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Das Dilemma des Kandidaten

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Das Dilemma des Kandidaten

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    Das Dilemma des Kandidaten
    Das Dilemma des Kandidaten

    Natürlich kann Peer Steinbrück Kanzler. Aber wird er es auch? Im Moment geht es dem Kandidaten der SPD nicht anders als vor ihm Frank-Walter Steinmeier. Beide gehörten als Minister zu den Stützen der Großen Koalition, beide werden für ihre pragmatische Art bis ins bürgerliche Lager hinein geschätzt – im direkten Vergleich mit Angela Merkel aber hilft das Steinbrück bisher so wenig, wie es Steinmeier bei der letzten Bundestagswahl geholfen hat. Gerhard Schröder wurde Kanzler, weil die Deutschen sich nach 16 Jahren mit Helmut Kohl einen Wechsel wünschten. Im Moment dagegen wünschen sie sich, wenn die Umfragen nicht irren, vor allem eines: dass

    Gegen eine solche Kontrahentin hat es schon ein Kandidat, der keine Fehler macht, schwer. Wenn der Kandidat seine Kampagne dann allerdings auch noch so unvorbereitet beginnt wie Steinbrück, stößt auch die ausgeklügeltste Wahlkampfstrategie an ihre Grenzen. Dass ausgerechnet ein Sozialdemokrat der Abgeordnete mit den höchsten Nebeneinkünften ist, hat dem Ruf des früheren Finanzministers mehr geschadet, als er selbst es wahrhaben will.

    So trotzig Steinbrück darauf pocht, seine Honorare stets korrekt gemeldet zu haben: Viele Wähler plagt dabei dennoch ein diffuses Unbehagen. Muss eine Partei, die sich als Anwalt der kleinen Leute versteht, einen Mann zum Spitzenkandidaten küren, der quasi nebenbei Millionär geworden ist? Der rasch mal Kasse gemacht hat? Ein solches Image, so ungerecht der Betroffene selbst es empfinden mag, kann auch der beste Imageberater nicht nachhaltig korrigieren, und schon gar nicht auf die Schnelle.

    Umso wichtiger wäre es aus Steinbrücks Sicht, die Diskussion jetzt in eine andere Richtung zu lenken, damit nicht mehr so viel über ihn geredet wird, sondern darüber, wie er das Land denn regieren würde. Doch auch hier tun sich Kandidat und Partei schwerer miteinander, als es nach dem klaren Votum für das neue Rentenkonzept aussieht. Eine von Steinbrücks Stärken, seine kritische Distanz zur eigenen Partei, ist zugleich ja auch eine seiner Schwächen: Damit die SPD ihn geschlossen unterstützt, muss er Kompromisse eingehen, die er unter anderen Umständen nie eingehen würde. Für einen Kanzler Steinbrück, zum Beispiel, wäre die

    Das aber ist weniger das Problem von Peer Steinbrück als das der SPD. Ihr geht es nie nur um die Sache, sondern immer auch ums Prinzip. Ihr Spitzenpersonal misst sie, wenn auch unbewusst, noch immer an ihrem Idol Willy Brandt – und wenn eine Diskussion unter Genossen einmal in Fahrt gekommen ist, nimmt sie oft manische bis selbstzerstörerische Züge an. Steinbrück hat sich daher „Beinfreiheit“ für seine Kampagne gewünscht. Er weiß: Ein Kandidat lebt von seiner Glaubwürdigkeit und einen Mann wie ihn kostet jeder Meter, den die SPD von den Reformen der Schröder- und Müntefering-Jahre abrückt, Glaubwürdigkeit. Mit ihrem Rentenkonzept allerdings haben seine Parteifreunde nun das Gegenteil getan: Sie haben Steinbrücks Beinfreiheit beschnitten – diplomatisch-freundlich im Ton, aber sehr konsequent in der Sache. Der Kandidat steckt damit in einem kaum aufzulösenden Dilemma: In einem Wahlkampf, in dem die SPD das Soziale groß schreiben will, kann er zweistellige Milliardenbeträge an zusätzlichen Kosten vielleicht noch ausblenden. In einem Koalitionsvertrag nicht.

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