In vielen Weltregionen finanziert sich der Kirchenbetrieb durch Spenden, Kollekten und sonstige Zuwendungen von Gläubigen. In Europa gibt es allerdings zwischen den Ländern einige Unterschiede in der Finanzierung der Kirchen. Grund dafür sind gesellschaftliche, historische und politische Entwicklungen. In Deutschland etwa hat die Weimarer Reichsverfassung die Kirchensteuer eingeführt, die bis heute üblich ist. Wie halten es aber andere Länder mit der Kirchensteuer? Unterschiede gibt es sowohl in der Höhe der Finanzierung als auch in deren Verwendung. Und nicht immer arbeiten Staat und Kirche Hand in Hand.
Kirchensteuer in Deutschland
In Deutschland erheben die katholische und die evangelische Kirche sowie einige andere Religionsgemeinschaften von ihren Mitgliedern die Steuer, die von den Finanzämtern eingezogen wird. So legt es das Grundgesetz in Artikel 140 fest. Je nach Bundesland beträgt die Kirchensteuer zwischen acht und zehn Prozent der Einkommenssteuer oder der Lohnsteuer. Das Geld fließt hauptsächlich in die Gemeinden: in seelsorgerlichen Angebote, Gottesdienste, Jugend-, Frauen-, Senioren- und Familienarbeit, Krankenhäuser oder Altenheime. Auch Angestellte wie Kirchenmusiker, Sekretärin, Mesner und Hausmeister werden damit bezahlt.
Kirchensteuer in Österreich
Das österreichische Kirchensteuersystem ist dem deutschen recht ähnlich. Der Kirchenbeitrag berechnet sich vom steuerpflichtigen Jahreseinkommen von Kirchenmitgliedern. Anders ist allerdings, dass der Beitrag nicht vom Staat, sondern von den Bistümern selbst eingezogen wird. Der Kirchenbeitrag ist deshalb nach dem Steuerrecht keine Steuer, obwohl alle Kirchenmitglieder zur Zahlung verpflichtet sind. Die Beiträge sind seit 2012 bis zu einem Höchstbetrag von 400 Euro als Sonderausgaben absetzbar. Das Kirchenbeitragssystem wurde 1939 von der damaligen NS-Führung eingeführt.
Kirchensteuer in der Schweiz
Die Schweiz setzt auf regionale Lösungen: Hier liegt die Verwaltung der Kirchensteuer ganz in der Hand der einzelnen Kantone. Öffentlich-rechtliche Kirchgemeinden, die aus den Kommunen ausgelagert sind und unabhängig von der Diözesanleitung handeln, setzen jeweils die lokale Kirchensteuer fest und nehmen diese dann auch ein. Mit dem Geld werden die Pfarreien und letztlich auch Teile des Bischofshaushalts finanziert. Allerdings berücksichtigen die Kirchgemeinden und kantonalen Körperschaften durch die selbstständige Kirchensteuerverwaltung die eigenen finanziellen Notwendigkeiten – was die Finanzierung auf übergreifender und überdiözesaner Ebene erschwert.
Kirchensteuer in Frankreich
In Frankreich wurden die als Kirchenzehnt bezeichneten Abgaben bereits mit der Französischen Revolution abgeschafft. Außerdem herrscht in Frankreich seit 1905 das Laizitäts-Gesetz, die Trennung von Kirche und Staat. Die Kirchen erhalten eine staatliche Förderung, sind jedoch auf Spenden angewiesen. Ausnahmen gibt es in drei östlichen Departements Frankreichs: Niederrhein, Oberrhein und Mosel. Dort wird die Kirche vom Staat aus dem allgemeinen Steuertopf finanziert.
Kirchensteuer in Großbritannien
England hat eine Staatskirche: die anglikanische Kirche. Trotzdem erhält keine einzige Kirche im Vereinigten Königreich eine staatliche Finanzunterstützung. Kirchensteuern gibt es in Großbritannien nicht. Der Grund ist, dass dort die Kirchen nie enteignet wurden. Ihre Kosten bestreiten die Kirchen aus eigenen Mitteln, hauptsächlich durch Spenden. Der Erhalt denkmalgeschützter Kirchen kann allerdings seit 1979 staatlich subventioniert werden. Und die Spenden an kirchliche Organisationen werden steuerlich begünstigt.
Kirchensteuer in Belgien
In Belgien finanziert der Staat die Aufgaben der Kirche, seit es Napoleon vor rund 200 Jahren so geregelt hat. Pfarrer werden demnach vom Staat bezahlt wie Beamte. Kirchliche Gebäude müssen dagegen die Gemeinden erhalten. Zur Finanzierung der Einrichtungen und Projekte sind ständige Verhandlungen mit staatlichen Behörden notwendig.
Kirchensteuer in Italien
In Italien wird eine obligatorische Kirchen- und Kultursteuer erhoben: die "otto per mille". Sie beträgt acht Promille bezogen auf die Bruttoeinkommenssteuer. Die Steuer geht nicht zusätzlich vom Einkommen ab, sondern vom gesamten Aufkommen der persönlichen Einkommenssteuer. Außerdem gibt es noch einen Unterschied zu Deutschland: Der italienische Steuerzahler kann völlig frei bestimmen, welcher Religionsgemeinschaft die Steuer zugute kommen soll.
Kirchensteuer in Spanien
Die Kirchensteuer in Spanien ähnelt der italienischen Regelung. Die Steuerpflichtigen entscheiden Jahr für Jahr freiwillig mit ihrer Steuererklärung, ob ein Anteil ihrer Steuerschuld entweder der Kirche oder anderen sozialen oder kulturellen Zwecken zufließt. Der Betrag für diese Abgabe liegt bei 0,7 Prozent.
Kirchensteuer in Skandinavien: Norwegen, Schweden, Finnland, Island, Dänemark
In Norwegen beschloss das Parlament 2012 die formelle Trennung von Landeskirche und Staat. Die norwegische Kirche wird seitdem nicht mehr als Staatskirche finanziert. Hier decken sich die Kosten durch Mitglieds- bzw. Kirchenbeiträge. Anerkannte Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften erhalten zudem eine Förderung vom Staat je nach Mitgliederzahl. In Schweden heißt die Kirchensteuer nach der Trennung von Staat und Kirche "Kirchenabgabe" und wird von der staatlichen Steuerbehörde eingezogen. Die durchschnittliche Höhe der Abgabe betrug 2015 ein Prozent des zu versteuernden Einkommens. In Finnland beträgt die Kirchensteuer ein bis zwei Prozent des zu versteuernden Einkommens, hier sind auch Unternehmen kirchensteuerpflichtig. In Island gibt es ein genanntes Gemeindeentgelt, das von Einkommenssteuer abgezogen wird und an religiöse Gemeinschaften oder weltliche (etwa kulturelle) Gruppierungen geht. In Dänemark wird die Kirchensteuer von den örtlichen Kirchengemeinden festgesetzt und variiert deshalb lokal. Sie kann allerdings bis zu sieben Prozent betragen.
Kirchensteuer in Polen
Polen ist ein sehr katholisches Land, dennoch gibt es hier keine Kirchensteuer. 1950 wurde als Ausgleich für die damalige Enteignung der Religionsgemeinschaften ein sogenannte Kirchenfonds geschaffen. In diesen Topf fließen inzwischen mehr als 40 Millionen Euro pro Jahr aus dem Staatshaushalt. Ansonsten finanzieren sich die Kirchen vor allem durch Kollekten und Spenden. 2013 gab es Pläne der rechtsliberalen Regierung, den Fonds durch ein Kirchensteuer-Modell nach italienischem Vorbild zu ersetzen, was jedoch scheiterte.
Kirchensteuer in Portugal
Auch hier gibt es keine spezielle Kirchensteuer. Die katholische Kirche in Portugal finanziert sich aus eigenem Vermögen. Angehörige einer Gemeinde können jedoch 0,5 Prozent ihres Einkommens zu religiösen Zwecken bestimmen.