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Kommentar: Länderfinanzausgleich: Der Starke wird bestraft

Kommentar

Länderfinanzausgleich: Der Starke wird bestraft

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    Walter Roller
    Walter Roller

    Mithilfe der höchsten Richter soll nun gelingen, wozu die Politik auf dem Verhandlungswege nicht imstande und die große Mehrheit der 13 Nehmerländer trotz eindringlicher Bitten nicht bereit ist: eine gründliche Reform des Länderfinanzausgleichs, die den drei Geberländern – Bayern, Baden-Württemberg und Hessen – eine finanzielle Entlastung verschafft und für eine gerechtere Umverteilung der Geldströme sorgt.

    Die grün-rote Regierung von Baden-Württemberg, deren Chef Kretschmann das aus dem Ruder gelaufene System ebenfalls für „bescheuert“ hält, verfolgt den Vorstoß der Nachbarländer mit klammheimlicher Sympathie, übt sich jedoch mit Rücksicht auf die von Parteifreunden regierten Länder in vornehmer Zurückhaltung. Kretschmann will es noch einmal mit gutem Zureden versuchen, die Kollegen Seehofer (CSU) und Bouffier (CDU) holen die Brechstange heraus. Dass die beiden Ministerpräsidenten mit ihrem populären Vorstoß nicht nur die edle Sache, sondern auch ihre Landtagswahlen im Auge haben, liegt auf der Hand. Der Widerstand gegen ein System, das den Sparsamen und wirtschaftlich Starken bestraft und den über seine Verhältnisse Lebenden belohnt, dürfte auf den Beifall vieler bayerischer und hessischer Steuerzahler stoßen.

    Allerdings greift die Kritik von SPD und Grünen, es handle sich nur um ein plumpes Wahlkampfmanöver, zu kurz. Erstens rennt Bayern seit langem schon gegen seine Zahlmeister-Rolle an und zweitens ist die Unwucht im System zuletzt immer größer geworden. Fast vier Milliarden Euro zahlt der Freistaat inzwischen pro Jahr in den mit knapp acht Milliarden Euro bestückten Umverteilungstopf, ohne dass sich die daraus alimentierten Bundesländer auch nur zu einer vorläufigen Deckelung der Ausgaben bereit erklärt hätten. Weder Bayern noch Hessen stellen den Finanzausgleich grundsätzlich in Frage. Jeder Bundesstaat ist auf die Solidarität der Starken mit den Schwächeren angewiesen; das gesamtstaatliche Ziel einer „Vereinheitlichung der Lebensverhältnisse“ ist in der Verfassung verankert. Auch Bayern, das bis weit in die 80er Jahre hinein Empfänger war, hat die Hilfe anderer in Anspruch genommen. Dass das prosperierende Aufsteigerland Bayern seither den anderen beispringt und, weil es viel hat, auch viel zahlt, liegt in der Natur des Finanzausgleichs begründet. Das Problem ist, dass die Solidarität längst überstrapaziert wird und einem Land wie Bayern pro Kopf seiner Bevölkerung so gut wie nichts von seiner überdurchschnittlichen Steuerkraft bleibt. Umgekehrt lohnt es sich nicht für die „armen“ Länder, aus eigener Kraft zuzulegen – weil es dann weniger aus dem Topf gibt. Das ist weder wirtschaftlich sinnvoll noch gerecht. Das komplizierte System, einst als Hilfe zur Selbsthilfe gedacht, ist zur nivellierenden Subventionsmaschine geworden. Der groteske Wildwuchs muss beschnitten, Bayerns Beitrag auf ein angemesseneres Maß reduziert werden. Ein föderales System ohne einen Hauch von Wettbewerb führt sich ad absurdum.

    Niemand vermag zu sagen, ob die Klage zum Erfolg führt. Die Richter können der Politik die Aufgabe, das gesamte Ausgleichssystem neu zu ordnen und die sehr unterschiedlichen Interessen gerechter auszubalancieren, nicht abnehmen. Aber immerhin wächst nun der Druck auf die Nehmerländer, sich mit den berechtigten Anliegen der über Gebühr zur Kasse gebetenen Länder ernsthafter zu beschäftigen.

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