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Tragödien auf dem Mittelmeer

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Tragödien auf dem Mittelmeer

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    Wie im Kriegsfall bedrohte die maltesische Marine dieser Tage ein Schiff, das sich dem Hafen der Hauptstadt Valletta näherte. Doch der unter liberianischer Flagge fahrende Öltanker „MV Salamis“ wollte den Inselstaat im Mittelmeer nicht angreifen, sondern dort nur die 102 Flüchtlinge an Land lassen, die der Kapitän zuvor aus Seenot gerettet hatte. Malta indes stellte sich stur, und zwar auch dann noch, als EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström das Land bereits an seine „humanitäre Pflicht“ erinnert hatte. Schließlich nahm Italien die

    Das Drama ist für die Afrikaner zunächst einmal gut ausgegangen. Zumindest sind sie am Leben geblieben – was für Bootsflüchtlinge keineswegs eine Selbstverständlichkeit ist. Ob sie freilich in Europa, dem Kontinent ihrer Träume, bleiben dürfen, ist fraglich. Wenn sie keine triftigen Asylgründe vorbringen, können sie nach Afrika zurückgebracht werden.

    Der Umgang Europas mit diesen Menschen ist eine Schande. Anfang Juli legte Papst Franziskus den Finger in diese Wunde, als er die kleine, nahe an der afrikanischen Küste gelegene italienische Insel Lampedusa besuchte. Seit 1999 haben 200000 Flüchtlinge dieses Eiland in teils seeuntüchtigen Booten angesteuert, für viele endete die Überfahrt in einer Katastrophe. Auch kurz vor dem Besuch des Kirchenoberhauptes waren wieder Flüchtlinge ertrunken. Mit flammenden Worten appellierte Franziskus auf

    Doch gebessert hat sich nichts. Das Gezerre um die Flüchtlinge auf der „Salamis“ hat gezeigt, dass sich das alte, am Eigennutz orientierte Denken keineswegs verflüchtigt hat. Es gibt immer wieder neue Tragödien: Ende Juli sind 31 Menschen vor der libyschen Küste ertrunken, als ihr Boot nach drei Tagen auf See kenterte.

    Natürlich kann Europa nicht alle Personen aufnehmen, die gerne kommen würden. Aber es muss Menschen in Not helfen. Dafür ist der Aufbau geordneter Wege zur Immigration nötig. Diese gibt es bisher nicht. Langfristig wird der älter werdende Kontinent aufgrund der demografischen Entwicklung aber diese Zuwanderung sogar dringend benötigen. Bis 2050 werden in Europa nach EU-Berechnungen 200 Millionen Menschen weniger leben als heute.

    Eine Ursache für Vorfälle wie die „Salamis“-Affäre ist die ungerechte Lastenverteilung innerhalb der EU. Gemäß der 2003 beschlossenen „Dublin-II-Verordnung“ ist jeweils das Land für den Flüchtling zuständig, dessen Boden er zuerst betritt. Asylbewerber, die auf dem Land- oder Seeweg kommen, landen derzeit vor allem in Griechenland, Italien und Spanien. Auch in dem kleinen Malta (420000 Einwohner) sind allein im Juli 880 Flüchtlinge angekommen. In seiner Not schiebt der Inselstaat rigoros ab. Dafür wurde er bereits vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt.

    Die Aufnahmeländer am Mittelmeer fühlen sich von den anderen EU-Staaten alleingelassen. Der SPD-Europaparlamentarier Jo Leinen mokiert sich zu Recht: „Die nördlichen Länder in der Europäischen Union, darunter auch Deutschland, legen die Hände in den Schoß und schauen zu, was da rund um das Mittelmeer passiert.“

    Die Solidarität innerhalb Europas ist ein Thema. Aber wichtiger noch ist eine neue Geisteshaltung gegenüber den Flüchtlingen. Sie suchen ein besseres Leben. Europas vornehmste Aufgabe ist es, diesen Menschen zu helfen. Und nicht, sie abzuwehren.

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