Für die eigene Glaubwürdigkeit mag es einen wirtschaftlichen Totalschaden bedeuten, aber strategisch wäre es durchaus clever von Friedrich Merz, sich das Startkapital fürs Regieren schon zu besorgen, noch bevor er überhaupt Kanzler ist. Ganz so einfach, wie sich der CDU-Chef das offenbar vorgestellt hatte, wird es allerdings nicht werden.
Merz scheint sich mal wieder ohne Not in eine Sackgasse manövriert zu haben. Dass er den Grünen, auf deren Hilfe er im Bundestag angewiesen ist, ein paar dürre Sätze auf eine Mailbox spricht, anstatt auf Augenhöhe um ihre Zustimmung zu werben, deutet nicht unbedingt darauf hin, dass er den Ernst seiner Lage schon erkannt hat. Und selbst wenn Merz die Grünen „last minute“ noch überzeugen sollte, muss eines klar sein: Die zusätzlichen Milliarden dürfen nicht zum Blanko-Scheck für die nächste Regierung werden.
Die Union darf sich das Sparen nicht sparen
CDU und CSU haben auch deshalb die Wahl gewonnen, weil sie das Prinzip der schwäbischen Hausfrau proklamiert hatten: nur soviel ausgeben, wie man auch eingenommen hat. Dass sie dieses Versprechen nur wenige Tage nach der Wahl pulverisiert haben, mögen Friedrich Merz und Markus Söder noch mit der von Donald Trump aus den Fugen geschlagenen weltpolitischen Lage erklären. Auch wenn der US-Präsident den Hammer längst in der Hand hatte, als der Kanzler in spe noch behauptete, ohne neue Schulden auszukommen. Geschenkt. Umso wichtiger wird es sein, dass die Union nicht auch noch ihr zweites Versprechen bricht und sich das Sparen einfach spart.
Ja, es ist durchaus respektabel, wie schnell sich Schwarz und Rot auf die Grundzüge einer gemeinsamen Politik geeinigt haben. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es sich leicht verhandelt, wenn es unverhofft Milliarden regnet. Die eigentliche Arbeit beginnt erst — und zwar unabhängig davon, ob die Grünen Merz den Geldhahn zudrehen oder nicht: Wo sind die mutigen Reformen? Wo sind die Konzepte, um die Wirtschaft nicht nur irgendwie am Leben zu erhalten, sondern ihr neues Leben in neuen Wachstumsbranchen einzuhauchen? Wo sind die ehrgeizigen Ziele, mit dem schuldengemachten Budget sorgsamer umzugehen? Und vor allem: Wo bleibt die Verantwortung für die von Friedrich Merz im Wahlkampf immer wieder zitierten Kinder und Enkelkinder?
Bloß keine Zumutungen? Das ist eine Zumutung!
Klar, man kann mit Fug und Recht argumentieren, dass ohne Frieden und Sicherheit alles nichts ist. Und dass zumindest die eine Hälfte des Sondervermögens für die Verteidigung eine Investition in die Zukunft darstellt. Aber was ist mit Ideen zu Rente, Gesundheit, Pflege, Klimaschutz? Kaum eine Zeile wert in dem Papier, das Schwarz-Rot da zusammensondiert hat. Ein Papier, das vor allem eine Botschaft atmet: bloß keine Zumutungen! Nicht für die Union, nicht für die SPD, nicht für die Wirtschaft, nicht für die Wählerinnen und Wähler. Nur: Wie soll eine Regierung, die auf nichts verzichtet, den Menschen vermitteln, sie müssten auf etwas verzichten? Denn genau darum wird es doch gehen in den kommenden Jahren.
Grüne können etwas in den Koalitionsvertrag hineinverhandeln
Dass die Grünen nun mit dem Ass pokern, das Merz ihnen unerwartet in den Ärmel gesteckt hat, kann man ihnen kaum verdenken. Erst recht dann nicht, wenn sie die Chance nutzen, um als Oppositionspartei zwei Punkte in den Koalitionsvertrag hineinzuverhandeln, die für unsere Zukunft elementar sind. Erstens, dass der Kampf gegen den Klimawandel kein grünes Hirngespinst ist, sondern im Interesse aller Menschen geführt werden muss. Und zweitens, dass der Staat nicht den Generationen von morgen ungehemmt Schulden aufbürden darf, nur weil der Mut fehlt, den Bürgerinnen und Bürgern von heute etwas abzuverlangen.
>>Erstens, dass der Staat nicht den Generationen von morgen ungehemmt Schulden aufbürden darf, nur weil ihm der Mut fehlt, den Bürgerinnen und Bürgern von heute etwas abzuverlangen. Zweitens, dass der Kampf gegen den Klimawandel, kein grünes Hirngespinst ist, sondern im Interesse aller Menschen geführt werden muss. << Danke, für dieses Fazit! Raimund Kamm
Ein guter Kommentar von Herrn Stifter. Hätte ich in dieser Klarheit nicht erwartet. Das Sondervermögen ist nicht dazu da, die Wünsche der beteiligten Parteien ungehemmt zu erfüllen, es ist dazu da, etwas mehr für die Infrastruktur zu tun. Dazu gehört im weitesten Sinn auch die Auseinandersetzung mit dem Klimawandel. Wie Mütterrente und Mindestlohn und dergleichen Lieblingsthemen zu finanzieren sind, dazu muss eine andere Antwort gefunden werden. Es kann nicht sein, dass man ein Sondervermögen bereits verteilt, bevor es durch Bundestag und Bundesrat ist, und es kann nicht sein, dass daraus ein warmer Regen aus der Gießkanne für alle kleinen Wünsche von Merz, Söder und Klingbeil wird. Merz hat viel versprochen und er hat nie gesagt, wie er das alles finanzieren will. Nun muss er Farbe bekennen. Dass man es denen nimmt, die am wenigsten haben, den Bürgergeldempfängern, das kann nicht alles sein.
Eine sehr gute Antwort Frau Reichenauer, zumal der Aschermittwoch ein hässlicher Auftritt von Herrn Söder vollzogen wurde, was Ihn jetzt voll auf die Füße fällt und das endlich mal gut so. Die Grünen so zu verdammen und dann sollen Sie diesem Katastrophalen voll Schulden zustimmen. Ich glaube die Grünen sind nicht blöd und lassen sich über den Tisch ziehen. Was diese neue Regierung jetzt bemerkt und schon lange wusste, hätten Sie im August schon zustimmen können, aber immer dagegen gestimmt. Aber jetzt müssen Sie selbst schauen, was sie immer bei der Ampel blockiert haben, wie Sie es besser machen?????.
Sehr guter Kommentar, Herr Stifter! In dem elfseitigen Papier von CDU/CSU & SPD stehen viele neue Subventionen: Agrardiesel, Gastronomie, Pendlerpauschale, Industriestrompreis, E-Autokauf, Kernfusion, Überstunden. Viele davon sind sogar klimaschädlich. Es fehlen hingegen richtungsweisende Aussagen zur Reform der Altersversorgung und Rentenversicherung, zum Abbau von Subventionen (Dienstwagenprivileg …) und zum Schließen von Steuerschlupflöchern für Reiche. Der Verein Finanzwende e.V. macht hierzu wichtige Vorschläge. https://www.finanzwende.de/themen/steuergerechtigkeit/die-zehn-wichtigsten-steuerprivilegien-und-die-80-milliarden-euro Raimund Kamm
Der Kommentar bringt es auf den Punkt. Die Grünen verweigern sich nicht einem "Sondervermögen" (eigentlich besondere Schulden) für die notwendige Verteidigung und für dringend notwendige Infrastrukturmaßnahmen, wozu auch der Klimaschutz gehört. Sie verweigern sich einem Selbstbedienungsladen für die Klientelpolitik der Union und der SPD; und dafür kann und darf das "Sondervermögen" nun mal nicht herhalten.
An Herrn Scherz: aus dem Artikel: << Klar, man kann mit Fug und Recht argumentieren, dass ohne Frieden und Sicherheit alles nichts ist >> und Ihrem Kommentar: << Die Grünen verweigern sich nicht einem "Sondervermögen" (eigentlich besondere Schulden) für die notwendige Verteidigung ... >> Aus diesem Artikel: << Auch wenn der US-Präsident den Hammer längst in der Hand hatte ... >> Ist doch für jeden einigermaßen intelligenten Menschen klar, dass für Europa (bzw. restliche NATO, GB und EU) militärische Sicherheit absolute Priorität haben muss und dies betrifft Personal, Ausrüstung und Infrastruktur! An Herrn Kamm: << Es fehlen hingegen richtungsweisende Aussagen zur Reform der Altersversorgung und Rentenversicherung, zum Abbau von Subventionen (Dienstw …) und zum Schließen von Steuerschlupflöchern für Reiche. >> Nach der russischen und amerikanischen Invasion haben wir dieses Probleme nicht mehr. Mein Ergebnis: Die Grünen sind Schmarotzer und wollen lieber einen Niedergang, als (1000 er
Wann hört dieser Kernfusionsirsinn endlich auf? Inzwischen dürfte doch auch der dunkelst glühenden Kerze klar sein, dass diese Technologie soweit weg ist wie eine Reise nach Alphacentauri.
Karl Brenner Wieder einmal ein sehr treffender Kommentar, Herr Stifter.
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