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Reformwille im Vatikan

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Reformwille im Vatikan

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    Reformwille im Vatikan
    Reformwille im Vatikan

    Caracas liegt tausende Kilometer von Mainz entfernt. An beiden Orten haben jedoch hochrangige katholische Bischöfe sich gleichermaßen in Interviews für behutsame Reformen des Zölibats ausgesprochen. Dem

    Tatsache ist: Weltweit steigt zwar laut dem Päpstlichen Jahrbuch die Zahl der Priester an auf zuletzt 412236 im Jahr 2010 (neuere Statistiken gibt es nicht). Doch in Europa und Nordamerika, die beiden Kontinente mit dem bisher höchsten Personalstand, lässt deren Zahl spürbar nach. Allein

    Infolge dieses andauernden Aderlasses, den auch der Einsatz ausländischer Priester niemals ausgleichen könnte, entstehen immer größere „pastorale Räume“, in denen der Pfarrer immer weiter von den Gemeindemitgliedern wegrückt. Auch im Bistum Augsburg wird sich die Zahl der sogenannten Seelsorgeeinheiten nach dem weiteren Rückgang der dienstfähigen Priester reduzieren. Zu befürchten ist, dass dadurch auch das kirchliche Leben empfindlich beeinträchtigt wird, denn es braucht nun einmal in der Pfarrgemeinde einen Kristallisationspunkt und eine Führungsperson, die Menschen sammelt und zum Mittun motiviert.

    Aus Sorge um den „seelsorgerischen Notstand“ hatten schon im Januar 2011 einige prominente CDU-Politiker um Bundestagspräsident Norbert Lammert die Bischöfe um die Zulassung bewährter verheirateter Männer zur Priesterweihe gebeten. Für nichts anderes hat sich jetzt Kardinal Lehmann ausgesprochen. Der Mainzer Bischof denkt an die ständigen Diakone, eine Berufsgruppe, die erst vor vierzig Jahren entstanden ist und sich in der Gemeindeseelsorge, im Krankenhaus, bei katholischen Verbänden und anderweitig bewährt hat. Sie sind bereits von einem Bischof geweiht worden nach gründlicher theologischer und geistlicher Vorbereitung. Es wäre ein für die Kirche harmonischer Schritt, diese Diakone mit Familie, von denen es in Deutschland 3144 gibt, ins Priesteramt aufzunehmen, wenn sie es wünschen.

    Nuntius Parolin spricht von den „Zeichen der Zeit“, die ebenso zu beachten sind wie der Wille Gottes und die Kirchengeschichte. Es sei eine große Herausforderung für den Papst, Themen, die nicht dogmatisch festgelegt sind, in „Modifikationen“ zu erwägen. Bei aller Vorsicht der Ausdrucksweise deutet sich hier ein gewisser Reformwille an, der mit Papst Franziskus in den Vatikan eingezogen ist. Die neue Sprachregelung hebt sich wohltuend ab von schroffen Zurückweisungen unter früheren Päpsten, dass beim Zölibat gar nichts gehe…

    Grundstürzende Veränderungen sind jetzt gewiss nicht zu erwarten. Der Zölibat, die Ehelosigkeit „um des Himmelreiches willen“, wäre mit der Zulassung verheirateter Diakone keineswegs generell infrage gestellt. Er behält seinen spirituellen Wert, gerade in seiner provokanten Eigenart. Allerdings sollte dieses „engelgleiche Leben“ nicht ausgespielt werden gegen ein vermeintlich beflecktes Eheleben.

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