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Kommentar: Scholz setzt mit dem Thema Migration aufs falsche Wahlkampfpferd

Kommentar

Scholz setzt mit dem Thema Migration aufs falsche Wahlkampfpferd

Stefan Lange
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    Kanzler Olaf Scholz, hier bei seiner Sommerpressekonferenz, schlägt beim Thema Migration schäfere Töne an.
    Kanzler Olaf Scholz, hier bei seiner Sommerpressekonferenz, schlägt beim Thema Migration schäfere Töne an. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Er wolle, sagt der Mann, doch auch nicht, dass ausländische Mitbürger seiner Tochter auf dem Nachhauseweg hinterher starren. Er sagt das nur so ähnlich, für „ausländischer Mitbürger“ und „hinterher starren“ benutzt er heftigere Wörter. Der Mann ist ein ranghohes Mitglied der Union, das Beispiel soll hier nicht die Parteien mit dem C im Namen pauschal diskreditieren. Es zeigt aber, dass die Denke eines Björn Höcke nicht nur in der AfD vertreten ist. Die Union will mit dem Thema innere Sicherheit und Migration als Top-Thema in den Bundestagswahlkampf ziehen - und die SPD hat sich offenbar entschieden, dem gleichzutun. Olaf Scholz als Sheriff der Nation, Nancy Faeser als sein Deputy?

    Als der Kanzler im Oktober einen ersten Versuch der Scharfmacherei unternahm und erklärte, er wolle „endlich im großen Stil abschieben“, sorgte diese Kampfansage – obwohl wertfrei und neutral vorgetragen - für Entrüstung in seiner SPD. Der spätere Juso-Bundesvorsitzende Philipp Türmer erklärte, er könne „kotzen bei diesem Zitat“. Scholz nahm die Kritik zur Kenntnis und ruderte zurück. Doch vor dem Hintergrund ständig sinkender Umfragewerte für sich und seine Partei wählt er seit einigen Wochen wieder eine härtere Tonlage.

    Stimmenfang bei AfD und BSW

    Man dürfe „überhaupt keine Zweifel“ daran lassen, „dass die irreguläre Migration begrenzt werden muss, dass die Zahl derjenigen, die auf diese Weise hierherkommen, reduziert werden muss und dass wir die Verfahren in Deutschland massiv beschleunigen müssen“, sagte er bei seiner Sommerpressekonferenz. Abschiebungen afghanischer und syrischer Straftäter sind kein Problem mehr für Scholz, dabei hatte die Ampel das lange abgelehnt. Ebenso wie stationäre Grenzkontrollen, die mit Billigung des Kanzlers jedoch verlängert wurden. Innenministerin Faeser sekundiert ihrem Regierungschef, wo sie nur kann. Abschiebungen, Grenzkontrollen, alles trägt sie mit und verbietet zur Bekräftigung das „Islamische Zentrum Hamburg“ als extremistische Organisation.

    Dass Faeser dabei aus Versehen einen Link auf den YouTube-Kanal von Chanel gleich mit verbot, ist einerseits eine Anekdote. Der Vorfall zeigt aber auch: So richtig rund läuft das noch nicht mit dem Stimmenklau von migrationskritischen Parteien wie AfD oder BSW. Scholz selbst sagt, dass Deutschland nur dann ein wohlhabendes Land bleibe, wenn es genügend Arbeitskräfte habe, und dazu gehörten „selbstverständlich Arbeitskräfte aus anderen Staaten“. Das geht argumentativ in eine ganz andere Richtung und es wird nicht gelingen, aus diesen Gegensätzen eine Wahlkampfbotschaft zu formulieren. Denn die muss einfach sein, damit sie verfängt.

    Merkel machte es anders

    Woher der Kanzler die Zuversicht nimmt, dass er sich und seine SPD mit dem Thema Migration nach vorn bringen kann, ist sein Geheimnis. Einen neuen Ansatz in der Debatte hat er nicht, im Zweifel wählen die Menschen das Original. Erschwerend für die SPD kommt hinzu, dass laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa für die Menschen im Lande die ökonomische Lage an erster Stelle steht. Nicht die Migration.

    Scholz setzt mit der Migration aus einem weiteren Grund auf das falsche Wahlkampfpferd. Demokratiefeindliche Parteien aus dem rechten Spektrum steigen auf, weil sie Ausgrenzung und Rassismus das Wort reden. Scholz ist Kanzler aller Deutschen. Seine Aufgabe ist es, Gegenrede zu halten, wie es seine Vorgängerin Angela Merkel (CDU) getan hat. Der Versuchung, im Strom mitzuschwimmen, muss er widerstehen. Selbst um den Preis der persönlichen Niederlage.

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