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Kommentar: Der Krieg, den keiner will, muss verhindert werden

Kommentar

Der Krieg, den keiner will, muss verhindert werden

Margit Hufnagel
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    Eine junge Frau demonstriert in Israel gegen die Ausweitung des Krieges.
    Eine junge Frau demonstriert in Israel gegen die Ausweitung des Krieges. Foto: Eyal Warshavsky/SOPA Images, dpa

    Kriegsschiffe sammeln sich, Diplomaten versuchen, die letzten Gesprächskanäle offenzuhalten, Drohungen schwirren durch die Luft: Das Szenario, das von allen Möglichkeiten am meisten gefürchtet wurde, könnte schon bald Wirklichkeit werden. Seit Monaten schwebt die Gefahr eines großen Krieges über dem Nahen Osten. Durch politische Bemühungen war es immer wieder gelungen, ihn zu verhindern. Bislang war es wohl die Angst aller Beteiligten vor den brutalen Folgen, die Schlimmeres verhindern konnte. Doch je schneller sich die Eskalationsspirale dreht, desto schwieriger wird es sein, die Kontrolle zu behalten. Auch für Benjamin Netanjahu.

    Das Misstrauen gegenüber dem israelischen Ministerpräsidenten ist selbst bei seinen sonst treuen Verbündeten inzwischen so groß, dass diese nur deshalb ihre Unterstützung nicht verweigern, weil sie wissen, was es für die Welt bedeuten würde, wenn die gesamte Region in Flammen stünde. Ihre Beistandsschwüre sind der verzweifelte Versuch, den Preis für einen umfassenden Krieg ins Unermessliche zu treiben. Doch die US-Regierung – wichtigste Schutzmacht der Israelis – macht aus ihrem Frust kaum noch ein Geheimnis.

    Seit Monaten bemüht sich Washington um einen Waffenstillstand und ein Geiselabkommen. Beides ist zum Misserfolg verdammt, solange sich nicht die Erkenntnis durchsetzt, dass es mehr politische Wege braucht, um in dieser verworrenen Lage ans Ziel zu gelangen.

    Israel setzt die Unterstützung in der Region aufs Spiel

    Israel mag durch die gezielte Tötung der Hamas-Größen einen kurzfristigen militärischen Erfolg erzielt haben, doch der politische Schaden, den die Politik dieser Regierung anrichtet, könnte für das Land langfristige Folgen haben. Jene arabischen Nachbarn, die sich in den vergangenen Jahren an Israel angenähert hatten, können es ihren Gesellschaften kaum mehr vermitteln, warum sie Netanjahu helfen sollen. Die zunehmende Radikalisierung der Menschen in der Region ist alles andere als ein hinnehmbarer Kollateralschaden. Als der Iran im April Dutzende Raketen in Richtung Tel Aviv abgefeuert hatte, verlief die Aktion auch deshalb vergleichsweise harmlos, weil selbst Jordanien und der Irak Geschosse abgefangen hatten. Ob sich Netanjahu diesmal wieder auf deren stillschweigende Unterstützung verlassen kann, ist alles andere als gewiss.

    Verantwortlich für die Lage ist die Hamas, nicht Israel

    Und doch wäre es falsch, die Verantwortung für die aktuelle Zuspitzung vor allem Israel zuzuschieben. Die Hamas hat den Konflikt mit ihren Anschlägen vom 7. Oktober 2023 losgetreten. Die Hisbollah versucht seit Monaten, Israel mit gezielten Nadelstichen so weit zu provozieren, dass der Finger am Abzug der israelischen Armee zuckt. Der Iran hat es sich zur wichtigsten Aufgabe gemacht, Israel von der Landkarte zu tilgen. Der überwiegende Teil der palästinensischen Gesellschaft hält treu zur Hamas, obwohl ihre Kinder es sind, die von den Terroristen als menschliche Schutzschilde missbraucht werden. Leider tappt Netanjahu mitten in die Falle, die die islamistischen Extremisten für ihn aufgestellt haben: Ein Sieg ist so fern wie lange nicht – zumindest, wenn man darunter versteht, dass die Israelis endlich in Frieden leben können.

    Gerade weil Netanjahu gewählter Vertreter eines demokratischen Rechtsstaates ist, muss er sich an eben jenen Maßstäben messen lassen. Die Gesellschaft selbst ist gefangen in ihrem persönlichen Trauma. Umso wichtiger wäre eine Regierung, die es endlich schafft, den Kreislauf der Vergeltungsschläge zu durchbrechen. Ohne Frage: Es gibt einfachere Aufgaben. Mit jedem Zentimeter, den Israel der Hamas in Verhandlungen entgegenkommt, gibt man den Terroristen Macht. Doch was wäre die Alternative? Am Ende braucht Israel nicht nur rationalen Pragmatismus, sondern auch verlässliche Bündnisse und Partner in der Region. Denn egal, wie viele Hamas-Mitglieder Netanjahus Soldaten noch töten, der Hass ist eine Hydra, der immer wieder neue Köpfe nachwachsen.

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    1 Kommentar
    Rainer Kraus

    Jahrzehnte lang der falschen Politik und dem Morden zugeschaut - jetzt ist Jammern nicht erlaubt, wenn das ganze Lügenpaket explodiert.

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