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Viel Gerede, wenig Information

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Viel Gerede, wenig Information

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    Viel Gerede, wenig Information
    Viel Gerede, wenig Information

    Ich trete in einer Talkshow auf, also bin ich. Wer es als prominenter Politiker nicht in die Diskussionsrunden der Fernsehanstalten schafft, müsste somit ein Identitätsproblem haben. Was mit Sicherheit nicht zutrifft für all die Kauders, Trittins und Röslers. Und all die Journalisten mit Dauerabonnement, die sich die ganze Woche über die abendlichen Sendeplätze verstreuen.

    Aber es versendet sich doch ziemlich schnell, wer was wie über die Euro-Krise, Griechenland oder mehr oder weniger geordnete Insolvenzen gesagt hat. Häufig in einem verbalen Durcheinander, weil es ja gilt, den politischen Gegner sooft es geht zu unterbrechen. Wer in aller Ruhe Zeitung liest, ist da eindeutig besser beraten.

    Aber die Rolle der Talkshow im öffentlichen Leben muss nach dem Auftritt von Angela Merkel bei Günther Jauch neu diskutiert werden. Zwar hatte die Kanzlerin schon bei Jauchs ARD-Vorgängerinnen Sabine Christiansen und Anne Will gastiert, aber die Art und Weise, in der der freundliche Herr Jauch einer überraschend entspannten Frau Merkel eine Plattform für Pressemitteilungen bot, war schon überraschend. So war weniger das Publikum vor den Bildschirmen der Adressat von Merkels Ansprache, sondern der Bundestag, der am Donnerstag über den europäischen Rettungsfonds entscheidet.

    Günther Jauch tat seinem einzigen Gast den Gefallen und spielte mit. Ganz nach seiner Art, als Advokat der Zuschauer, die erwarten dürfen, dass die Kanzlerin als Physikerin auch rechnen kann. Aber es muss trotz der gut gemeinten Erklär-mir-doch-die-Welt-Versuche Jauchs bitte schön doch auch noch nachgehakt werden.

    Wenn Talkshows zur Spielwiese von Politikern werden, machen die Journalisten etwas falsch. Sie müssen hart fragen, Nachrichten aus den Gesprächen destillieren und beweisen, dass sie Anwälte derer sind, die die Politikersprache nicht verstehen. Die ARD, die bei Jauch, Plasberg, Will, Beckmann und Maischberger Talkshow-Tourismus fördert, denkt da eher an die Quote. Und obwohl die bei Jauch trotz oder wegen des Kanzlerinnen-Auftritts bröckelte, blieben immerhin noch 4,3 Millionen Zuschauer übrig. Zusammen mit den Plauderstunden der Kollegen läppert sich das, zumal Talks billig zu produzieren sind.

    Offenbar ist die Sofa-Gesellschaft am Abend nicht müde genug, um immer wieder Talk-Gästen zuzuhören, von denen man ohnehin weiß, was sie sagen werden. Hans-Olaf Henkel ist für mehr Wettbewerb, Jürgen Todenhöfer gegen den Afghanistan-Krieg und der Stern-Journalist Hans-Ulrich Jörges regt sich leicht auf.

    Plasberg wirbt damit, dass „Politik auf Wirklichkeit trifft“. Wenn es nur so wäre. 

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