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Kommentar: Ein wichtiger Kompromiss

Kommentar

Ein wichtiger Kompromiss

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    Das Verfassungsgericht soll vor Blockade und Einflussnahme geschützt werden.
    Das Verfassungsgericht soll vor Blockade und Einflussnahme geschützt werden. Foto: Britta Pedersen, dpa

    Wenn sich eine Republik erst einmal an einen Zustand gewöhnt hat, fällt eine Richtungsänderung schwer. Jahrzehntelang lebte das Land beispielsweise gut mit russischer Energie. Erst der Ukrainekrieg erzwang ein Umdenken, das teuer erkauft wurde. Der Wohlstand war bedroht, er ist es immer noch. Noch schwerer wiegt die Bedrohung der Demokratie durch extremistische Kräfte. Das Thema war jahrzehntelang keines, weil sich der Rechtsstaat seiner sicher war und gewappnet schien. Eine trügerische Annahme, wie sich am Bundesverfassungsgericht zeigt. Und nicht nur dort. Die Gefahr lauert im Kleinen wie im Großen.

    Untersuchungen weisen darauf hin, dass die Landesverfassungen in Brandenburg und Thüringen gegen feindliche Übernahmen nicht ausreichend abgesichert sind. Es geht konkret um die AfD, die in Brandenburg als rechtsextremistische eingestufte Politiker in ihren Reihen hat, während in Thüringen laut Verfassungsschutz der gesamte Landesverband „erwiesen rechtsextrem“ ist. Diese Kräfte könnten gesetzliche Lücken nutzen und so gegen die Mehrheit der demokratischen Parteien Macht erlangen.

    Geht es um eine „Lex AfD“?

    Bislang durften rechtsextreme Kräfte sogar davon ausgehen, das Bundesverfassungsgericht auf ihre Seite ziehen zu können. Es gab verschiedene Einfallstore, zum Beispiel bezüglich der Zahl der Richter und ihrer Amtszeit. Diese werden jetzt durch eine Änderung des Grundgesetzes verschlossen. Verfassungsgegner bräuchten künftig eine Zweidrittelmehrheit, um das höchste deutsche Gericht zu ihren Gunsten umzuprogrammieren.

    Es ist richtig und wichtig, dass sich die Ampel-Parteien mit der Union nach zähem Ringen auf einen gemeinsamen Vorschlag verständigt haben. Damit ist die Demokratie jedoch noch nicht ausreichend geschützt. Erstens muss die Suche nach anderen Schwachstellen weitergehen, im Bund wie in den Ländern. Vor allem aber haftet dem Kompromiss der Beigeschmack an, dass die etablierten Parteien eine „Lex AfD“ geschaffen haben, eine Sonderregelung, um eine mögliche Einflussnahme der rechten Partei zu verhindern.

    Der Vorstoß muss deshalb sehr gut erklärt werden. In Stellungnahmen der Parteispitzen, in Talkshows und auf den Marktplätzen bei den kommenden Wahlkämpfen. Gesetzesänderungen dürfen nicht die Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner ersetzen. Das hinterließe einen fatalen Eindruck, würde die Opferrolle rechter Parteien stärken und trüge letztendlich zu dem bei, was der Kompromiss verhindern soll: Eine Beschädigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Die eigentliche Arbeit haben Ampel und Union also noch vor sich.

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