedient sich dabei eines plumpen Feindbilds, ganz buchstäblich. So zeigt eine Grafik der Bundestagsfraktion einen Typen im Liegestuhl, dem ein Fließband ein Geldbündel nach dem anderen vor die Füße wirft. So läuft es also aus SPD-Sicht bei den Wohlhabenden: durchs Nichtstun immer reicher werden, und nebenher Cocktails schlürfen.
Als gäbe es keine Unternehmer, die sich durch Bildung und Fleiß, Hartnäckigkeit und Risikofreude hochgearbeitet haben. Keine Familienfirmen, die ordentlich bezahlte Arbeitsplätze garantieren und ihr Geschäft nicht kurzfristig am Aktienkurs ausrichten. Dabei muss es im Moment doch darum gehen, dass der Standort Deutschland so gut wie irgend möglich durch die Krise kommt – wenn die denn wirklich kommt.
SPD-Vorschlag träfe auch hart arbeitende Leistungsträger
Über eine höhere Besteuerung von Wohlhabenden kann man ja durchaus diskutieren, zumal als SPD. Doch was SPD-Interimschef Thorsten Schäfer-Gümbel mit der Neuauflage der Vermögenssteuer plant, träfe keineswegs nur reiche Erben. Sondern auch viele hart arbeitende Leistungsträger, die in Deutschland ohnehin schon stärker belastet werden, als anderswo.
Dass die SPD jetzt zur Unzeit laut nach neuen Steuern rufen muss, liegt daran, dass in den vergangenen Jahren unter ihrer Regierungsbeteiligung viele teure Wahlgeschenke gemacht wurden. Zum Beispiel die Rente mit 63 Jahren. Hier findet eine Umverteilung von jüngeren zu älteren Bürgern statt. Das wäre auch bei der von der SPD so vehement geforderten Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung der Fall. CDU und CSU sind in Sachen kostspieliger Klientelpolitik übrigens keine Unschuldslämmer – sie machen bei den SPD-Vorhaben gerne mit oder setzen eigene teure Akzente, wie bei der Mütterrente.
Solange die Wirtschaft brummte und die Steuereinnahmen sprudelten, waren die Gefahren dieser Umverteilungsorgien kaum sichtbar. Doch jetzt, in konjunkturell zunehmend aufgewühlten Zeiten, kann sich das schnell ändern. Durch all die langfristig versprochenen Wohltaten bleibt kaum mehr Geld für Investitionen in Bildung, Forschung und Infrastruktur. Das übersieht die SPD, die sich ja gern als Robin Hood unter den Parteien geriert. Mindestens ebenso viel Spaß, wie den Armen zu geben, macht es vielen Genossen dabei, den Reichen zu nehmen. Im aktuellen Koalitionsvertrag kam das dem linkeren Teil der Partei wohl deutlich zu kurz.
SPD will das drohende Debakel bei den Landtagswahlen abwenden
Dass die SPD ausgerechnet jetzt die Forderung nach der Neuauflage der Vermögenssteuer ausgräbt, hat aber noch einen anderen Grund. Sie will in letzter Sekunde das Debakel abwenden, das ihr bei den drei bevorstehenden Landtagswahlen droht. In den neuen Ländern, glaubt Schäfer-Gümbel, lässt sich mit dem Plan, den Reichen mehr zu nehmen, ordentlich punkten. Doch der Vorstoß ist noch nicht einmal mit Blick auf den Osten politisch klug. Wer scharfe Antikapitalismus-Rhetorik sucht, geht lieber gleich zur Linkspartei.
Die Forderung nach immer mehr Umverteilung ist für die SPD nicht Lösung, sondern Mitursache ihrer Probleme. Wenn sie das nicht begreift, wird sie noch mehr von einer anderen, weniger erwünschten Umverteilung abbekommen: der von einstigen SPD-Wählern zu anderen Parteien.
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